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NR-Wahlen im Herbst?

  • Thursday, 11. May 2017 @ 12:41
"Neoliberaler Einheitsbrei (inklusive Sozialabbau garniert mit rassistischen Gesetzen und Hetze) oder aber Kampf um wichtige Eckpfeiler einer solidarischen Gesellschaft" - Ein Kommentar von Didi Zach, Landessprecher der KPÖ-Wien und Mitglied des Bundesvorstands der KPÖ.

"Analysten" und Kommentatoren sind sich einig - vorgezogene NR-Wahlen im Herbst sind aufgrund des Abgangs von ÖVP-Parteiobmann und Vizekanzler Mitterlehner praktisch fix.

Mein Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahre ergibt für mich folgendes Bild: SPÖ, ÖVP und FPÖ unterscheiden sich in vielen wichtigen Fragen nur mehr geringfügig, auch wenn dies durch das öffentliche Hick-Hack überdeckt wird. Sozialpolitisch (Öffnung der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften für Private, Senkung der Lohnnebenkosten, 12 Stunden Arbeitstag) ist die SPÖ seit dem Amtsantritt von Kern vor rund einem Jahr noch weiter nach rechts gerückt. Und auch bei Fragen der Verteidigung demokratischer Grundwerte und der Menschenrechte beziehen SPÖ und ÖVP mittlerweile Positionen, für welche Strache und Co vor geraumer Zeit völlig zu recht noch geprügelt wurden. Die laut Meinungsumfragen 3 stärksten Parteien repräsentieren den neoliberalen Einheitsbrei inklusive Sozialabbau garniert mit rassistischen Gesetzen und Hetze. Nicht nur Sobotka und Doskozil stehen für die Stärkung autoritärer Elemente, die Bundesregierung als Ganzes pumpt massiv Geld in den Ausbau von Polizei und Bundesheer. Unterschiede in den Detailüberlegungen SPÖ, ÖVP und FPÖ existieren hauptsächlich in der Frage der Schärfe der geplanten Maßnahmen und der Geschwindigkeit, in welcher diese durchzuführen sind - die Einflussmöglichkeiten einfacher Parteimitglieder sind nicht existent. Kurz gesagt lässt sich sagen: Es rittern 3 Parteien um den Anführungsanspruch und das Amt des Bundeskanzlers, wobei sich Kern, Kurz und Strache einig sind, dass der Standort und die Wettbewerbsfähigkeit, d.h. die Profite einiger weniger, im Mittelpunkt zu stehen haben.

Nur logisch, dass SPÖ, ÖVP und FPÖ sich jeweils gegenseitig als koalitionsfähig begreifen, wie die rot-blaue Regierungszusammenarbeit im Burgenland und diverse schwarz-blaue "Regierungen" (zuletzt in Graz, aber z.B. auch in Oberösterreich) auch praktisch unter Beweis stellen. Und auch die Grünen haben, ausgehend vom Credo der Sacharbeit, die im Vordergrund zu stehen habe, kein Problem mit der ÖVP auf Landesebene zu regieren.

Die Neos reden von der notwendigen Erneuerung des politischen Systems, vertreten jedoch wirtschaftspolitisch fast überall Positionen, die die Misere für ArbeitnehmerInnen, prekär Beschäftigte, junge und alte Menschen nur weiter verschärfen wird.

Bleibt als Frage, ob die Grünen für Positionen einstehen, die sich dem neoliberalen Mainstream widersetzen. In einigen konkreten Punkten (Energiewende, Eintreten für eine andere Verkehrspolitik, Kampf dem Rechtsextremismus) entwickeln die Grünen durchaus unterstützenswerte Gegenpositionen. Doch Grundsatzkritik am Kurs des Sozialabbaus und der Rechtsentwicklung, welche durch die weitere Demontage des Sozialstaats befördert wird, ist auch von grüner Seite nicht wahrnehmbar, denn zu sehr geht es Glawischnig und ihren Strategen im Hintergrund um "Regierungsfähigkeit".

Bleibt als Conclusio: Eine Alternative zum neoliberalen Einheitsbrei, der die österreichische politische Landschaft dominiert und die Richtung vorgibt, ist auch im Parlament dringend notwendig.

Leider ist die KPÖ, die ja im Regelfall nicht gerade von Wahlerfolg zu Wahlerfolg eilt, gegenwärtig die einzig bundesweit organisierte Partei, die sich der neoliberalen Agenda widersetzt. Die Chancen mit solch einem Programm den Sprung in den Nationalrat zu schaffen sind meiner Meinung nach zur Zeit nicht gerade rosig. Aus diesem Grunde und aufgrund grundsätzlicher Überlegungen ist die KPÖ seit vielen Jahren bereit, für die Verbreiterung, Sammlung und Stärkung all jener Kräfte aktiv zu werden, die sich der neoliberalen autoritären Agenda (auch bei Wahlen) entgegen stellen wollen. Ob und inwieweit solche Projekte zustande kommen und erfolgreich sind, hängt aber nicht nur vom Willen und den Entscheidungen der KPÖ ab. Und zugleich können "Skeptiker wie Realisten" die Frage in den Raum stellen, ob nicht auch einer breiten linken Wahl-Allianz aufgrund spezieller Umstände und Faktoren der Einzug ins Parlament verwehrt bleiben wird.
Wie auch immer. Jenseits solcher Gedanken-Experimente kann festgehalten werden: es braucht - auch in Österreich - einen Ausbruch aus dem Hamsterrad. All jene, die sich gegen die Rechtsentwicklung stemmen wollen und all jene, die eine radikale Kurskorrektur und einen Aufbruch hin zu einer solidarischen Gesellschaft einfordern, müssen ihre Aktivitäten (Wahlen hin oder her) bündeln und verstärken, denn schon bald wird auch mittels Stimmzettel die Frage zu beantworten sein, ob an den Wahlurnen jene gestärkt werden, die Teil des neoliberalen parlamentarischen Einheitsbreis sind, oder ob eine beträchtliche Anzahl von Menschen aus dem Hamsterrad ausbricht.