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Der Anschluss im März 1938 war nicht gewaltfrei

  • Sunday, 11. March 2018 @ 11:01
Rede von Simon Neuhold von der Jungen Linken bei der Gedenkkundgebung der KPÖ zum März 1938.

Liebe Genossinnen & Genossen, Antifaschistinnen & Antifaschisten

Am 12. März 2018 jährt sich zum 80 Mal der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Gerade in Zeiten wie diesen sollten uns solche Gedenktage inne halten lassen. Auch wenn der Anschluss an das Deutsche Reich von vielen begrüßt wurde und ohne Kampfhandlungen vollzogen wurde, war er keineswegs gewaltfrei – Tausende Jüdinnen & Juden, Homosexuelle, Roma & Sinti, GewerkschafterInnen, SozialdemokratInnen und KommunistInnen wurden bereits in den Tagen des Anschluss verhaftet und ermordet. Österreich war nach dem Anschluss, als Teil des Deutschen Reiches eben nicht Opfer, sondern Täter in einem Weltenbrand, dem 65 Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Aber all das fand nicht ohne Widerstand statt. Gerade unsere Genossinnen & Genossen, Mitglieder der jungen KPÖ und des kommunistischen Jugendverbands, bauten Widerstandszellen auf, die spontane Antikriegsdemonstrationen veranstalteten, Parolen gegen die Nazidiktatur auf Häuser schmierten und Flugblätter gegen den Krieg verteilten.
Die nun genannten Namen und Aktionen stehen stellvertretend für viele namenlose HeldInnen und für die beispiellosen Opfer, die tausende unserer GenossInnen brachten und die ihre Überzeugung und ihren Mut zum Widerstand mit dem Leben bezahlten:

Die Mitglieder des kommunistischen Jugendverbandes KJV gründeten die Gruppe „Soldatenrat“, die Feldpost an NS-Soldaten schickte, um sie von der Sinnlosigkeit des Krieges zu überzeugen und zum Widerstand zu bewegen. 17 Mitglieder der Gruppe, keines älter als 25, wurden am Wiener Landesgericht mit dem Fallbeil hingerichtet.
Amalie Brust verteilte in einer Wiener Strickerei Flugblätter gegen den Krieg und wurde daraufhin verhaftet und im KZ Ravensbrück vergast. Der Vorschlag, eine öffentliche Fläche im 15. Bezirk nach ihr zu benennen, wurde 1990 abgelehnt.
Friedrich Mastny beteiligte sich an Brandanschlägen auf kriegswichtige Industrie – Zuvor hatte er als Frontsoldat die Feldpostanschriften anderer Soldaten nachhause geschickt, um so zu ermöglichen, dass diese pazifistische Feldpost bekamen. Er wurde, 22 jährig, am Wiener Landesgericht geköpft.
Heinrich Schaschl schloss sich der Gailtaler Partisanengruppe an, die kampfwillige Deserteure zu den PartisanInnen nach Jugoslawien schleuste. Im April 1945 wurde der Unterschlupf der Gruppe von SS & Wehrmacht umstellt, als Heinrich Schaschl daraufhin im Kugelhagel eines Ausbruchsversuches fiel, war er gerade erst 17.


Viele Mitglieder des KJV und der KPÖ wurden verhaftet, gefoltert und ermordet, weil sie für die Freiheit kommender Generationen und des Proletariats kämpften. Doch trotzdem wird ihnen bis heute nicht die Anerkennung zu Teil, die sie verdienen. Während hochrangige NS Mitglieder nach dem Krieg einfach weiterhin hohe Positionen im Staat inne hatten, wurde den KZ-Häftlingen, unter ihnen auch viele KommunistInnen, die Zeit im Lager selbst von der Pension abgezogen und sie bekamen weder Reparation, noch wurde ihnen Respekt gezollt. Und all das dürfen wir uns von der neuen Regierung auch nicht erwarten.

Wir sind es, die dafür eintreten müssen, dass einerseits das Andenken an den kommunistischen Widerstand in Österreich endlich überhaupt stattfindet und anderseits müssen auch wir eben dafür eintreten, dass die Phrase „Nie wieder“ mit Leben erfüllt wird.
Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen dass die tausenden Opfer des Widerstands gegen die Nazidiktatur nicht umsonst waren, dass ihr Traum von einer anderen Welt, einer Welt ohne Krieg und Kapitalismus nicht bloß ein Traum bleibt.

Und gerade heute mag das nicht leicht sein. Unter der schwarz-blauen Regierung verschärft sich einerseits der Kapitalismus immer mehr, werden Reiche noch schneller immer reicher, während andere weniger und weniger bekommen, werden Mieten teurer und Arbeitszeiten länger, andererseits fühlen sich auch jene wieder bestärkt, denen Antifaschismus und Widerstand ein Dorn im Auge ist, kann sich Rechtsextremismus wieder offener zeigen. Nicht nur in Österreich ist das so, auch in anderen Ländern, sei es in Polen mit der PIS-Partei, Ungarn unter Orban oder die Türkei und die USA unter Erdogan und Trump. Überall machen es sich die Rechtsextremen gerade bequem und nehmen den Weg des geringsten Widerstandes indem sie in arm und ärmer spalten.

Und so mag ich meine Rede mit einem Gedicht des Widerstandskämpfers Richard Zach beenden: „Ich bin den anderen Weg gegangen, es tut mir gar nicht leid, obwohl es elend steht zur Zeit. Wird keiner um sein Leben bangen, der weiß, wozu er es verwendet, bedachte, was sein Glauben wiegt. Er hat am Ende doch gesiegt, und wenn er auf der Richtstatt endet!

Liebe Genossinnen und Genossen, lasst uns den anderen Weg gehen – Freiheit!