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Schickers "heldenhafter" Kampf gegen Privatisierung ist eine Schimäre

  • Friday, 30. September 2011 @ 12:41
Wien-Politik In einer ganzseitigen – sicherlich kostenintensiven - Anzeige in der Tageszeitung „Österreich“ nimmt Stadtrat Rudi Schicker zur Kritik von ÖVP und FPÖ an den per 1.1.2012 auf die Wiener Bevölkerung zukommenden nicht unerheblichen Tarif- und Gebührenerhöhungen Stellung.

Grundlage dieser Erhöhung ist das von der SPÖ-Alleinherrschaft im Jahre 2007 verabschiedete sogenannte „Valorisierungsgesetz“. Dieses besagt, dass Tarife und Entgelte automatisch, also ohne politische Diskussion im Gemeinderat, angepasst bzw. erhöht werden können. Herr Schicker behauptet in der Werbeeinschaltung, dass es der Opposition bei der Ablehnung der Erhöhungen nicht um das Wohl der Wienerinnen und Wiener ginge, sondern stecke hinter deren Kritik der Versuch, eine schleichende Privatisierung öffentlicher Leistungen in Gang zu bringen, nach dem Motto: wenn die Gemeinde kein Geld hat, muss sie eben Gemeindebetriebe verkaufen. Nun kann man dem Stadtrat durchaus Recht geben: ÖVP/FPÖ arbeiten genau in diese Richtung und würden auch gerne so handeln.

Schicker ist dieser Scheinopposition zutiefst dankbar, weil sie ihm mit ihrer Kritik eine Plattform verschafft haben, vom eigentlichen Kern des undemokratischen Valorisierungsgesetzes und den bisherigen, ohnehin bereits stattgefunden Privatisierungen abzulenken. Auch die KPÖ ist gegen die Tariferhöhungen. Sind wir also nach der Logik von Herrn Schicker und seiner SPÖ-Führung auch für die Privatisierung öffentlicher Versorgungsleistungen? Sicherlich nicht.

Zunächst stellt sich für uns die Frage ähnlich wie im öffentlichen Wohnungsbau: was nützt dieser, wenn er trotz öffentlicher Förderung für die kleinen bis mittleren Einkommen einfach nicht mehr leistbar ist. Was nützt also sogenannte „Versorgungsqualität“ (Schicker!), wenn sie für einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr oder nur unter großen finanziellen Opfern zugängig wird? Da stellt sich doch die Frage: „Versorgungsqualität“ für wen? An wen wendet sich also Schicker mit dieser Eigenwerbung und mit den dabei ganz offensichtlichen Falschaussagen? Natürlich darf man davon ausgehen, dass ein gut situierter Mittelstand keine Probleme mit den Tariferhöhungen hat, Hauptsache die Versorgung auf Kosten aller ist genügend gesichert. Und an das ein wenig verunsicherte eigene Parteivolk gewandt findet Schicker die entsprechenden Worte: „Mit der SPÖ werde es keinen Ausverkauf der gut funktionierenden Öffis, des Wiener Wassers oder der Gemeindebauten geben. Die Gebührenanpassung sorgt somit dafür, dass öffentliche Dienstleistungen auch künftig in hoher Qualität angeboten werden können“.

Diese starken Worte gegen den Privatisierungswahn tun der Parteibasis gut. Lenken Sie doch kurzfristig, von den seltsamen und verlustreichen Crossborder Leasingverträge mit USA-Spekulanten z.B. bei den Wiener Öffis oder beim Wiener Kanalnetz ab. Mit der Vergesslichkeit spekuliert wird auch was die Umwandlung der Wiener Stadtwerke in eine AG, die Ausgliederungen von Wiener Wohnen, Wiener Krankenanstalten, Fonds soziales Wien, etc.,anbelangt, also alles Vorbereitungsschritte für spätere Privatisierungen, wo im übrigen dann dieselben Beamten als bestens dotierte Aufsichtsräte und Führungskräfte landen. Korruption und Selbstbereicherung beginnt meist, und dem sollte sich eigentlich jede/r Verantwortliche stellen, wenn sie nicht von vornherein Auslöser war, mit der Umwandlung öffentlichen Eigentums in privates, das ist vielfach ein objektiver Prozess.

Schickers „heldenhafter“ Kampf gegen Privatisierung ist eine Schimäre und soll nur die unglaublichen Gebührenerhöhungen rechtfertigen. Leeres Geschwätz also auf Kosten der SteuerzahlerInnen.

Schon allein die Tatsache, dass Gebühren und Entgelte mittels Valorsierungsgesetz quasi aus dem Gemeinderat ausgelagert wurden, weist auf schwerwiegende demokratische Defizite hin. Und ohne demokratische Kontrolle ist die Gemeinde langfristig – gewollt oder nicht - den wild gewordenen Finanzmärkten ausgeliefert und damit erst recht auf die Privatisierungschiene gebracht.

Der eigentliche Weg zur Finanzierung der öffentlichen Versorgung könnte und müsste doch über die rigorose Besteuerung des unermesslichen vorhandenen Reichtums gehen. Es ergibt keinen Sinn, an der Gebührenspirale für alle zu drehen und so immer mehr Menschen den Zugang zur öffentlichen Versorgungsleistung zu verunmöglichen. Der von Schicker bemühte Spruch: „Auf öffentliche Leistungen ist Verlass“ wird so zu einer entbehrlichen Sprechblase.

Ein letztes Wort noch zu den jetzt von den Medien so hochgespielten Auftrags-Inserate-schaltungen: in Wien ist es seit Jahrzehnten Gang und Gäbe die Medien „aufzufüttern“. Erinnert sei nur an ein besonders widerliches Beispiel aus dem Vorjahr: die sogenannte „Volksbefragung“. Hier sind Millionen EUROS faktisch als Vorwahlkosten aus dem allgemeinen Budget – getarnt als Entscheidungs-Information – in die Medien geflossen. Seriöse Berechnungen haben nachgewiesen, dass in den Jahren 2005 – 2010 über die diversen Magistratsabteilungen rund € 400 Millionen an Eigenlob, vielfach getarnt als „Sach- und Eventinformation“, für wohlwollende Berichterstattung in die diversen Medien geflossen sind. Der jetzige scheinheilige „Aufschrei“ bestimmter, offensichtlich bei der „Auffütterung“ übergangenen Mediengruppen beweist einmal mehr, wie weit sich diese Stadtregierung samt Medien in einem immer tiefer werdenden Sumpf schon begeben haben.

Josef Iraschko, Bezirksrat der KPÖ in Wien-Leopoldstadt