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Abschied von Genossin Karger

  • Wednesday, 20. June 2012 @ 20:10
Die KPÖ-Wien Rede von Viktoria Schüller-Klaus bei der Verabschiedung von Elfie Karger, die mehrere Jahrzehnte an vielen Stellen als Kommunistin tätig war.

Liebe Familie, liebe Freunde und Genossen

Danke für das Vertrauen, dass ich hier an Elfie Karger erinnern darf. Ich kannte Elfie Karger als Genossin im 2. Bezirk in der Bezirksleitung, als Kassierin im Gebiet Taborstrasse und vom Volksstimmefest.

Ich sehe sie vor mir als große, schöne, blonde Frau - natürlich, fröhlich und immer hilfsbereit. In Vorbereitung haben ich mit vielen Freunden und Freundinnen aus verschiedenen Organisationen gesprochen: mit Irma Schwager vom Bund Demokratischer Frauen, mit Otto Podolsky von den PensionistInnen, mit Anni Franz, die sie fast ihr ganzes leben gekannt hat, mit Edith Doleschal, die lange mit ihr gearbeitet hat, und alle haben das bestätigt und auch noch ihre gute Laune und ihre Verläßlichkeit in der Arbeit, denn sie war in all diesen und noch vielen anderen Organisationen tätig. Geboren wurde sie am 7.8.1929 in Wien in einer Arbeiterfamilie. Der Vater arbeitete in einem galvanischen Betrieb und starb daher früh. Was mich besonders fasziniert im Lebenslauf dieses Mädchens, ist dass sie am 1.1.1947 mit 18 Jahren in die KPÖ beitritt. Und da denke ich mir, das war sicher ein wichtiger Schritt, wenn man bedenkt, dass quasi die gesamte Kindheit und Schulzeit stark beeinflußt war, durch den Faschismus und ganz andere Leute sich dadurch blenden ließen.

Dieser Schritt fiel zusammen mit ihrem beruflichen Leben, das sie fürderhin als Sekretärin im „Haus“ – wie es auch ihre Kolleginnen – nennen, verbrachte. Der Sitz des ZK der KPÖ war zu Beginn noch am Stalinplatz (heute Schwarzenbergplatz) und zum Schluss am Höchstädtplatz. Begonnen hat sie als Sekretärin bei Dr. Altmann, Staatssekretär in der 1.Regierung der 2. Republik, der als Vertreter der KPÖ besonders die Verstaatlichung der großen Betriebe vorangetrieben hat, dann bei einem der bekanntesten Theoretiker der KPÖ, Friedrich Hexmann, und dann viele Jahre beim Parteivositzenden Franz Muhri. Das war sicher nicht leicht – und ich möchte allen in Erinnerung rufen, dass die Aufgabe der Sekretärin eine sehr wichtige war, nicht nur weil das noch lange vor der elektrischen Schreibmaschine oder Computer war, sondern weil es eine absolute Vertrauensstellung war.

Dort im Haus und als junges Mädchen lernte sie auch den Mann kennen, der für ihr ganzes weiteres Leben sehr wichtig war und dem sie für Jahrzehnte Frau, Gefährtin und Mutter seiner Kinder war – Franz Karger. Und das war sicher noch wichtiger, denn Franz kam aus dem Widerstand, aus dem Gefängnis und aus dem KZ Dachau, voll mit schweren Erlebnissen – und Elfie hat ihm bei der Überwindung und bei seinen neuen Kämpfen und Arbeit geholfen.

Sie übernahm mit knapp über 20 Jahren die Verantwortung für die beiden Kinder Friedl und Christl aus der 1. Ehe von Franz und baute so ein Heim und eine Familie auf. Die Kinder erinnern sich noch gerne an gemeinsame Urlaube und können wahrscheinlich erst heute wirklich einschätzen, wieviel Arbeit und Nerven es gekostet haben muss in den 50-er Jahren mit zuerst 2 Kindern und später dann mit 3 (1956 kam der gemeinsame Sohn Wolfgang zur Welt) Bahnreisen zu unternehmen.

Sie hat ermöglicht, dass Franz seine vielfältigen politischen Aufgaben erfüllen konnte, in der Partei in Wien und in den Bundesländern und ab 1959 bis 1969 als Abgeordneter im Wiener Gemeinderat. Und hat den Kindern – ohne je einen Unterschied zwischen den 3 zu machen – die Liebe und Fürsorge gegeben, dass sie heute mit klarem Blick und Aufgeschlossen im Leben stehen. Als 1997 Franz starb, wollte sie nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung bleiben und hat sich entschlossen ins Pensionistenheim zu ziehen.

Vielleicht kam ihr plötzlicher Tod für Sie überraschend, aber ich glaube, dass dadurch ein längeres körperliches Leiden vermieden wurde – bitte sehen Sie es so. Ich habe mich jetzt wieder an meine Gefühle erinnert, als meine Mutter Lene Schüller starb, die übrigens auch viele Jahre im Bezirk mit Elfie zusammengearbeitet hat und mit der zusammen ich auch ein paarmal in der Wohnung in der Taborstrasse war.

Und ich denke, wir verabschieden uns heute nur von der Hülle, das Herz und das Gefühl bleibt immer bestehen. Man braucht nur die Augen zu schließen und sieht seine Mutter wieder vor sich, in ihren schönsten Jahren und wenn man es sich wünscht, nimmt sie einen wieder liebevoll in den Arm. Und solange man von jemanden spricht und an ihn denkt, ist er nicht tot und nicht vergessen. Man soll versuchen, durch Erzählungen auch den Enkeln die Erinnerungen weiterzugeben.

Lassen sich mich schließen mit den Worten Ihres Vaters und des Gefährten von Elfie, aus seinem Buch "60 Jahre gegen den Strom":
„Elfie ist meine zweite Frau, die sich, als ich eines Tages ohne Frau, aber mit 2 Kleinkindern dastand, der Kinder annahm. Die Kinder wurden bei der Scheidung mir zugesprochen. Sie machten viel Arbeit, aber auch viel Freude. Um nichts in der Welt hätte ich sie hergegeben, obwohl diese Haltung zum ersten Konflikt mit einem führenden Genossen – Friedl Fürnberg – führte, den ich sehr achtete. Er ließ mich eines Tages rufen und verlangte von mir, die Kinder ihrer Mutter zu überlassen. Ich lehnte das entschieden ab, da sie ja die Kinder verlassen hatte und meinte, dass sich da niemand einmischen sollte. Dabei blieb es auch. Ich war überzeugt, mit Elfie an der Seite kann es nur gut gehen. So war es auch. Elfie hatte es nicht leicht, sie arbeitete ganztägig – sie war Sekretärin bei führenden Genossen. Außerdem war sie bei allen politischen Aktivitäten engagiert und in der Gebietsorganisation als Funktionärin tätig. Gleichzeitig hat sie unsere inzwischen 3 Kinder – Friedl, Christl und Wolfgang – zu guten Menschen aufgezogen. Sie war die ganzen Jahre für mich nicht nur die Mutter meiner Kinder, sondern auch meine liebende Frau und Helferin meiner politischen Tätigkeit. Ohne ihre praktische Hilfe hätte ich manches nicht erreichen können. Die schönsten Stunden meines Lebens verdanke ich meinen Kindern und ihr.“