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Zehn Schritte, um die Welt zu zerstören

  • Wednesday, 3. June 2009 @ 14:16
Österreich Wir schreiben das Jahr 1989: Durch den Zerfall der sozialistischen Staaten fällt die Systemkonkurrenz weg. Die „soziale Marktwirtschaft“ entledigt sich ihres Eigenschaftswortes. Überall wird dereguliert, liberalisiert und privatisiert, der Sozialstaat zurückgeschraubt. Der damit verbundene Übergang von Macht und Gestaltungsmöglichkeiten von der gewählten Politik hin zur Wirtschaft läuft auf eine schleichende Entdemokratisierung hinaus. Viele Länder des Südens werden gezwungen, zur Schuldenabdeckung auf „cash crops“ - also Exportprodukte - umzusteigen und geben damit die Eigenversorgung mit Lebensmitteln auf.

Ein Beitrag von Heinz Högelsberger Hinzu kommt die Globalisierung, also der weltweite Wettbewerb. Voraussetzung dafür sind möglichst geringe Umwelt- und Sozialstandards, sowie niedrige Transportkosten. Bisheriger Höhepunkt ist der Zynismus rund um Agrotreibstoffe, wo die Hungernden der Welt mit den AutofahrerInnen der Industriestaaten in den Wettbewerb um Lebensmittel treten. Wer hier gewinnt - hauptsächlich die Agrokonzerne – steht schon im vornherein fest. Eine simple Faustregel besagt: Das Getreide, das für eine Tankfüllung notwendig ist, ernährt ein Kind für ein ganzes Jahr!

3. Diese Globalisierung und gezielte (Steuer)-Politik sorgt dafür, dass die Lohnquote permanent fällt. Die Reichen werden unverhältnismäßig reicher, die Ärmeren und der Mittelstand verlieren. Das senkt zwar die Massenkaufkraft, aber das reichliche und rasch wachsende Kapital der Wohlhabenden sucht fieberhaft nach Anlagemöglichkeiten – Aktienkurse und Immobilienpreise steigen permanent. Die Wirtschaft boomt, die Konzerne verzeichnen Rekordgewinne, der Ausstoß an Treibhausgasen steigt an - aber die breite Masse geht weiterhin leer aus. Auch der immer offensichtlichere Klimawandel ist typisch für diese Umverteilung von unten nach oben: Vom reichen Lebensstil verursacht, sind die Folgen für die Ärmsten der Welt am härtesten und tödlichsten.

4. Was jeder Mensch mit Hausverstand früher oder später erwartet, überrascht Politiker, Manager und Wirtschaftswissenschaftler gleichermaßen: Die Blase platzt! Der Wachstums-Boom geht abrupt zu Ende, die große Wirtschaftskrise folgt.

5. Diese Rezession ist eine Systemkrise des Kapitalismus im Allgemeinen und eine des Neoliberalismus im Besonderen. Doch man versucht der Bevölkerung weiszumachen, dass nur die Gier und Charakterschwäche einiger Manager von US-Geldinstituten das ganze Schlamassel verursacht haben.

6. Folgerichtig werden genau jene Personen und Institutionen, die durch ihre neoliberale Ideologie die Krise ermöglicht und verursacht haben, als Retter herangezogen. Die Brandstifter fungieren als Feuerwehr! Damit ist sichergestellt, dass aus der Krise nichts gelernt wird. Es wird weder der Kapitalismus ernsthaft in Frage gestellt, noch mehr Gerechtigkeit verlangt. Es wird auch nicht der Wachstumsfetischismus und unsere umweltzerstörende Art des Wirtschaftens hinterfragt.

7. Während die Gewinne der letzten Jahre in private Taschen wanderten, werden die Verluste vergesellschaftet. Der Staat – und damit die SteuerzahlerInnen - springt überall ein. Selbst hartgesottene Neoliberale rufen nach einem starken Staat - wenn es ums Zahlen geht. Der normale Staatsbürger zahlt dreifach drauf: (1) Als Opfer der Krise, (2) als unfreiwilliger Geldgeber und (3) als Leidtragender von Einsparungen eines bald bankrotten Staates. Besonders dramatisch sind die Auswirkungen der Wirtschaftskrise in den armen Ländern. Man erwartet, dass das BIP in Afrika heuer regelrecht abstürzen wird.

8. Mit viel Steuergeld werden obsolete und nicht mehr zeitgemäße Produkte und Dienstleistungen künstlich am Leben gehalten. So hat sich die Autoindustrie jahrelang erfolgreich gegen strengere CO_2 -Vorgaben gesperrt und die Elektromobilität blockiert. Aus der selbstverschuldeten Krise soll ihr aber wieder der Steuerzahler helfen. Stichwort: Abwrackungsprämie. Aber auch der Schuldenerlass für die AUA oder der forcierte Autobahnbau gehen genau in die falsche Richtung. Dafür werden die Mittel für den Klimafonds gekürzt. Man verabsäumt somit, die Krise als Chance für einen ökologischen Wirtschaftsumbau zu nutzen. Denn gerade bei niedrigen Öl- und Rohstoffpreisen ist eine ökologische Steuerreform wichtig und leicht durchführbar. Die vielen Milliarden für diverse Konjunkturpakete hätte in umwelt- und klimarelevante Maßnahmen gelenkt werden können: Also Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und der erneuerbaren Energiequellen, Wohnraumsanierung, eine Energie-Effizienz-Revolution usw. Stattdessen wird Klimaschutz als Bürde gesehen, die man sich in Zeiten der Krise nicht leisten kann und will. So soll ein neues UVP-Gesetz die BürgerInnenrechte und den Umweltschutz noch weiter einschränken. Mit einer eigenen „Lex-Verbund“ will man Kraftwerksprojekte „im öffentlichen Interesse“generell ungeprüft durchwinken.

9. Mit der Killerphrase „Keine neuen Steuern“ soll jede Diskussion über sogenannte Reichensteuern und mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft abgewürgt werden. Damit wird ganz gezielt auf dringend notwendige Einnahmen für den Staat verzichtet und die Verschuldung in die Höhe getrieben. Das Kalkül dahinter: Bei einem in den Bankrott getriebenen Staat hat man wenig Erklärungsbedarf bei der Kürzung von Sozialleistungen. Andererseits schafft solch eine Situation einen willkommenen Anlass, zwecks Budgetsanierung noch die letzten Reste des Familiensilbers zu verkaufen. Kandidaten für einen weiteren Privatisierungsschritt könnten die Gütertransporsparte der ÖBB, sowie die verbliebenen Staatsanteile von Verbund und OMV sein. Auf die stark steigende Arbeitslosigkeit könnte man ja auch mit gerechter Verteilung – also Arbeitszeitverkürzung – reagieren. Auch hier trifft das Gegenteil zu: Die Beschäftigten sollen sich bei gleicher Arbeitsleistung in Lohnverzicht üben. Extrembeispiel ist Magna: Da wird den Angestellten „freiwillig“ eine Gehaltsreduktion abgepresst, gleichzeitig hat der Konzern genug Geld auf der hohen Kante, um bei der Opel-Übernahme mitbieten zu können.

10. All die genannten Versäumnisse werden dazu führen, dass eine allfällige „Erholung“ der Wirtschaft zu einer verschärften Klima- aber auch Energiekrise führen wird. Öl und Gas werden teuer und knapp, ebenso Lebensmittel. Der Klimawandel und seine Folgen werden immer drückender. Der reiche Norden versucht sich gegen die von ihm verschuldeten Wirtschafts- und Klimaflüchtlinge aus dem Süden abzuschotten und seinen ungerecht hohen Anteil am „Kuchen“ der Welt zu verteidigen. Doch auch im Norden verarmen die Menschen. Auf Dauer wird es nicht reichen, den Volkszorn durch repressive Ausländergesetze und Polit-Kampagnen auf „intergationsunwillige MigrantInnen“ und auf Flüchtlinge zu lenken. Große Spannungen und Konflikte – sowohl innerstaatlich, als auch international – sind vorprogrammiert. Der Staat versucht durch noch mehr Überwachungsmaßnahmen allfällige Unmutsäußerungen und Widerstände der Bevölkerung zu unterdrücken. Mit Fingerabdrücken im Reisepass, Videoüberwachungen, Vorratsdatenspeicherung und Online-Fahndungen sind die Grundlagen für den totalen Überwachungsstaat schon gelegt worden. Wir steuern also auf ein Umwelt-, Sozial-, Energie- und Demokratiedesaster zu und machen die Welt vollends kaputt.