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Ein Rotes Fahnenmeer: Friedliche Kapitalismuskritik im Sonnenschein

  • Wednesday, 8. June 2011 @ 12:04
Die gestrige Demonstration gegen das Regionalforum des WEF in Wien, an der auch die KPÖ teilnahm, war im Vorfeld bereits durch die Polizeiführung in Presseaussendungen zu einer Art Bürgerkrieg unter Beteiligung "ausländischer gewaltbereiter Chaoten" hochstilisiert worden. Bereitwillig sprangen Boulevard und selbsternannte Qualitätsmedien auf den Zug auf und verbreiteten vorab täglich aufs Neue Angst und Schrecken.

Als die AktivistInnen sich gegen 15 Uhr am Yppenplatz einfanden, standen ihnen nicht nur cirka 60 Busse voll mit PolizistInnen aus den Bundesländern gegenüber, sondern auch eine ganze Armada an Reportern und Fotografen. Manche von Ihnen wirkten wie Kriegsberichterstatter - und damit völlig deplatziert auf einer Demonstration, die sich vor allem durch ihre Friedlichkeit auszeichnete. Wie sehr die Journaille das völlige Ausbleiben von Krawall und Randale enttäuschte, zeigt sich bei der heutigen Berichterstattung in teils hämischen Kommentaren.

In einer kämpferischen Rede an die TeilnehmerInnen wies KPÖ Bezirksrat Josef Iraschko auf die Fehlleistungen der Medienvertreter im Vorfeld ebenso hin, wie auf die Tatsache, daß Kapitalismuskritik in einer Demokratie auch auf der Strasse stattfinden dürfen muss.

Während des Demonstrationszuges war nicht nur das Meer an roten Fahnen und das immense Polizeiaufgebot bemerkenswert - das Interesse der Bevölkerung an den Protesten ging klar über Neugier hinaus: Unsere Flugblätter waren nach kurzer Zeit vergriffen.

Über alle ideologischen Unterschiede hinweg haben die TeilnehmerInnen aus vielen Bereichen des linken Spektrums gestern ein positives Beispiel abgegeben. Kriegstreiberei kann man nicht mit Gewalt bekämpfen. Und wenn einige hundert mit roten Fahnen friedlich gegen den Kapitalismus demonstrieren, und der Staat reagiert mit einer mehrfachen Übermacht an Beamten, Hubschraubern, Eurofightern und verdeckten Ermittlern, Spürhunden und Kamerateams, dann ist dieser gewaltlose Widerstand effektiv: Denn die BürgerInnen sehen, von welcher Seite die Gewaltandrohung ausgeht. Und die Kosten für den wahnwitzigen Einsatz dürfen sie obendrein bezahlen.

"Mit dem Geld, das die hier verpulvern könnte man locker allen Mindestpensionisten wieder mal einen anständigen Heizkostenzuschuss auszahlen!", ärgerte sich ein Ottakringer Passant am Rande der Veranstaltung über das Heer an Polizisten.

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Für die Zukunft muss sich die Linke in Österreich etwas einfallen lassen, um der Angstmache in den Medien entgegen zu treten - und auch über eine breite und effektive Mobilisierung muss nachgedacht werden.

Nikolaus Lackner Foto: Hannes Regner