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FPÖ Hetze und zwei historische Hinweise

  • Tuesday, 27. September 2016 @ 11:45
Antifaschismus „Die aktuelle Bettlerplage an der Mariahilferstrasse Ecke Esterházygasse ist hausgemacht und könnte in der Sekunde abgestellt werden – wenn man das nur wollte“, fasst der Klubobmann der Wiener Freiheitlichen, Dominik Nepp, das „Wiener Problem“ zusammen.

Dieses, so der Freiheitliche Spitzenfunktionär, "besteht darin, dass sich die Rot-Grüne Stadtregierung gegen jede Maßnahme für mehr Sicherheit, Recht und Ordnung bewusst querlegt (...) „Aus dem Rathaus kommt stets ein klares Njet zu allem und jedem, was der Mehrheit und nicht einer sich im Unrecht befindenden Minderheit zu Gute kommen würde“.

Wenn Bettler – die noch dazu aus dem Ausland extra angereist sind, um die offenbar hilfsbereitere Österreichische Bevölkerung zu belästigen – zu einer Plage werden, dann habe die Stadt im Sinne der Mehrheitsbevölkerung zu agieren und nicht im Sinne einer gesetzlosen Minderheit, findet Nepp. Er hält daher ein sektorales Bettelverbot, wie es auch in Salzburg oder Linz hervorragend funktioniert, für dringend nötig. „Es kann nicht sein, dass eine belebte Kreuzung auf der bedeutendsten Einkaufsstraße Wiens wegen einer Handvoll ungarischer Punks zu einer NoGo-Area wird“, stellt sich Nepp klar auf die Seite der geschädigten Geschäftsleute und der verängstigten Bürger.

Die Wiener Stadtregierung, so Nepp weiters, müsse sich "entscheiden, wem sie sich mehr verpflichtet fühlt: Ihrer Bevölkerung oder ausländischen Bettlern. Wir werden die Wiener danach jedenfalls über den Ausgang der Abstimmung informieren“.

So weit die aktuelle Hetz-OTS der FPÖ.

Werfen wir nun einen Blick in die Geschichte. Als erste Denkanregung zitieren wir aus dem 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920 , wo ausgeführt wurde: „Wir fordern, daß sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs- und Lebensmöglichkeit der Bürger zu sorgen. Wenn es nicht möglich ist, die Gesamtbevölkerung des Staates zu ernähren, so sind die Angehörigen fremder Nationen (Nicht-Staatsbürger) aus dem Reiche auszuweisen.“

Wobei die NSDAP klarstellt: " Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein."

Als zweite Denkanregung zitieren wir Wolfgang Ayaß von der Uni Kassel . Ayaß in einem Vortrag aus dem Jahre 2006: "Im Lauf der zwölfjährigen Naziherrschaft gerieten immer neue »Asozialen«-Gruppen ins Blickfeld. Der Kampf gegen die Bettler war nur der Anfang. Immer häuiger wurde bisweilen auch recht gering abweichendes Verhalten zur »Asozialität« hochstilisiert. Im Zweiten Weltkrieg galten auch ungenügende Arbeitsleistung und häufige Fehlzeiten am Arbeitsplatz als »asozial«. (Der »Asoziale« – zuvor immer arbeitslos – taucht nun innerhalb der Fabriken auf.) Die »Asozialenfrage« wandelte sich außerdem vom Problem männlicher Bettler, die aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Verfolgungsmaßnahmen immer seltener wurden, zu einem Problem angeblich belastete »asozialer Sippen«, aber auch lebenslustiger Frauen, deren wechselnde Männerbekanntschaften insbesondere in der Kriegszeit als skandalös empfunden und bisweilen als »Geheimprostitution« eingestuft wurden. »Asozialität« war immer neu (und damit tendenziell umfassender) definierbar.

Der Kampf gegen die »Asozialen« (wie der Prozess der »Ausmerze Minderwertiger« insgesamt) kannte keinen Endpunkt und wäre ohne die Kriegsniederlage Deutschlands vermutlich nie zum Abschluss gekommen."