Willkommen bei KPÖ Wien (Alte Website - Archiv seit Ende 2021)

Corona: "Nägel mit Köpfen machen"

  • Thursday, 25. March 2021 @ 10:43
Die Redaktion hat Didi Zach, Landessprecher der KPÖ-Wien, um seine Meinung bzgl. der aktuellen Entwicklungen im Kampf gegen Corona befragt.

Redaktion: Was sagst du zu den gestern abend verkündeten Maßnahmen für die Ost-Region?*

Zach: Positiv finde ich, dass darüber nachgedacht wird, mit welchen Maßnahmen auf die steigenden Fallzahlen und die schon vorhandene Überlastung der Intensivstationen** reagiert werden kann. Tatsache ist ja, dass Kanzler Kurz, der den Kampf gegen die Pandemie einst zur Chefsache erklärte, in Wahrheit seit Wochen den Kopf in den Sand steckt. Tatsache ist ja, dass das Krisen-Management der Regierung eine ziemliche Katastrophe ist - egal ob dies die Impfungen betrifft, die Versorgung mit FFP2-Masken, die monatelang nicht funktioniert hat und wo dann ein veritabler Skandal öffentlich wurde, egal ob dies die Testkapazitäten betrifft, die monatelang nicht den Notwendigkeiten entsprochen haben. Ich erinnere daran, dass das Contact-Tracing innerhalb kurzer Zeit schon im Herbst zusammen gebrochen ist, ich erinnere daran, dass der letzte Sommer und der Herbst nicht genutzt wurden, um das Gesundheitswesen zu stärken. Ich erinnere daran, dass die Regierung über Monate hinweg beim Schutz der Menschen in Alten- und Pflegeheimen komplett versagt hat. Redaktion: Ok. Also volle Unterstützung für die Maßnahmen von Ludwig, Anschober & Co?

Zach: Nein, wobei sich meine Kritik auf unterschiedliche Aspekte bezieht. Mir scheint, dass da schon wieder eine typisch österreichischen "Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Lösung" rausgekommen ist. Die Sperre des Handels, außer der Lebensmittelgeschäfte, über die Osterfeiertage ist mir angesichts der Corona-Zahlen plausibel. Aber reichen 5 Tage - ich bezweifle es. Zweiter wichtiger Aspekt. Feiertags- und Wochenend-Corona-Lockdowns bei gleichzeitigem offen halten von Verwaltung, Industrie und Handel, wenn auch mit Zutrittstests, wie jetzt offenbar geplant, sind sicherlich nicht die Lösung.

Redaktion: Kannst du das konkretisieren?

Zach: Es macht auf mich den Eindruck als ob die alte Hacker-Idee (SPÖ-Gesundheitsstadtrat von Wien - Anmerk. der Red.), scharfe Wochend-Lockdowns als Wellenbrecher einzusetzen, hier in neuer, abgewandelter Form aufleben würde.*** Die Menschen - auch jenseits der so genannten system-relevaten Bereiche - in die Arbeit zu pressen und Sie gleichzeitig während der Feiertage und am Wochenende einsperren zu wollen, findet ganz sicherlich nicht meine Unterstützung. Es muss endlich Schluss sein mit der wahnwitzigen Vorstellung, die wir als KPÖ auch seit Monaten kritisieren, dass Lohnarbeit quasi vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus schützt.****

Redaktion: Vertritt die Vorstellung Lohnarbeit schützt vor Corona wirklich jemand?

Zach: Ja, leider. Die Lockdowns, mit welchen wir seit November konfrontiert sind, waren ja großteils Schein-Lockdowns, wie jede und jeder auch auf der Straße oder bei der Fahrt mit der U-Bahn feststellen konnte. Hunderttausende Menschen, die tagtäglich in der Verwaltung, am Bau, in der Industrie ihrer Lohnarbeit nachgehen mussten, agierten als potentielle Superspreader, Testung und FFP2-Masken hin oder her, während Schulen geschlossen waren. Über Monate brachte die Regierung zudem keine sinnvolle Regelungen zum Ausbau von Home-Office zu Stande - auch jetzt kommt keine Home-Office Pflicht, wie von Expert*innen vorgeschlagen. Negative Tests sollen nachwievor 1 Woche lang gelten, während gleichzeitig Kinder wieder mit Distance Learning konfrontiert sind. Zudem will ich festhalten, dass im Februar entgegen der Rat von Expert*innen viel zu früh Lockerungen ausgesprochen wurden, was die Situation nochmals verschlimmert hat. Aber Kurz wird wahrscheinlich schon irgendwo irgendeinen Beamten finden, welchen er zum Sündenbock stempeln kann.

Redaktion: Verstehe ich richtig - du trittst für verschärfte Maßnahmen ein?

Zach: Ja, denn ich fürchte, wie schon gesagt, dass die 5tägige Sperre über Ostern zu wenig ist. Wir werden, so befürchte ich, angesichts der Infektionszahlen, der 7 Tages-Inzidenz von fast 300 in der Ost-Region und der, ich wiederhole mich, sich abzeichnenden Überlastung der Intensivstationen***** um ein Runter-fahren der Wirtschaft, damit die Welle gebrochen wird, damit die Zahlen wieder auf ein akzeptables Maß runtergehen, nicht herumkommen. Denn wenn nicht endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden, dann werden wir auch im Mai und im Juni noch vom Virus tyrannisiert werden - Bürgermeister Ludwig hat ja schon kundgetan, dass er mit weiteren 8 - 10 schweren Wochen rechnet. D.h. für mich: Wenn nicht endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden, dann werden wir auch im Mai und im Juni noch mit Lockdown-Lights konfrontiert sein, dann kann der Tourismus auch die Sommer-Saison abschreiben und dann bleibt der Traum vieler Menschen von einem Sommer-Urlaub für alle Menschen ein Traum.

* https://orf.at/stories/3206600/

** https://orf.at/stories/3206631/

*** http://wien.kpoe.at/article.php/woche...r-vollholl

**** http://wien.kpoe.at/article.php/schut...corona-inf

***** https://wien.orf.at/stories/3096172/