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Reaktionen zur Mindestsicherung neu

  • Wednesday, 21. June 2017 @ 08:28
Die Reaktion der FPÖ war zu erwarten. Einmal mehr kritisiert die FPÖ, dass Menschen etwas bekommen, ohne selbst jemals etwas in das System eingezahlt zu haben. Und einmal mehr wird gefordert, die Mindestsicherung für Asylberechtigte zu streichen.

Dass die Mindestsicherung keine Versicherungsleistung ist, sondern das letzte soziale Netz, welches verhindern soll, dass Zeltstädte von Obdachlosen am Karlsplatz und am Schottentor entstehen, kümmert die FPÖ nicht.

Ebenso kümmert die FPÖ nicht, dass mittels der Mindestsicherung verhindert werden soll, dass Menschen, die finanziell ganz Unten sind, versuchen sich mit Schwarzarbeit, Einbruch und Diebstahl oder Drogengeschäften ein Überleben zu sichern. Eine Entwicklung, die der FPÖ wohl ohnedies gefallen würde, weil solch eine Entwicklung die Zustimmung zur Strache/Sobotka/Doskozil-Forderung nach mehr Polizei, mehr Strafen sowie den Ruf nach einem starken Mann befördern würde.

Sehr ähnlich auch die Reaktion und die Kritik von ÖVP-Chef Blümel, der als nicht amtsführender Stadtrat für's Nichtstun 8.775 Euro brutto (14x pro Jahr) kassiert. Es sei keine Spur von einer grundlegenden Reform und tiefgreifenden Änderungen zu sehen. "So werden weiterhin jene nach Wien kommen, die möglichst viel bekommen aber möglichst wenig leisten wollen.“ Blümel fordert einmal mehr eine Deckelung der Mindestsicherung für Mehrpersonenhaushalte bei 1.500 Euro sowie "dass Mindestsicherung erst dann bezogen werden kann, wenn zuvor auch einige Jahre in das System einbezahlt wurde.*

Übrigens: Würde diese FPÖVP-Forderung umgesetzt, so würden vor allem auch junge Menschen mit österreichischem Reisepass, da diese noch nicht in das System eingezahlt haben, um jede finanzielle Unterstützung umfallen. Allein in Wien sind laut neuesten Zahlen rund 56.000 Mindestsicherungs-BezieherInnen jünger als 18 Jahre.

Die Neos meinen "mehr Anreize und mehr Forderungen sind der richtige Ansatz, damit kann die Arbeitsmarktintegration verbessert werden." Tatsache ist, dass nicht einmal ein Drittel der BMS-BezieherInnen arbeitslos ist. Und ignoriert wird, dass z.B. in Wien rund 150.000 Personen ohne Erwerbsarbeit sind, es aber nicht einmal 10.000 offene Stellen gibt - die Neos-Rechnung kann also nicht aufgehen.

Auf Unverständnis bei den Neos stößt auch "die Weigerung von Rot-Grün, eine Wartefrist einzuführen für BMS-Bezieherinnen und Bezieher, die nach Wien kommen".**

Lob kommt von der Caritats: "Anders als in anderen Bundesländern ist etwa keine verfassungsrechtlich bedenkliche Deckelung der Mindestsicherung geplant. `Eine Deckelung der Mindestsicherung macht aus kinderreichen Familien lediglich Familien mit armen Kindern. Das kann kein Ziel vernünftiger Sozialpolitik sein'". Kritisch, so wie auch die KPÖ, bewertet die Caritas hingegen, "dass Menschen, die befristet arbeitsunfähig sind, künftig keine Sonderzahlungen erhalten sollen, wenn sie Unterstützung in Form von Case Management erhalten."***

Und Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich sagt: „Das Wiener Modell zeigt, dass es bei einer neuen Vereinbarung nicht zu einem Wettbewerb um die geringsten Sozialleistungen gehen muss". Nicht zuletzt sei die Einführung des Wiener Beschäftigungsbonus und des Wiener Beschäftigungsbonus + positiv zu beurteilen: „Besonders working poor, also AufstockerInnen mit geringem Erwerbseinkommen, profitieren davon, dass Sonderzahlungen künftig nicht mehr angerechnet werden, und dass es Belohnungen für längerfristige Beschäftigung gibt“. Wobei: ob 800 Euro zusätzlich pro Jahr das Kraut fett machen, darf bezweifelt werden.

Im Bereich der Rechte, Pflichten und Sanktionen fällt auf den ersten Blick auf, so die Volkshilfe, "dass die Pflichten und Sanktionen – im Gegensatz zu den Rechten – besonders häufig genannt werden. Dazu Fenninger: „Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass langfristige Arbeitsmarktintegration nicht mit Sanktionen erreicht wird. Darüber hinaus ist noch nicht klar, was eine Präzisierung der Pflichten zum Einsatz der Arbeitskraft im Detail bedeutet“. Hier könnten sich Fallstricke verstecken. Rechte müssen im Vergleich zu Sanktionen und Pflichten einen höheren Stellenwert einnehmen, so der Direktor: „Weil soziale Absicherung soziales Recht ist“.****


* https://www.ots.at/presseaussendung/O...taeuschung
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**** https://www.ots.at/presseaussendung/O...eu-positiv