Willkommen bei KPÖ Wien Tuesday, 28. December 2021 @ 18:49

Iran: Die Repression im Vormarsch

  • Thursday, 2. July 2009 @ 09:13
Um die Demonstrationen zu unterbinden holt die islamische Republik zur breiten Repression aus. Der iranischen Liga für Menschenrechte zufolge hat das iranische Regime in den vergangenen zwei Wochen mehr als 2.000 Menschen verhaftet. Zahlreiche StudentenführerInnen, anerkannte ArbeiteraktivistInnen und auch JournalistInnen gehören zu den Gefangengenommenen.

Wie aus zahlreichen Quellen zu erfahren ist, werden die Häftlinge wiederholt gefoltert. Mehrere hohe Würdenträger des Regimes und Führer der Pasdarans (Revolutionsgarden) verlangen, dass die Meuterer zum Tode verurteilt und hingerichtet werden, "um all jenen, die die Ordnung und Stabilität der islamischen Republik in Frage stellen wollen, eine Lektion zu erteilen." Es werden mehr als 200 Tote gezählt, hunderte Verletzte und Vermisste. Das Ausmaß der Repression hat das Streben der Jugend, der Frauen und der iranischen ArbeiterInnen nach demokratischen Freiheiten nicht ersticken können. Der Widerstand passt sich an die Bedingungen der Repression, die in vollem Ausmaß weitergeht, an. Die Machthaber versuchen, die Mobilisierungen zu behindern und jegliche Versammlung zu verhindern. So haben die Familien die größten Schwierigkeiten, die Beisetzungsfeierlichkeiten für ihre getöteten Demonstranten zu organisieren.

In Teheran fanden am 28. Juni erneut Demonstrationen statt. Mehr als 3.000 DemonstrantInnen haben sich mit den Bassidschis (freiwillige islamische Miliz, die den Revolutionsgarden unterstehen) und Pasdarans mehrere Stunden hindurch Kämpfe geliefert. Augenzeugenberichten zufolge haben die Ordnungskräfte nicht gezögert, die Demonstranten bis in ihre Wohnungen hinein zu verfolgen, in denen sie Zuflucht gefunden hatten. Mehrere Stadtteile waren von den Revolutionswächtern hermetisch abgeriegelt worden, indem sie daraus einen regelrechten Belagerungszustand machten. Zum ersten Mal waren die hohen Pasdaranoffiziere als Drahtzieher der Repression auch sichtbar. Jeden Tag gibt es neue Protestaktionen auf der Straße. Am 29. Juni hat die Bevölkerung versucht, eine Menschenkette, die Teheran vom Süden (ärmeren Vierteln) bis zum Norden (reichere Viertel) verbindet, zu bilden.

In zahlreichen Städten versucht die Bevölkerung zu demonstrieren und liefert sich regelmäßig Auseinandersetzungen mit den Anti-Meuterei-Kräften - den Bassidschis und den Lakaien des Regimes.

Um der durch die Machthaber hervorgerufenen Gewalt zu entgehen, versucht die Bevölkerung andere Wege, um die direkte Konfrontation zu vermeiden. Die Streikaufrufe, einschließlich des Generalstreiks, sind zahlreich, aber die Repression und das Fehlen unabhängiger gewerkschaftlicher Strukturen bremsen vorerst die Ausweitung der Bewegung.

Durch die Repression wird die politische Krise nur vertieft. Die Unterstützung des Führers Ali Khamenei für Achmadineschad schwächt paradoxerweise das politische System. Da der Führer erklärt hatte, dass die Wiederwahl Achmadinedschads ein „göttliches Wunder“ war, hat er die Idee verstärkt, wonach der Führer der Repräsentant der göttlichen Macht sei. Kamenei hat eine tiefe Krise an der Staatsspitze hervorgerufen und er steht fortan an vorderster Front gegen die Demonstranten. Die islamische Republik, die jegliche ideologische Legitimität verloren hat, hält sich nur mehr durch Gewalt an der Macht. Und das Neue daran ist, dass sich die verschiedenen Clans nicht mehr in der Lage sehen, einen Kompromiss zu finden.

Das iranische Volk soll mit den „Reform“-Führern, die den institutionellen Rahmen aufrechtzuerhalten suchen, das Auslangen finden. Die derzeitige Mobilisierung ist nicht der Ausdruck einer Unterstützung von Mussawi, sondern drückt den Willen der Bevölkerung aus, mit der islamischen Republik im Gesamten aufzuräumen. Die Bresche ist geöffnet und die Appelle an die Einheit und die Denunzierungen als "Komplott aus dem Ausland" werden dieser Krise kein Ende setzen. Wenn das iranische Volk jegliche imperialistische Einmischung zurückweist, so ist es nicht länger bereit, eine reaktionäre, brutale, korrumpierte, theokratische Macht zu akzeptieren. Mehr denn je müssen sich die demokratischen, antikapitalistischen, antiimperialistischen und feministischen Kräfte auf die Seite des iranischen Volkes stellen.

Babak Kia, 1. Juli 2009

Quelle: www.npa2009.org

Übersetzung: Johann Schögler