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Education Is Not For Sale! Für eine demokratische Universitätsreform!

  • Wednesday, 25. November 2009 @ 22:04
Bildung "Licht ums Dunkle" lautete das Motto der heutigen "Lichterkette ums Parlament", welche von protestierenden Studenten und Studentinnen organisiert wurde, um einmal mehr auf die Bildungsmisere aufmerksam zu machen.

Die KPÖ - die sich an der Menschenkette, die problemlos geschlossen werden konnte, beteiligte - verteilte während der Aktion auch ein Flugblatt, in dem "KPÖ Vorstellungen" von einer demokratischen Umgestaltung der Hochschulen zur Diskussion gestellt werden.

Nachfolgend der Text der Flugblatts.

Education Is Not For Sale! Für eine demokratische Universitätsreform!

Um die Funktion der Hochschulen wird zurzeit eine heftige gesellschaftspolitische Auseinandersetzung geführt. Dabei kommen die Studierenden ebenso wenig zu Wort, wie die österreichische Bevölkerung, aus deren Steuerleistung die Universitäten bezahlt werden, ihre Ansprüche formulieren kann.

Von Kapital und Regierung wird mit Verweis auf die diversen Rankings, die die österreichischen Universitäten jeweils in den 150-f.f.-Rängen verzeichnen, vor allem auf eine höhere Effizienz bei der "Produktion" von flexibel einsetzbarer, hierarchisch qualifizierter und politisch angepasster akademischer Arbeitskraft gedrängt. Das ist die Essenz aller Universitätsreformen innerhalb der EU. Die Mehrheit der Studierenden, die aufgrund von Berufstätigkeit während des Studiums bereits zu den lohnabhängigen, prekarisierten Schichten der Gesellschaft gehört, und deren Berufsperspektive erst recht in lohnabhängiger prekärer Beschäftigung besteht, hätte aber von einer kapitalkonformen, neoliberalen Universitätsreform nichts außer Leistungsdruck, Ausschluss, Dequalifizierung und autoritäre Zurichtung zu erwarten.

Demokratische Hochschulreform

Eine demokratische Umgestaltung der Hochschulen erfordert Änderungen auf allen Ebenen, den Instituten, Studienrichtungen, Fakultäten, den einzelnen Universitäten, den Universitätsgesetzen und der europäischen Gesetzgebung.

a) Quantitativ: Dass Studiengebühren und andere Zugangsbeschränkungen sozial und geschlechtermäßig ausgrenzend wirken, ist erwiesen. Der formell freie Universitätszugang reicht aber nicht aus. Notwendig ist, neben einer einheitlichen sekundären Bildungsstufe vor allem eine ausreichende soziale Absicherung der Studierenden, das heißt leistbaren Wohnraums, leistbarer Mobilität und ein Grundeinkommen bzw. die Lebenshaltung tatsächlich deckender Stipendien.

b) Dafür werden heute und in Zukunft beträchtlich mehr Mittel aufgewendet werden müssen. Der Ausbau der Universitäten wird zu einem Teil des allgemeinen Verteilungskonflikts in der Gesellschaft. Wollen die Universitätsangehörigen sich nicht in die von den Herrschenden betriebene Entsolidarisierung unterschiedlicher sozial benachteiligter Schichten einbeziehen lassen, so müssen sie sich in dieser Debatte eindeutig positionieren, das heißt die Finanzierung ihrer Forderungen zulasten der in den vergangenen Jahrzehnten exorbitant angewachsenen Profite verlangen.

c) Qualitativ: Seit den 80er-Jahren zielen zwar alle universitären Reformen darauf, die Studieninhalte auf ihre Verwertbarkeit im Sinne einer kapitalistischen Anwendung zu optimieren. Das aber ist etwas anderes als eine selbst bestimmte, sozial verantwortliche Berufspraxis. Inhaltliche Angebote, die auf eine Kritik des neoliberalen Mainstream in den Sozialwissenschaften oder auf eine kritische gesellschaftspolitische Reflexion von Natur- oder Technikwissenschaften zielten, wurden reduziert und marginalisiert. Wissenschaftlicher und demokratischer Fortschritt setzen jedoch die freie Entfaltung alternativer Diskurse voraus. Dieser wissenschaftliche Pluralismus, das heißt die Möglichkeit, den Mainstream des heutigen Wissenschaftsbetriebs auch von innen heraus durch alternative, kritische marxistische, feministische Inhalte zu kritisieren, muss politisch durchgesetzt werden.

d) Strukturell: Seit mehr als zwei Jahrzehnten laufen alle Universitätsreformen darauf hinaus, die studentische Interessensvertretung einzuschränken und die in den 70er-Jahren eingeführten Ansätze einer Mitbestimmung von Studierenden und nicht ordinierten Lehrenden abzuschaffen. Nur in einer undemokratischen Atmosphäre gedeihen elitäre, rechtsextreme und deutschnationale Ideologien. Eine umfassende Demokratisierung der Universitätsstrukturen, die Widerherstellung der Drittelparität auf allen Ebenen, die Absicherung basisdemokratischer Partizipation durch Institutskonferenzen sowie der Direktwahl der Bundesvertretung ist nicht nur hochschulpolitisch sondern vor allem auch gesellschaftspolitisch relevant.

Was heißt "Antikapitalismus"?

Die weltweite Krise verdeutlicht die Notwendigkeit einer weltweiten, gesellschaftlichen Alternative zum Kapitalismus. Antikapitalismus muss mehr als radikale Rhetorik sein.

Antikapitalismus muss sich von dogmatischen Schranken befreien und sich auf der Höhe der zeitgenössischen Gesellschaftskritik bewegen. Die von Frigga Haug vorgeschlagene "Vier in Einem Perspektive", also die gleichzeitige Berücksichtigung von klassenmäßigen, antirassistischen, feministischen und ökologischen Gesichtspunkten bei der Entwicklung von gesellschaftspolitischen Alternativen zum kapitalistischen System beinhaltet entscheidende methodologische Hinweise für die Formulierung eines solchen Antikapitalismus auf der Höhe der Zeit.