Willkommen bei KPÖ Wien Tuesday, 28. December 2021 @ 18:46

Sozialpolitik a la SPÖ: Fonds Soziales Wien führte Miete für Obdachlose ein und nennt sie "Nächtigungsgebühr"

  • Wednesday, 22. September 2010 @ 08:28
Wiener Wahlen 2010 Nächtigung in Notbetten umsonst? Das war einmal...

Von Robert Sommer

Die am 1. September 2010 eingeführte Mindestsicherung, die die Sozialhilfe und andere Unterstützungen ersetzt, enthält im Regelfall 186 Euro für den monatlichen Wohnbedarf. Die Gemeinde Wien bzw. ihre, für die Wohnungslosenhilfe zuständige Gesellschaft Fonds Soziales Wien (FSW), wollen sich einen Großteil dieses Betrages von den Ärmsten der Armen zurückholen. Damit bedeutet die Mindestsicherung für die Betroffenen eine Verschlechterung.

4 Euro pro Nacht, das sind 120 Euro im Monat, werden ab sofort von Obdachlosen verlangt, die sich in den Nachtquartieren der Caritas, des Roten Kreuzes, des Arbeiter Samariter-Bundes und der städtischen Gesellschaft «Wieder Wohnen» vor der Winterkälte schützen. In der Regel bestehen diese Notquartiere aus Kabinetten mit fünf Betten, die in der Früh verlassen werden müssen. Ein Schutz der Intimität ist unmöglich. Unter solchen Bedingungen zu übernachten, ist definitiv nicht WOHNEN. Dafür den Wohnkosten-Anteil der Mindestsicherung zu kassieren, ist illegal.

Für eine Koje mit 5 Betten, um bei unserem Beispielfall zu bleiben, werden 600 Euro (5 mal 120) im Monat verlangt. Das entspricht der Miete für eine gut ausgestattete durchschnittliche Wohnung in guter Lage.

Der Caritas und den genannten weiteren Trägereinrichtungen, die die Nachtquartiere verwalten, aber vom FSW subventioniert werden, ist ihre völlige Abhängigkeit von der Stadt vorgeführt worden. Sie sind gezwungen, diese am 1. September in Kraft getretene «Reform» zu exekutieren; ihre Einwände wurden ignoriert. Der Sprecher der Caritas-Wohnungslosenhilfe erklärte dem Augustin, seine Organisation habe immerhin durchsetzen können, dass die Notbetten in den ersten 2 Monaten gratis benutzbar bleiben.

Die wichtigsten Einwände:

  • Die Zahl der Menschen, die auf der Straße übernachten, wird wegen der Einführung der Nächtigungsgebühr größer werden. Vor allem für Suchtkranke wird die Gebühr eine massive Barriere darstellen.
  • Die durch den Verwaltungsaufwand entstehenden Kosten stehen in keiner Relation zum erwarteten finanziellen Rücklauf.
  • Die SozialarbeiterInnen der betreffenden Nachtquartiere werden in die Rolle von Exekutoren gepresst. Die «Verfolgungsbetreuung», wie der Augustin die Konsequenz des Wandels der sozialen Arbeit von der Unterstützung der Schwächsten zu ihrer Disziplinierung und Kontrolle nennt, verliert ihre Maskeraden.

    Der Augustin solidarisiert sich mit den überrumpelten SozialarbeiterInnen der Wiener Notasyle, die in ihrer Homepage eine Unterschriftenaktion gegen die Obdachlosen-Miete starten.

    Für Rückfragen steht die Redaktion des Augustin - redaktion@augustin.or.at - gerne zur Verfügung.