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Roja Ratzinger über Medien und einen simplen psychologischen Mechanismus

  • Friday, 22. October 2021 @ 09:15
Es brauchte keinen Kurz-Skandal um zu erkennen, dass die österreichische Medienlandschaft gefärbt von politischen und/ oder geldgeberischen Interessen ist. Es brauchte auch gewiss nicht immer bares Geld fließen, um mediale Aufmerksamkeit der Einen zu produzieren und der Anderen im Keim ersticken zu lassen. Wenn wir morgens die Zeitung aufschlagen oder abends die Nachrichten einschalten, werden wir mit Informationen konfrontiert, die allein schon durch die Art ihrer Darbietung einen Teil dazu beitragen, die öffentliche Aufmerksamkeit in gewisse Bahnen zu lenken.

Wie Lukas Oberndorf (absolute Leseempfehlung!) in einem seiner letzten Facebook-Posts aufzeigt, werden auch nicht gekaufte Befragungen durch die Auswahl der Fragen gesteuert. So wurde, in einer im Profil veröffentlichten Wahlumfrage, laut Angaben vom Institut (Unique Research), zwar explizit die Corona-Verharmloser MFG aber nicht die KPÖ abgefragt. Isolde Charim hatte im Zuge der letzten Wien-Wahl eine grandiose Falter-Kolumne verfasst, worin sie sich mit der Frage nach dem „Zuviel“ und dem „Zuwenig“ an medialer Präsenz in der Wahlberichtserstattung beschäftigte. Auch hier wurde eine extreme Schieflage deutlich, in welcher einem Herrn Strache (der sich zuvor wohlgemerkt aus der Politik verabschiedet hatte und auf keiner Liste im Gemeinderat vertreten war) eine immense Medienpräsenz in Elefantenrunden, TV-Duellen und vielen anderen öffentlich wirksamen Auftritten zu Teil wurde. LINKS hingegen, als frisches aktivistisches Bündnis mit hohem medialen Neuigkeitswert, weitestgehend ignoriert wurde. Charim’s Analyse: „Medienpolitik als Befriedigung von voyeuristischen Begehren. Quotenlogik als Ersatz für öffentliche Moral.

Was für tiefgreifende Auswirkungen diese problematische Schieflage der österreichischen Medienlandschaft letztendlich auf die realen politischen Verhältnisse im Land hat, lässt sich an einem recht simplen aber mächtigem psychologischen Mechanismus verdeutlichen – dem sogenannten „Mere-Exposure-Effekt“ [engl. «Effekt des bloßen Kontakts/Ausgesetztseins»]. In einer Reihe an empirischen Studien konnte gezeigt werden, dass die mehrfache Darbietung eines Reizes eine hinreichende Bedingung dafür ist, dass die Einstellung zu diesem Reiz verbessert wird, d.h. es handelt sich hierbei um eine positive Einstellungsänderung gegenüber einem Reiz, einzig und allein (!), aufgrund dessen wiederholter Darbietung (Zajonc, 1968).

So werden die praktischen Auswirkungen, des teils schon natürlichen, ohne illegale Wege erschlichenen, Selektionsverhaltens der größten Medienunternehmen deutlich. Wenn diese sich - aus welchen Gründen auch immer – dazu entscheiden, bestimmte Menschen mehr oder weniger an der medialen Öffentlichkeit teilhaben zu lassen, sind dies Entscheidungen mit enormer politscher Tragweite, welche letzten Endes die nächste Wahl entscheiden werden (können). Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Zajonc, R. B. (1968). Attitudinal effects of mere exposure. Journal of Personality and Social Psychology, Monograph Supplement, 9/2, 1-27. (Stangl, 2021).