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Was tun mit 7 Millionen Gefährdern?

  • Monday, 25. February 2019 @ 16:11
Hans Peter Doskozil, SPÖ-Spitzenpolitiker und demnächst burgenländischer Landeshauptmann, überholte in der gestrigen ORF-Pressestunde die FPÖ weit rechts außen, indem er eine generelle Präventiv-Haft für angebliche Gefährder als diskussionswürdige und sinnvolle Maßnahme bezeichnete.*

Was wie Science-Fiction (potentielle Gewalt- und Straftäter können angeblich durch ausgetüftelte und gefinkelte psychologische und sonstige Maßnahmen mittels Präventiv-Haft an der Ausübung einer Gewalttat gehindert werden) eines faschistischen Systems der Zukunft klingt, übersieht ganz offensichtlich zwei wichtige Aspekte. Menschen sind keine Maschinen, das Agieren von Menschen ist nicht determiniert und daher auch nicht vorhersehbar. Und: absolute Sicherheit ist ein Märchen, welche höchstens faschistoide Charaktere als machbare Realität suggerieren.

Weil der Hausverstand mancher SPÖ-Spitzenfunktionäre aber offenbar nicht ausreicht und weil manche SPÖ-Spitzenfunktionäre offenbar nicht erkennen wollen, was der Kickl-Doskozil-Vorschlag (egal ob solch eine Präventiv-Haft nur für AsylwerberInnen oder für alle Menschen in Österreich gilt) für den Rechtsstaat zur Folge hätte, hier ein paar Hinweise.

+ Sehr, sehr aufmerksam müssen angebliche Umweltschützer beobachtet werden - unter dem Deckmantel der Ökologie gefährden und sabotieren diese wichtige Verkehrsinfrastrukturprojekte wie die 3. Piste am Flughafen Schwechat, die Lobau-Autobahn und verhindern den Bau von Stromkraftwerken. Da durch all solche Aktivitäten das Wachstum des Wirtschaftsstandorts Österreich gefährdet ist und da das "österreichische Volk deutscher Nation" im internationalen Standortwettbewerb dadurch auf der Strecke bleiben kann, muss auch mit Präventiv-Haft gegen solche Elemente vorgegangen werden. Hinweise auf Tatverdächtige - insbesondere von der WKO (Wirtschaftskammer Österreich) - müssen sofort durch die Behörden (am Besten durch PolizistInnen, die nachweislich FPÖ oder ÖVP wählen) geprüft werden. + Als Gefährder sind ausnahmslos alle Frauen anzusehen, da diese - wie diverse Nachwahlumfragen zeigen - extremistischen Lösungsvorschlägen nicht offen gegenüberstehen.

+ Als Gefährder sind alle Menschen, die arbeitslos sind, anzusehen. Arbeitslosigkeit kann dazu führen, dass Menschen sich fragen, warum die Lohnarbeit nicht anders aufgeteilt wird (z.B. durch Arbeitszeitverkürzung). Nicht selten verlangen Arbeitslose zudem ein höheres Arbeitslosengeld - was wiederum die Effizienz der heimischen Betriebe schwerst belastet (siehe oben).

+ Menschen, die schon irgendwann arbeitslos waren, müssen ebenfalls aufmerksam beobachtet werden, weil nicht auszuschließen ist, dass das System der Profitmaximierung als schädlich für Mensch und Natur erachtet wird.

+ Als Gefährder sind ausnahmslos alle Menschen mit Universitätsausbildung anzusehen - selbiges trifft für KünstlerInnen und JournalistInnen zu.

+ Als Gefährder sind ausnahmslos alle Menschen zu betrachten die schon mehr als 1 Auslandsaufenthalt absolviert haben - denn durch solche Kontakte kann das "gesunde Volksempfinden" empfindlich gestört werden.

+ Als Gefährder sind ausnahmslos alle HundebesitzerInnen zu betrachten. Warum? Weil viele, trotz Hundeführerschein, ihre Hunde nicht unter Kontrolle haben, weil Hundebesitzer manchmal alkolisiert mit ihren Schützlingen unterwegs sind, uswusf. was schwerste Verletzungen für Menschen und insbesondere für Kinder zur Folge haben kann. Da Kurz, Strache und Kickl jedoch Sicherheit versprochen haben und jeder Hunde-Biss das Image der angeführten Personen und ihre Wahlerfolge gefährden könnte, müssen Taten gesetzt werden --> als Gefährder sind also 13 Prozent der ÖsterreicherInnen einzustufen.

+ Aber auch Katzen sind natürlich gefährlich - sie können Krankheiten übertragen --> es sind also weitere 16 Prozent der in Österreich lebenden Menschen als überprüfungswürdig einzustufen.

+ Höchste Aufmerksamkeit ist Tierschützern zu widmen, die das Überleben der Bewahrer der Scholle gefährden.

+ SchifahrerInnen müssen natürlich auch als Gefährder eingestuft werden --> immer wieder sind SchifahrerInnen für schwere Verletzungen von Menschen verantwortlich, oft werden Lawinen ausgelöst .....

+ RaucherInnen gefährden die Gesundheit des Volkskörpers - einzig und allein FPÖ-Mitgliedern ist das Rauchen weiterhin erlaubt.

+ die absurde Aufstellung kann beliebig lange erweitert werden, die einzelnen Gefährder-Gruppen können beliebig miteinander kombiniert werden.

Was damit gesagt werden soll? Sind demokratische Grundrechte erst einmal außer Kraft gesetzt, so kann jede und jeder rasch zum Gefährder avancieren. Millionen von jüdischen Menschen wurden von den Nationalsozialisten vor nicht einmal 100 Jahren zu Sündenböcken gestempelt - wo dies geendet hat, müsste auch Doskozil noch bekannt sein.

Aber auch Roma und Sinti, religiöse Menschen, die Terror und Krieg nicht als gottgewollt zur Kenntnis nahmen, politische Kontrahenten wurden in Schutzhaft genommen, in Konzentrationslager verfrachtet und ermordet.

Nochmals zurück zu Doskozil. Klare Worte fand heute laut ORF-Online die oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer. Sie lehnte die Idee der Sicherungshaft für Asylwerber ebenso ab wie für Österreicher. Das hieße, „jemanden als Räuber zu verurteilen, bevor er einen Raub begangen hat“, und falle „eher in die Kategorie indiskutabel“, so Gerstorfer. Anders der Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig, der sich zwar noch nicht festlegen will, der aber auch der Meinung ist, dass über eine generelle Sicherungshaft debattiert werden soll.**

Wer es gern theoretischer hat, kann sich hier - https://www.facebook.com/lukas.obernd...4751400457 - und hier - https://www.hagerhard.at/blog/2019/02...sabbieger/ - informieren.

didi zach, landessprecher der kpö-wien

* https://www.facebook.com/ZeitimBild/p...5700251878

** https://orf.at/stories/3112901/