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Wiener Wohnen: Der Trick mit den § 18-Sanierungen

  • Friday, 27. September 2013 @ 09:47
NR-Wahl 2013 Als Zins entrichtet jeder Gemeindebaumieter anteilige Betriebskosten und den Hauptmietzins. Die Höhe und Art der Betriebskosten kann man beeinspruchen, die Ausgaben aus dem Hauptmietzins oder die Gesamteinnahmen aber nicht.

Das Gesetz geht nämlich davon aus, dass der vereinbarte Hauptmietzins - sofern im gesetzlichen Rahmen - dem Hausherrn zusteht. Mit dem hat er die Erhaltung und ggf. Verbesserung des Hauses zu finanzieren. Kostet das mehr, geht es zu Lasten des Hausherrn. Bleibt Geld übrig, so ist das sein Gewinn.

So weit, so gut. Wäre da nicht der besagte § 18 Mietrechtsgesetz! Der sagt: Sind da so große Instandhaltungsarbeiten (und bestimmte gleichgestellte Verbesserungen wie energiesparende Maßnahmen), dass die Ausgaben dafür die Einnahmen der letzten 10 Jahren und voraussichtlich auch die der nächsten 10 jahre übersteigen, dann zahlt das alles nicht der Hausherr, sondern die Mieter.

Um da Schindluder vorzubeugen, schreibt das Mietrechtsgesetz genau vor, wie die Hauptmietzinseinnahmen zu verwenden sind: Zuerst sind die Reparaturen und dringenden Instandhaltungen an Haus und Wohnungen vorzunehmen. Bleibt dann noch Geld übrig, sind die Verbesserungen am Haus an die Reihe, und dann erst kommen die Wohnungsverbesserungen dran.

Genau da beginnt der Skandal: Wiener Wohnen kümmert sich nicht im geringsten um diese gesetzliche Vorschrift, sondern investiert auf Teufel komm raus in die Wohnungen. Klar, denn dadurch kann man aufgrund der Aufkategorisierungen höhere Mieten verlangen. Die Instandhaltungsarbeiten und sinnvollen Verbesserungen am Haus lässt man hingegen so lange zusammenkommen, bis betraglich die im § 18 vorgesehene Grenze erreicht ist, denn dann zahlen die Rechnung die MieterInnen. Mehr noch! Zu diesem Zeitpunkt packt man seitens der städtischen Hausverwaltung alles Mögliche noch oben drauf (thermische Sanierungen, neue Aufzüge, ...), um ja die magische § 18-Grenze zu überspringen. Nicht einmal vor ungesetzlich hohen Bauüberwachungszuschlägen wird dabei Halt gemacht. Alles gut genug, um nur die aufgelaufene Instandhaltung und Verbesserung den Mietern aufzuhalsen.

Als "kleinen Ausgleich" erstattet Wiener Wohnen im Rechtsverfahren dazu den Mietern die für die Wohnungsverbesserungen verwendeten Beträge zurück (unzureichend, wie die Schlichtungsstelle in zahlreichen Verfahren feststellen musste). Und Wiener Wohnen argumentiert, dass damit ja wieder alles in Ordnung sei. Aber weit gefehlt! Denn in Wirklichkeit hätte Wiener Wohnen ja bei richtiger Verwendeung dieser Gelder nie ein so großes Sanierungsvolumen entstehen lassen dürfen. Da hat man in vielen Fällen sogar alle urgierten Reparaturen in den Wind geschlagen, weil vorher ja angeblich keine Mietzinsreserve da war.

Doch der Skandal geht noch weiter. Weil immer mehr MieterInnen diesen Trick durchschaut haben, und daher die Schlichtungsstelle gezwungenermaßen in immer mehr Fällen zu Gunsten der Mieter entscheidet, d.h. die Anträge von Wiener Wohnen auf Mieterhöhung ablehnt, zieht der städtische Hausherr in immer mehr Fällen vor Gericht, weil dort weniger Leute sitzen, die einen § 18-Antrag korrekt rechnen können. Noch dazu plädiert Wiener Wohnen darauf, die von ihnen vorgelegten Zahlen nur oberflächlich zu prüfen, weil später eh eine genaue Endabrechnung kommt. Dabei geht es bei dieser Prüfung ja eigentlich schon im Voraus darum, ob überhaupt die Mieter zum Handkuss kommen oder der Hausherr, die Stadt Wien, für die Sanierung aufkommen muss. Dass danach in vielen Fällen überhaupt keine Abrechnung der Sanierung gelegt wird, wen wundert es noch?

Verlieren die MieterInnen das § 18-Verfahren vor Gericht, werden Anwaltskosten zu ersetzen sein und wird rückwirkend die § 18-Erhöhung eingehoben, obwohl mit der Sanierung noch gar nicht begonnen worden ist. Der auflaufende Betrag stellt aber viele Gemeindebau-MieterInnen vor existenzielle Probleme. Ist ja schon ohne diesen Effekt die Nachzahlung eines verdreifachten Hauptmietzinses keine Seltenheit. Siehe die jüngsten - auch im ORF gezeigten - Begebenheiten in einer Wohnhausanlage in der Rosensteingasse.

Verliert aber Wiener Wohnen und wird der Antrag auf § 18-Mietzinserhöhung abgewiesen, dann werden die eigenen (und ggf. fremden) Anwaltskosten aus dem sowieso nicht vorhandenen Betriebsüberschuss von Wiener Wohnen beglichen (also die Steuerzahler werden irgendwann dafür gerade stehen müssen) und man lässt die Wohnhausanlage weiter verfallen. Bis Gras über die Sache gewachsen ist und man sich seitens Wiener Wohnen einen neuen § 18-Antrag zu stellen traut. Weil Geld für die Sanierungen aus der eigenen Tasche hat Wiener Wohnen ja so gut wie keines. Das geht für Anwälte drauf, für sündteure Propaganda und für viel zu teure Wohnungsverbesserungen. Aber die als zu teuer gleich bei Zeiten zu beeinspruchen, das steht einem Mieter laut Gesetz ja nicht zu. Weil dies ja Sache des Hausherrn ist. Theoretisch. Und daher müsste sich ein später übers Ohr gehauener Mieter 10 jahre lang merken, was damals im Jahre Schnee war, müsste Beweise dafür haben etc. etc. etc.

Soweit zum Mietrechtsgsetz. Und was der städtische Hausherr Wiener Wohnen daraus macht.

Übrigens: Weder gab es bis her irgendeine Reaktion der SPÖ-Wien zu unseren Beiträgen/Anschuldigungen der letzten Tage, noch flattere uns bisher eine Klage von Häupl, Faymann & Co ins Haus.