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SOS Jugendwohlwahrt - Jugendämter vor dem Kollaps!

  • Tuesday, 22. September 2009 @ 21:45
Soziales In einer Resolution fordert der Österreichische Berufsverband der SozialarbeiterInnen (OBDS) fordert politische Entscheidungsträger und Verwaltung auf, Rahmenbedingungen für professionelle Sozialarbeit zu schaffen, die dem Geist des Jugendwohlfahrtsgesetzes und fachlichen Standards entsprechen!

Als unmittelbare Maßnahmen fordert der OBDS

1. Die Schaffung von zumindest 500 Planposten für SozialarbeiterInnen in der öffentlichen Jugendwohlfahrt
2. Die Herstellung von Rechtssicherheit für die Durchführung der beruflichen Tätigkeit
3. Die Klärung der politischen Verantwortlichkeit für die bestehenden Mängel in der öffentlichen Jugendwohlfahrt
4. Die Reglementierung des Berufs Sozialarbeiter/Sozialarbeiterin durch ein Berufsgesetz

Diese Resolution ergeht an:

Bundeskanzler Werner Faymann
Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll
Staatssekretärin Christine Marek
Bundesminister Rudolf Hundstorfer
Landeshauptleutekonferenz
LandessozialreferentInnen Die Resolution des OBDS kann hier unterzeichnet werden: http://bit.ly/3luRQA

Begründung

Der tragische Fall „Luca“ war Anlass für eine Neufassung des Jugendwohlfahrtsgesetzes von 1989. In mehreren Arbeitskreisen wurde im Frühjahr 2008 von ExpertInnen mit aktiver Beteiligung des OBDS der Entwurf des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes erarbeitet. Die darin enthaltenen Qualitätsstandards hätten eine im Vergleich zu anderen Bereichen der öffentlichen Haushalte geringfügige Erhöhung der Ausgaben begründet.

Mehrere Bundesländer lösten daraufhin den „Konsultationsmechanismus“ – detaillierte Verhandlungen zwischen Bund und Ländern – aus. Dadurch sind Verbesserungen auf unbestimmte Zeit nicht zu erwarten.

Im Mai 2009 stellte die Volksanwaltschaft in ihrem Bericht fest, dass eine dem Sinn des Jugendwohlfahrtsgesetzes entsprechende Tätigkeit der Jugendämter kaum mehr möglich ist. Einer Steigerung der Fallzahlen bis zu 150% steht eine nahezu unverändert gebliebene Zahl von SozialarbeiterInnen gegenüber.

Auszug aus dem Bericht der Volksanwaltschaft: „Im Rahmen ihrer Prüftätigkeit stellte die Volksanwaltschaft fest, dass die Fallzahlen der Jugendwohlfahrtsträger Österreich weit in den letzten 15 Jahren um ca. 150 Prozent angestiegen sind. Die Planstellen wurden aber von den Ländern bei weitem nicht ausreichend erhöht. So kann heute praktisch nur mehr auf Akutfälle reagiert werden, es gibt zuwenig Personal, um Familien längerfristig zu betreuen.“ Am 10. Juni 2009 erreichte der OBDS mit einer Pressekonferenz große Medienresonanz. Damit reagierte der OBDS auf unzählige Anfragen von Mitgliedern, die eine Positionierung der fachlichen Vertretung wünschten. Dies war umso wichtiger, als einzelne Aktivitäten von KollegInnen der Jugendwohlfahrt von ihren Dienstgebern mit Repressalien und einem Maulkorberlass beantwortet wurden.

Offensichtlich besteht in einigen Bundesländern nicht das geringste Interesse, die strafrechtliche Verurteilung einer Jugendamtssozialarbeiterin in erster Instanz zum Anlass zu nehmen, die Arbeitsbedingungen einer Prüfung und Verbesserung zu unterziehen. Dies ist umso unverständlicher, als der verurteilten Kollegin seitens ihrer Vorgesetzten im Verfahren bescheinigt wurde, alle einschlägigen Richtlinien und Anweisungen befolgt zu haben.

Gesetzgeber und Verwaltung lassen zu, dass in dramatischen Fällen, in die verschiedenste Berufsgruppen (Medizin, Psychologie,...) eingebunden sind, gerade jene Fachkräfte das strafrechtliche Risiko persönlich zu tragen haben, die unter dem schwerwiegendsten personellen und materiellen Ressourcenmangel leiden. Solange die Ausübung des Berufs Sozialarbeit in der Jugendwohlfahrt mit derartigen Risken verbunden ist darf es nicht verwundern, wenn bedrohliche Burn-out Raten und hohe MitarbeiterInnenfluktuation AbsolventInnen der Fachhochschulen für Sozialarbeit von einer Bewerbung für eine Tätigkeit in der öffentlichen Jugendwohlfahrt abschrecken.

Von Politik und Medien wird in regelmäßigen Abständen die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen beschworen, bzw. die gesellschaftliche Verantwortung für das Kindeswohl unterstrichen. Die alltägliche Praxis zeigt, dass den Sonntagsansprachen keine Konsequenzen folgen. Die für die bestmögliche Sicherung des Kindeswohls zuständige Organisation, die öffentliche Jugendwohlfahrt in Kooperation mit den Freien Trägern steht am Rande des personellen und materiellen Zusammenbruchs bei gleichzeitig steigenden Erwartungen an ihre Professionalität und Effizienz.

Aus diesen Gründen fordert der Österreichische Berufsverband der SozialarbeiterInnen alle KollegInnen und alle verantwortungsbewussten MitbürgerInnen auf, diese Resolution mit ihrer Unterschrift zu unterstützen!

Gezeichnet:

Vorstand und Geschäftsführung des OBDS
September 2009

Link: http://www.sozialarbeit.at