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Wohnungsneubau in der Geiselhaft der Autobahnlobby? Nein Danke!

  • Friday, 30. July 2021 @ 16:31
Die Seestadt Aspern wurde als Verkehrsreduzierte Smart City geplant und die U2 als hochrangiges öffentliches Verkehrsmittel dort hingeführt noch bevor man die Häuser baute. Damit die zukünftigen BewohnerInnen gleich von Anfang an bequem umweltfreundlich unterwegs sein können und sich gar nicht erst ein Auto anschaffen.

Jetzt nachdem man den südlichen Teil annähernd fertig hat, will man uns erzählen, ein Weiterbau sei nur möglich, wenn mit der Stadtstrasse Aspern und mit der S1 Spange gleich zwei Autobahnen mit eigener Abfahrt in die Seestadt hingebaut werden. Das ist quasi Gesetz, weil die Auflage der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) der Seestadt Nord schreibt das so vor. SPÖ-Stadträtin Ulli Sima will uns sogar weiss machen, dass dazu auch noch eine Lobau-Autobahn notwendig wäre.

Wird ein neuer Stadtteil umweltverträglich, wenn eine Autobahn hinführt? Wohnbau nur mehr möglich mit Autobahnbau als Klotz am Bein? Lassen wir dazu Wolfgang Rehm den UVP Experten der Umweltorganisation VIRUS zu Wort kommen:
"Klarzustellen ist, dass niemand anderer als Simas damalige MA22 den Bescheid erlassen hat und die Entwicklungsgesellschaft MA3420 sowie die MA28 als Antragsstellerinnen das Junktim mit bestimmten Straßen selbst herbeigeführt haben.”

Sie könnten nun jederzeit ein UVP Änderungsverfahren beantragen.
Es ist einfach absurd das Städtebauvorhaben Seestadt Aspern an die Inbetriebnahme zweier Bundessschnellstraßen und einer Stadtautobahn zu knüpfen, die in jedem Fall noch Jahre entfernt ist, während die verbleibenden Baufelder in der Seestadt jederzeit sofort bebaut werden können.
Rehm: "Wir sind in das UVP-Verfahren Seestadt-Nord damals wegen dieser Eselei hineingegangen, der Versuch das Städtebauvorhaben vor den fatalen Folgen des politisch kalkulierten Junktims zu retten, ist an der Borniertheit der Antragssteller gescheitert," kritisiert Rehm.

An Simas Aussagen und den vor ihr genannten astronomischen Zahlen - wieviele Wohnungen nicht gebaut werden können, wenn die Autobahnen nicht kommen - stimmt auch sonst nichts: Die Städtebau-UVP ist nie beim Höchstgericht, sondern lediglich in der zweite Instanz gewesen. Nur die Seestadt-Nord hat eine derartige bescheidmäßige Bedingung. Für die anderen drei Donaustädter Städtebauvorhaben Hausfeld, Berresgasse und Heidjöchl, trifft dies schon deshalb nicht zu, weil sie bisher noch gar keiner UVP unterzogen wurden, was wiederum massive Verzögerungen hervorgerufen hat.

Grundsätzlich: Wer will in einen Stadtteil ziehen wo die Autobahn in Sichtweite und damit Dauerlärm bei Tag und Nacht garantiert ist? Auch der namengebende See in der Seestadt würde seinen Erholungswert einbüßen, wenn neben ihm eine Autobahn vorbeiführt.
Für die Verkehrsanbindung der Seestadt braucht es mehr Öffentlichen Verkehr zusätzlich zur U2 aber straßenseitig ganz sicher keine vierspurige Stadtautobahn und keine S1 Lobau-Autobahn (beinhaltend Lobautunnel)!

Für die Zukunft sollte die Stadt Wien sich bewußt machen, dass ihre Fläche nicht wächst und wenn die Bevölkerung mehr wird dann sollte man endlich Maßnahmen gegen die Zunahme des motorisierten Individualverkehrs, gegen den Leerstand und die Wohnungsspekulation setzen statt dass man die letzten wertvollen Grünraum und die Anbauflächen zur Nahversorgung vernichtet und damit die Lebensqualität der BewohnerInnen.

Jutta Matysek ist Umwelt- und Friedensaktivistin und ehrenamtliche Radiomacherin bei Radio Orange 94,0 (Sendereihe “trotz allem”)