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Arbeitsmarkt oder Jahrmarkt der Obskuritäten

  • Sunday, 5. February 2012 @ 15:16
Österreich Johannes Kopf, AMS-Chef, stellt fest "Zwar wird es laut Wifo einen weiteren Zuwachs an Arbeitsplätzen geben. Doch weil z.b. die vorzeitige Alterspensionen zurück gehen, werden mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen. Es wird Härten geben." Was will er damit sagen, wie können wir uns das vorstellen was denn da auf einem Markt so vor sich gehen wird?

Als begeisteter Marktgeher schätzt man die bunte Vielfalt und das fürs Auge wohlfeil hergerichtete Angebot der frischen Waren. Hier nimmt Frau und Mann auch so einiges Gedränge in Kauf, auch die gut gemeinte Aufforderung "Nau haumas boid" stört einem beim Begutachten der Ware nicht, schließlich und endlich geht's ja um die besten Stücke. So manche dargebotene kostenlose Kostprobe, der Verweis auf Kostenlos erscheint mir wichtig, wird angenommen oder auch mit Dank abgelehnt.

Mein's sind zum Beispiel Oliven - da können dann schon einige Kostproben anfallen. Nur die mit dem japanischen Wasabi gefüllten, die sind nicht mein's, da brauch ich mir keine Oliven kaufen, wenn nur der Wasabi geschmacklich wahrgenommen wird. Ich hab ja die Freiheit zum Aussuchen. Trozdem ist auch hier eine gewisse Vorsicht nicht ganz unangebracht da zum Beispiel die schönste Vorderseite so manchen Paradeisers eine Gfeude hat, auf der er liegt. Ich nehme an, geschätzte Marktgeherin und Marktgeher, Sie wissen von was hier gesprochen wird!

Nun geneigte Leserin und Leser begeben wir uns auf einen Marktplatz der etwas anderen Art erkenntlich durch eine gut sichbare Beschriftung, AMS. Bereits vor dem Entree in besagtes Etablissement wird einer durch die rasch an einem herausvorbeieilenden Gesichter stutzig. Nach dem der Eintritt geschafft wurde trifft Frau und Mann zu bestimmten Zeiten auf in Schlange stehende Menschen die ein wenig an die guten alten Fersehbilder aus längst vergangenen Tagen erinnert, wo in Moskau das Häuslpapier knapp war, Mangelwirtschaft eben.

Hier sind es nur die Arbeitsplätze an denen es mangelt und bei so einigen reich'ts nicht zum Kauf des im Überangebot vorhandenen Häuslpapiers, solcherarts Bedürftigter liest den Boulevard der zur freien Entnahme an diversen Plätzen zu finden ist. In Moskau las man seinerzeits übrigens die Prawda. Es fällt auch bisweilen ein mehr oder weniger stattlicher Herr (privates Sicherheitsorgan) in Uniform auf der den Schutzbedürftigen auf der anderen Seite des Ladentisches beistehen soll, der Wirtschafts- oder Sozialminister die quasi als Übergreisler den Laden schupfen sind ja leider nicht greifbar, no na wer frisst die Krot!

Nach einigen Gesprächen mit den Marktangestellten überkommt es dem Kunden, hier "kauft" nicht er. Hier wird er verkauft, aber nicht nur es gibt auch gezielte Hilfestellung durch Bildung, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.

No bitte denk ich mir mitterlerweile an die Mitte 50 gehend, einerseits zu Krank um zu Arbeiten, andrerseits zu Gesund um in Pension zu gehen - Bleistift schlichten geht noch, kein Scherzerl, zu Überqualifiziert für das Eine, zu Unterqualifiziert für das Andere, die Bildung wirds bringen.

Gesagt und getan und bin jetzt gebildet in "Positiv denken" (ist eine Bildungseinheit), das schaut dann so aus, praktisch gesehen, je mehr mir am Schädl g'schissn wird desto wärmer hab ich's, jetzt überhaupt in der kalten Jahreszeit. Da kann man noch was lernen da kommt Freude auf.

Es geht ja viel übern Kopf das soll nicht unterschätzt werden, ich bin auch weiters ausgebildet "Im glücklich Leben mit wenig Geld", das ist auch eine Bildungseinheit. Mir kann keiner mehr von diesen geldgierigen Leistungsträgern oder auch Unternehmer genannt, wie sich das schon anhört, blöd kommen.

In Zukunft schauen meine Gehaltsvorstellungen etwas anders aus z.B. "Was 7Euro brutto in der Stunde wollen Sie mir zahlen ich bin doch kein Grobla, mach's um 6Euro auch und zahl da no a Viertl du Nepochant." Es geht nicht nur ums Gehalt sondern ums Prinzip "Nehmans den Lugna, wos der fier a Pech hot mit seine Fraun do nutzt da die gaunze Marie nix, waunst so ausschaust wirst auschaust, do is eh wurscht." Jetzt weiß ich wenigstens warum er sich ständig die nicht um die "Marie" sondern um die"Wurscht" streitet.

Auch das Äußere sprich mein Ausehen ist jetzt gebildet, ja ja auch das ist eine Bildungseinheit, da wurden verschiedene edle Stoffe und Farbtücher an meinen Körper angehalten was besser zu mir passt um herauszufinden was ich für ein Typ bin, Jahreszeitenmäßig gesehn. Was natürlich auch von Vorteil war, so konnten verschiedene Cremen oder färbige Puder ausprobiert werden, für'n Teint versteht sich. Falls mir die Stadtwerke aus unverständlichen Gründen das Wasser abdrehen. "Geld ist ja nicht alles wird einem zwar gesagt", da mach ich es wie Ludwig 14. und werde falls ein Vorstellungsgespräch erfolgen sollte strahlen wie der "Sonnenkönig".

Jetzt zum eigentlichen Höhepunkt des Bildungsprogrammes - dem Casting der verschiedenen Arbeitsmarktmodls, hierzu sei anzumerken Individualität ist alles, bist du Mann oder Maus?. Schütteres Haar - auf gut wienerisch Glotzn - können bei einem älteren Arbeitsmarktmodl gehörig am Selbstvertrauen nagen, wie bereits an anderer Stelle erwähnt es geht ja viel übern Kopf. Hier setzen die gut ausgebildeten Castingkräfte diverser vom AMS zugekauften Bildungs- und Jobfinderinstitute quasi an der Wurzel des Problemes an. Es wird die ganze Bandbreite verbaler und nonverbaler (z.B. Körperhaltung, wie rück ich meine Glotzn ins richtige Licht um interessant zu sein) Kommunikation bei einem Vorstellungsgespräch abgehandelt.

Darauf weiter einzugehen würde zunehmend zu heftigen Kopfschmerzen führen, soviel sei dennoch angemerkt es führt zu der Erkenntnis, dass es hier längst nicht mehr um Arbeitssuche im klassischen Sinn sondern um Prostitution geht und der sogenannte Arbeitsmarkt nichts anderes ist als die Pervertierung des ältesten Gewerbes der Welt.

Zu den Härten der etwas anderen Art zählt der ökonomische Aspekt sprich "wos is mit da Marie ?". Generell kann eine Arbeitsuchende/ein Arbeitsuchender für 20 Wochen Arbeitslosengeld beziehen. Aufgrund verschiedener Umstände (längere durchgängige Beschäftigung in einem Dienstverhältnis mit Arbeitslosenversicherung, Alter der Arbeitsuchenden/des Arbeitsuchenden, Schulungsmaßnahmen innerhalb einer Arbeitsstiftung) kann sich die Dauer der Anspruchsberechtigung verlängern. Irgendwann landet Frau und Mann im Notstand und es wird die Notstandhilfe ausbezahlt, ich möchte auf die Notstandsregelung jetzt im einzelnen nicht eingehen aber einen Punkt hervorheben und das ist die Sippenhaftung gemäß § 2 Abs.2 NH-VO hier wird der Ehepartner (Lebensgefährte/in) defacto per Gesetz genötigt selbigen seine Lebensbedürfnisse zu Befrieden, hört sich gut an.

Der vollkommen ins Gegenteil verkehrte Auspruch der in Kreisen der ökonomischen und politischen Elite in diesen Land permament in den Mund genommen wird "Leistung gehört belohnt oder muß sich bezahlt machen" trifft hier punktgenau ins Schwarze. Was will ich damit sagen? Nun - der verbliebene Teil einer Lebensgemeinschaft, der noch als Lohnarbeiterin/er seine Arbeitsleistung finanziell abgegolten bekommt, versucht nun, um den Lebensstandard für sich und seinen Partner so gut es geht zu erhalten, durch Mehrarbeit, in der Regel über Überstundenleistung, etwas zu leisten. Jetzt sich der Kreislauf von belohnt und bezahlt machen in Bewegung. Bei der nächsten Berechnung zur Notstandshilfe wird der Ehepartner (Lebensgefährte) durch seinen gestiegen Lohn „belohnt“, in dem bei seinem Partnerin/er die Notstandhilfe anteilsmäßig vermindert wird. Bezahlt macht es sich in jedem Fall für die herrschende Elite. Das "Spiel" geht dann bis zu dem Punkt, wo es einen Bescheid gibt in den drinnen steht "Das Ermittlungsverfahren hat ergeben: Das anrechenbare Einkommen Ihrer Gattin (je nach dem) übersteigt trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen Ihren Anspruch auf Notstandshilfe."

Welche Forderungen an die ökonomische und politische Elite in diesem Land könnten politisch korrekt sinnvoll gestellt werden? Ich muß gestehen, mir ist momentan nicht danach und daher werde ich mich mit einem kurzen Textausschnitt aus einem Lied von Kurt Sowinetz an diese Herrschaften begnügen: "I winsch euch alle an Haufen Krätzen, an Zeck im Ohr und den quiqui."

Percy