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"Österreich ist geil!"

  • Thursday, 21. April 2011 @ 10:38
Wir erleben turbulente Zeiten. Während die Volkspartei mit aller Kraft an ihrem Marsch in die politische Bedeutungslosigkeit zu arbeiten scheint, grübelt die Sozialdemokratie über die beste Strategie, um den Aufstieg der Freiheitlichen zur stärksten Kraft im Land zu stoppen. Derweil fragen sich die Grünen, wieso ihnen der Fukushima Effekt nicht in den Umfragen hilft und das BZÖ übernimmt freigewordene Positionen und Wähler des "Saubermanns" Hans Peter Martin. Ein satirischer Kommentar.

ÖVP: Zu geil für diese Welt?

Man könnte schon fast glauben, die Partei von Michael Spindelegger hat es sich zum Ziel gemacht, mit grösstmöglicher Geschwindigkeit zu implodieren. Wie sonst ist es zu erklären, daß man eine so wichtige Agenda wie Integration in die Hände eines politischen Witzbolds legt? Nein, daß Sebastian Kurz so jung ist, ist nicht das Problem. Die Einbindung der jungen Generation in die Regierung wäre ja grundsätzlich zu begrüssen. Schon eher an seiner Qualifikation zu Zweifeln beginnt man, wenn man sich so ansieht, womit er bislang aufgefallen ist. Da wäre zum Beispiel sein Antrag im Wiener Gemeinderat auf Herabsetzung des Alters bei Ordensverleihungen. Neben parteiübergreifendem Gelächter erntete er maximal innerparteiliches, väterliches Schulterklopfen und den Rat, sich künftig andere Betätigungsfelder zu suchen. Dann kam der Wiener Wahlkampf letzten Herbst und Sebastian Kurz lief zu Höchstform auf. Auf sein Konto ging die "Schwarz macht geil" Kampagne, und er fuhr tatsächlich mit einem schwarzen Spritfresser und halbnackten Kommerzialratstöchtern im Fonds von Party zu Party. ( Österreichs neuer Integrationsstaatssekretär im Original): Manche behaupten ja ernsthaft, Strache hätte den Kurz als Doppelagenten in die ÖVP eingeschleust, um ihm so konservative Stimmen zuzutreiben. Praterdome statt Parlament.

Die Mizzi ist endlich wieder für den Schotter zuständig

Eine Oberösterreicherin kehrt zu ihren Wurzeln zurück. Schotter und Kies. Viele atmeten erleichtert auf, als Fekters Abschied aus dem Innenministerium ruchbar wurde. Das Aufatmen war indes von kurzer Dauer, denn die Rolle der rechtsaussen-Stürmerin wurde von Schattenkanzler Erwin Pröll mit Johanna Mikl-Leitner nachbesetzt. Viele befürchten eine damit einhergehende Verschärfung der Gangart. Nicht umsonst trägt die Dame in Niederösterreich den Spitznamen "Mi - Lei", welcher phonetisch nicht ganz unabsichtlich an den Ort eines Massakers im Vietnamkrieg erinnert.

Justizias schwarze Augenbinden

Nicht einmal die Serie von Weisungen und darauf folgenden Hausdurchsuchungen konnte der Ex-Bawag-Richterin Bandion-Ortner helfen. Sie hat gekämpft wie eine Löwin, gegen die Tierschutzterroristen ebenso wie gegen die lästigen Fragen des ZIB Moderators Wolf. Das alles nutzte nichts, selbst die Staatsanwälte und Richterkollegen entzogen ihr medienwirksam das Vertrauen. Die Ersatzbündlerin Beatrix Karl hat sich ja bereits im Bildungsministerium durch ihre besitzstandswahrende und bürgerferne Inkompetenz ausgezeichnet. Mit derartigen Qualifikationen ist sie geradezu prädestiniert für die schwarze Augenbinde Justitias. Ob die vielen auf Eis liegenden Ermittlungsverfahren gegen die Kassierer, Lobbyisten und Stifter mit schwarzem Parteibuch dadurch beschleunigt werden, darf bezweifelt werden.

Das Schweigen der Braunen

Strache ist verdächtig leise dieser Tage. Nicht ohne Grund, kann er doch auf viele neue Proteststimmen hoffen, wenn er nicht den Fehler begeht, die Wahrheit zuzugeben. Zum Beispiel, daß vorige Woche sein ehemaliger Wehrsportgruppenkamerad Küssel verhaftet wurde. Oder daß in Martin Graf´s Internetblog kurz darauf tagelang "Freiheit für Gottfried Küssel" zu lesen war. Auch die permanenten Beteuerungen überhaupt gar keine Nazis in den eigenen Reihen zu haben, wirken momentan nur wie halbherzig herabgeleierte Mantras. Ob man nervös ist, weil nun im Nazieck so viele Festplatten beschlagnahmt wurden? Oder wegen der personellen Überschneidungen bei RFJ und AlpenDonau.info?

Da schickt man schon lieber den jungen Platzhalter Johann Gudenus vor, um den rechten Rand zu beruhigen. Mit einem ganzseitigen Inserat in der Kronenzeitung wird in analphabetentauglicher Manier empört Walter Nowotny´s Ehrengrab gegen staatlich verordnete Grabschändung durch die linkslinke Gutmenschin Maria Fekter verteidigt. Daß diese geschichtsrevisionistische Anzeige 21.200,- Euro gekostet hat, wird die "kleinen Leute" aber freuen. Endlich haben sie was greifbares in der Hand, um zu sehen wie sozial die FPÖ ist. Sogar weit über den Tod hinaus heisst ihre Ehre Treue.

Die Antwort der SPÖ: Häupls Sohn geht ins Solarium

Von der Sozialdemokratie hätte man eigentlich mehr Kampfgeist erwartet. Aber um die waidwunden Lodenträger in der Koalition nicht noch zusätzlich mit Kritik oder gar Führungsstärke zu beeinträchtigen, bastelt man schon an der Zukunft der Partei. Michael Häupls Sohn übernimmt die Jugendagenden. Und will vor allem im Solarium neue Jungwähler gewinnen. Körperkult und Sonnenbräune, ein Programm das man wohl vom Petzner abgekupfert hat. Unser Kanzler Faymann grinst hingegen etwas schmallippiger dieser Tage. Kopfzerbrechen scheint ihm vor allem zu bereiten, wie wenig von seinen Abgeordneten noch übrig blieben, wenn man die strengen europäischen Regeln zur Korruption und Lobbying auch in Österreich zur Anwendung bringen würde. Auch deshalb so wenig rosarote Kritik an den schwarzen Kassierern. Die rettenden Versorgungsposten in staatsnahen Betrieben gehen mittlerweile ebenfalls zur Neige, schliesslich hat man ja schon fast alles privatisiert oder gegen die Wand gefahren.

Auf der Suche nach dem grünen Zweig

Daß Koalitionsregierungen für den Juniorpartner kein Wunschkonzert sind, beweisen die Grünen in Wien nun täglich aufs Neue. Aus den vollmundig versprochenen billigen Öffis werden wahrscheinlich Fahrpreiserhöhungen der Wiener Linien. Auch die Baustelle Wiener Wahlrecht mausert sich zu einer Nestroy´schen Operette. Der Notariatsakt lässt grüssen. Und obwohl die Chefin Eva Glawischnig schon in ihrer Doktorarbeit den nächsten Super-Gau relativ zeitnah vorausgesagt hatte, verweigern die Wähler offenbar einen "Fukushima - Effekt" wie in Deutschland.

Weisse Westen und braune Zitrusfrüchte

Hans Peter Martin hat wieder einmal einen Mitstreiter verloren. Es ist nicht der erste. Bis jetzt sind noch alle seiner Listenkollegen im Streit ums Geld von ihm geschieden. Die Kronenzeitung, der Ziehvater dieser seltsamen Ein-Mann-Partei, berichtet darüber eher verschämt und nur so nebenbei. Morgenluft wittert hingegen die Partei der Solariumgebräunten Schnellfahrer und rechtskräftig Verurteilten Mandatare: Das BZÖ sieht sich in einer Umfrage mit 7% im Nationalrat. Dumm nur, daß diese Umfrage ein statistischer Ausreisser nach oben ist, denn überall sonst krebst man nach wie vor bei rund 4% herum, was in etwa den Stimmen der nordslowenischen Haider - Wallfahrer entpsricht. Ausserhalb des von der Sonne entwöhnten Bundeslands versucht man nun, die von Hans-Peter Martin hinterlassene Glaubwürdigkeitslücke mit eigenen sinnfreien Parolen wie "Genug gezahlt!" zu füllen.

Bei soviel Realsatire kann einem schon so manches Lachen im Halse stecken bleiben. Statt jedoch so zu tun, als gäbe es keine andere Möglichkeit als schicksalsergeben auf die nächste Posse der Mächtigen zu warten, könnte man auch Widerstand leisten. Am besten dort wo er noch gehört wird - im Kreise der Bekannten und Verwandten. Denn im Gegensatz zu manchen politischen Demonstrationen sind Flüsterwitze in Österreich noch nicht verboten.

Nehmen wir die Situation im Land also mit Galgenhumor und akzeptieren wir die (Geld-)Geilheit der schwarzen Politiker zumindest bis zum nächsten Kreuzerl an der Wahlurne. Ich nehme mir da jedenfalls einen dunkelroten Stift mit.

Samuel Edelstein