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In memoriam Ferdinand Hackl

  • Saturday, 12. June 2010 @ 20:14
Ferdinand Hackl gehörte einer Generation an, die durch die Katastrophen des 20. Jahrhunderts geprägt wurden. Er gehörte aber auch jenem leider wesentlich kleineren Teil dieser Generation an, die sich diesen Entwicklungen, Krieg und Faschismus widersetzten, aktiv eingriffen und ein hohes Risiko auf sich nahmen, um eine bessere Zukunft gestalten zu können.

Die sozialen und politischen Klüfte, die die Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg durchzogen, erfuhr Ferdinand Hackl von Kindheit an. Wenige Wochen vor der Ausrufung der Republik in einem sozialdemokratischen Arbeiterhaushalt geboren, wuchs er in Ottakring auf. Und zwar zwischen der Bassena- Zimmer-Küche-Wohnung, der Straße, den sozialdemokratischen Kinder- und Jugenorganisationen und zeitweise auch in Fürsorge- und Jugenderziehungsanstalten.*


Das Wohnungselend, die Arbeitslosigkeit und Armut, die damit zusammhängende Kleinkriminalität, die Notwendigkeit schon als Kind zum Haushalt finanziell beitragen zu müssen, all das erfuhr Ferdinand Hackl als Normalität des damaligen Kapitalismus. Schon aus der Berufschule flog er wegen kommunistischer Agitation, die darin bestand, daß er empfahl einen Kommunisten als Klassensprecher zu wählen. Bei der Suche nach einer Lehrstelle stieß Hackl aber tatsächlich auf eine illegale kommunistische Betriebszelle. Die KPÖ war ja schon seit 1933 verboten.

Seit damals, 1935, war er in und mit der KPÖ politisch aktiv. Mit ihr verband er eine Perspektive des konsequenten Kampfes gegen den Faschismus. aber auch für eine sozialistische Zukunft.

1936 machte Ferdinand Hackl erstmals mit dem Polizeigefängnis Bekanntschaft, in dem er wegen kommunistischer Betätigung, konkret wegen Austragen der Roten Fahne, 5 Wochen verbringen mußte.


1937, noch keine 20 Jahre alt, gab er seine Arbeitstelle auf und meldete sich als Freiwilliger nach Spanien und gelangte im Februar 37 über den illegalen Transportapparat der KPÖ zu den Internationalen Brigaden.


Nach der Niederlage des demokratischen Spanien teilte Ferdinand Hackl das Schicksal der meisten überlebenden österreichischen Spanienkämpfer. Über die Internierungslager Saint Cyprien, Gurs und Les Milles – mehrere Fluchtversuche schlugen fehl – verhaftete ihn die Gestapo in Paris - Ironie des Schicksals - wegen einer Vermißtenanzeige seiner Eltern.


Als “Rotspanier” wie das in der Diktion der Nazi hieß, wurde Hackl aus dem Gestapo- Gefängnis in Paris nach Wien auf die Liesl und am 6.6.1941 wie die meisten österreichischen Spanienkämpfer ins KZ-Dachau überstellt. Er überlebte dank der Solidarität vieler Genossen auch die Außenlager Kottern und Fischen.


Nach der Befreiung war Ferdinand Hackl schon im August 1945 in Wien und nahm eine Stelle bei “Jugend am Werk” an. Aber bereits wenige Monate später feuerte ihn der damalige Stadtrat Afritsch wegen einer Jugendstrafe aus dem Jahr 1934.

Er arbeitete eine Zeit lang in der KPÖ und heiratete 1948. Nach einigen beruflichen Zwischenstationen kam Ferdinand Hackl 1958 in die damalige Wiener Niederlassung der sowjetischen Versicherung Garant. Er eignete sich die notwendigen beruflichen Qualifikationen an und stieg bis zum Prokuristen auf. Er blieb dort bis zu seiner Pensionierung.


Diese wenigen beruflichen Stationen schauen nach einem scheinbar ruhigen Leben nach 1945 aus. Ferdinand Hackl zog aber die Konsequenzen aus seinen Erfahrungen im Kampf gegen Faschismus und Krieg und blieb ein vielfach engagierter politischer Mensch.

Neben seiner politischen Heimat, der KPÖ, der er über all die Jahre treu blieb, gehörte er zu den Gründungsmitgiedern der Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der Spanischen Republik, war Mitglied der Lagergemeinschaft Dachau und des KZ-Verbandes.

Bis vor kurzem war Ferdinand Hackl ehrenamtlicher Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs. Und schließlich neben all diesen Verpflichtungen gehörte er Jahrzehnte lang dem Vorstand des Österreichischen Friedensrates an.


Schon allein diese Aufzählung seiner politischen Engagemants macht deutlich, wie eng verbunden er den Kampf gegen Neofaschismus und Rechtsextremismus mit dem Kampf um Frieden und soziale Gerechtigkeit sah.


Ferdinand Hackl hat sich nie in den Vordergrund gedrängt, kein höheres politisches Amt oder Amterl angestrebt. Er lebte und wirkte bescheiden, aber wirkte durch seine unaufdringliche, aber bestimmte Art auf viele Menschen, die er durch seine Erfahrung, sein historisches und politisches Wissen in seinen Bann zog.

Der Schriftsteller Erich Hackl setzte ihm ein literarisches Denkmal und 2008 erschien eine Diplomarbeit über sein Leben von Elfriede Thiem.

Wir konnten ihn noch bis vor eineinhalb Jahren bei öffentlichen Veranstaltungen der KPÖ sehen und hören, z.B.bei der 90 Jahr-Feier der KPÖ, die fast mit seinem eigenen 90er zusammenfiel, den wir ebenfalls in großem Kreis mit ihm feiern konnten.

Wenn es einen Sozialismus des 21. Jahrhundert geben wird, dann verdanken wir diesen auch politischen Kämpfern wie Ferdinand Hackl.

Ansprache von Michael Graber bei der Trauerfeier im DÖW am 10. Juni 2010