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Zukunft Gesundheit

  • Monday, 21. September 2009 @ 07:14
Das neue Buch von Martin Rümmele (Co-Autor Andreas Freitag) fordert einen radikalen Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik: Das Ziel darf nicht sein, Krankheit zu verwalten. Ziel muss sein, die Entstehung von Krankheiten zu verhindern. Dazu müssen soziale Ungleichheiten abgebaut, die Umwelt geschützt, die Menschen vor den Folgen von Krankheit abgesichert, die Bildungssysteme ausgebaut und Wohlstand gerechter verteilt werden. Dieser Ansatz bricht auch mit dem Konzept der Eigenverantwortung, die immer dann beschworen wird, wenn eine Entsozialisierung der Gesellschaft angestrebt wird. So hat Martin Rümmele im Standard (31. August 2009) auf die Frage, wo die Eigenverantwortung bleibt, geantwortet: „Eigenverantwortung klingt so, als ob jeder tatsächlich für sich verantwortlich ist. Wir wissen aber, dass die Lebensumstände nur zum Teil von den Menschen selbst beeinflusst werden können. (...) Dieses Konzept ist gefährlich, denn am Ende werden Kranke bestraft. Gesundheit ist immer eine gemeinsame Verantwortung.“

Gerade die Lebensumstände, die individuell nur zu einem geringen Teil beeinflusst werden können, sind aber für Gesundheit ausschlaggebend. Martin Rümmele in dem bereits zitierten Interview hierzu: „Einkommen, sozialer Status, Ernährung, Bildung, Arbeitsumfeld, Umwelt. Diese Themen entscheiden über Gesundheit.“ Daher kann Gesundheitspolitik ohne einer Umverteilung von Reich zu Arm nicht erfolgreich sein. Im Vergleich dazu ist die Medizin für das Ansteigen der Lebenserwartung nur zu einem geringeren Anteil verantwortlich.

Diese Sicht auf die Gesundheitspolitik bleibt nicht unwidersprochen. Zwei Tage nach dem Interview mit dem Buchautor erschien im Standard ein großes Inserat des Verbandes der pharmazeutischen Industrie Österreichs. Medikamente verhelfen Kindern, so konnte man darin lesen, zu agilen Großeltern, zu einem langen „Leben in Würde“. „Der Preis dafür lohnt sich.“ Dieses Inserat bestätigt Martin Rümmele insoferne, da er davon ausgeht, dass die Pharmaindustrie am Status quo festhalten möchte: „Es geht um Einfluss, Geld und politische Macht. Keiner der Player im System will Veränderung.“

Martin Rümmele / Andreas Feiertag: Zukunft Gesundheit. So retten wir unser soziales System
Orac Verlag
ISBN 978-3-7015-0519-7
192 Seiten

Nächster Präsentationstermin
24. September 2009, 19 Uhr
Thalia-Buchhandlung im Einkaufszentrum Wien-Mitte
1030, Landstraßer Hauptstraße 2a/2b