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KPÖ fordert Verbot der Gas- und Stromabschaltungen

  • Saturday, 31. December 2011 @ 16:35
Bezirkspolitik Der Margaretner KPÖ-Bezirksrat Wolf Goetz Jurjans brachte in der Dezembersitzung der Bezirksvertretung des 5. Bezirks folgenden dringlichen Resolutionsantrag ein:

"Die Bezirksvertretung Margareten spricht sich gegen die Abschaltung von Energie in privaten Haushalten in Margareten (bzw. in Wien) aus, die besonders in der Heizperiode zu unmenschlichen Lebensbedingungen führen."
Dieser Antrag bezog sich auf die Forderung des Wiener Caritaschefs Michael Landau, der ein Verbot von Energiesperren im Winter forderte, wie es beispielsweise in Belgien existiert. Wie der Rückblick zeigt, war damit die KPÖ die einzige politische Partei, die die Kritik an der unmenschlichen Praxis der Wien Energie aufgriff, Menschen aufgrund von Geldmangel von der zum Heizen notwendigen Energiezufuhr auszuschließen. Das Bewusstsein über die dringliche Durchsetzung notwendiger Alternativen, wie z.B. die Energiegrundsicherung, ist zwar bei allen kompetenten, mit den betroffenen Menschen und ihren Problemen befassten ExpertInnen und Organisationen vorhanden, es findet sich aber offensichtlich (fast) keine Partei, die diese Forderung auf ihre Fahnen heftet. Engstirniges oder weitsichtiges Politikverständnis?

Wie in solchen Fällen üblich, musste der Resolutionsantrag, bevor er diskutiert und abgestimmt werden konnte, auf seine Zulässigkeit geprüft werden. Dies erfolgt in der Regel vermittels der Interpretation des §104 der Wiener Stadtverfassung. Dieser "Gummiparagraph" gibt dem Bezirksvertretungsvorsitz einen Interpretationsspielraum, der , wird er weltoffen genutzt , den Margaretner BezirksrätInnen z.B. ermöglichte, sich gegen Atomwaffen und Atomenergie auszusprechen. Wird er eng(-stirnig) ausgelegt, handelt es sich bei der konkreten Auswirkung von Armut auf Bezirksbewohner um kein Thema, das einen sogenannten "Bezirksbezug" hat.
Den Ausschlag, ob der Daumen nach oben oder unten geht, gibt natürlich die Einschätzung des politischen Nutzens des Antrages durch die Mehrheitsfraktion.

SPÖ lässt das Frieren kalt

Für die SPÖ ergaben sich theoretisch drei Möglichkeiten, sich zu Verhalten:
1) Den Meinungs- und Willensbildungsprozess einer Debatte zuzulassen und den Antrag zu unterstützen. Das Ergebnis wäre ein starkes Zeichen sozialen Verantwortungsbewusstseins gewesen, das wahrscheinlich eine bezirksüberschreitende Beachtung gefunden und die FPÖ isoliert hätte, da ÖVP und Grüne ihre Zustimmung zu erkennen gaben.
2) Die Möglichkeit der Zulassung des Antrags, bei gleichzeitiger Ablehnung bei der Abstimmung hätte SPÖ und FPÖ als Seelenverwandte im Umgang mit den sozial Schwächsten der Gesellschaft erscheinen lassen. Das hätte die SPÖ MandatarInnen aber in einen fundamentalen Widerspruch zu ihrem Vorsitzenden, Herrn Faymann, gebracht, der als Reaktion auf die Forderung Landaus gemeint hatte: "die Stärke einer Gesellschaft zeigt sich auch darin, wie sie mit den Schwächsten umgeht."
3) Blieb also nur die dritte Möglichkeit, den Antrag nicht zuzulassen, ein Vorgang, der nicht nur vom Vertretern der KPÖ als Ausdruck sozialer Kälte und Ignoranz empfunden wurde sondern auch bei anderen BezirksrätInnen empörte Reaktionen hervorrief. Nicht hör- aber sichtbar war, dass sich auch einige SP-KollegInnen nicht wohl in ihrer Haut fühlten.

Die im Dunklen sieht man nicht

Dass seitens der SPÖ kein Interesse besteht, dass die Kritik an der Praxis der Zwangsabstellung der Energieversorgung eine größere Öffentlichkeit erreicht, ist verständlich, handelt es sich dabei doch um die Spitze eines viel größeren und größer werdenden Eisberges. Der Sprecher von Wien Energie gab zu, dass die 50.000 Vereinbarungen über Ratenzahlungen , die es mittlerweile mit finanziell benachteiligten Kunden gibt, "ein „Riesenthema" in der Stadt sind. Über die Zahl der von Abschaltungen Betroffenen hält er sich bedeckt. Informationen darüber würde auch die als extrem teuer und ungerecht empfundenen Wiedereinschaltgebühren ins Gerede bringen. Und in der Folge zwangsläufig zu einer Debatte über die humane Alternative "Energiegrundsicherung" führen.

Der besondere Margaretner „Bezirksbezug:“

Pikanterweise ist der Margaretner Bezirksvertretungsvorsitzende Mag. Stephan Stüger (SPÖ) Mitglied des Aufsichtsrats der Wien Energie GmbH. Es ist davon auszugehen, dass er die Zahl der Leistungsunterbrechungen kennt und weiß, welchen sozialen Sprengstoff dieses Thema in sich birgt. Im Falle eines mehrheitlich angenommenen Resolutionsantrags hätte er diesen der Margaretnerin, Vizebürgermeisterin und amtsführenden Stadträtin für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke, Renate Brauner, übermitteln müssen, die als Eigentümervertreterin die politische Macht hat, das Sperrverbot zu erlassen. Und hätte Frau Brauner den politischen Willen dazu, hätte sie das Sperrverbot längst durchgesetzt.

Wann die Renate net will, nutzt das gar nix?

Bleibt die Frage, ob die vorweihnachtliche Forderung nach dem Verbot der Energieabschaltung des Wiener Caritaschefs an die politischen Kräfte in der Stadt, die er immer nach Bekanntgabe des neuesten Armutberichts stellt, nur ein herzerwärmendes Ritual bleiben wie das alljährliche Punschtrinken oder ob eine Allianz zivilgesellschaftlicher Kräfte, engagierter, mutiger Journalisten und Parteienvertreter, die über den Tellerrand ihrer eigenen Partei hinausschauen können, ein Verbot tatsächlich durchsetzen können. Dass Grüne und ÖVP in Margareten dem Resolutionsantrag zugestimmt hätten, zeigt, dass dieses Unterfangen nicht aussichtlos erscheint. Ob sie in der Lage sein werden, die Forderung auch zu jener ihrer Gemeinderatsfraktionen zu machen, wird sich zeigen.

P.S.: Am besten wäre es natürlich, wenn im nächsten Gemeinderat eine neue Kraft vertreten ist, die die sozialen Probleme in der Stadt ohne neoliberalen Balken im eigenen Auge sieht und die nicht die Debatte über das Verbot von Zwangsabschaltungen für unzulässig hält, sondern das Zulassen unerträglicher und unmenschlicher Verhältnisse in der Stadt.