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Die Partitur zur Krise. Ein Musiktheaterkollaps zu Marianne Fritz

  • Wednesday, 15. April 2009 @ 08:47
Kultur und Bücher Nach öffentlicher Meinungspflege, Klausur und 11 TageundNächte dauernder Theatermaßnahme im steirischen herbst 2008 steht das Theaterkollektiv Fritzpunkt mittlerweile vor Teil 4 seines Festungsprojektes: Fritzpunkt wagt sich in Kooperation mit der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien mit diesem, dem Roman Naturgemäß I und einigen unveröffentlichten Texten von Marianne Fritz gewidmeten Projektteil, in das weite Feld des zeitgenössischen Musiktheaters und hofft damit seinen wachsenden Unmut über einige Ausformungen dieses allseits beliebten Genres produktiv dämpfen zu können. Und um auch ja nichts auszulassen, ermöglicht uns Marianne Fritz mit luziden Analysetexten aus ihrem Nachlass, dem gegenwärtigen Krisenwahnsinn Die Partitur zur Krise zur Seite zu stellen. "Es geht natürlich um die Tendenz, den Sozialdarwinismus mit aller Ungeniertheit und nicht einmal mehr schamvoll verschleiert nicht nur "gesellschaftsfähig" zu "formen", schlimmer: Sogar Rechts"geschichte" soll der Sozialdarwinismus werden, zukünftiges Rechtsverständnis, heutiges Recht. Geltendes Recht. Unglaublich. So besehen ist die Kulturbudgetfrage natürlich zu Gunsten der Spektakelwelt "auszulegen", zumal doch fraglich ist, ob diese Art "künftige Elite": etwas verkraftet, was jenseits der eigenen "Auserwähltheit" ist. Kaum.- Raffgier einer Minderheit, die sich tollkühn erdreistet, ein ökonomisches System, es ist das kapitalistische, - hemmungslos, schrankenlos - mit dem tatsächlichen Menschen in seiner Mehrdeutigkeit, in seiner Vielfalt, in seiner Verschiedenheit, in seiner kreatürlichen "Verletzlichkeit", zur Zusammenschau zu zwingen, um sie zu entzweien, Krieg des Reichtums gegen die viel zu "geschützten" Vielen, auf jeder Ebene, in diesem hier nur angedeuteten Zusammenhang wird die Frage natürlich virulent: Was nicht schneller Verwertungsgeschichte unterworfen werden kann, überflüssig ist es nicht? Jadoch! Alles ist überflüssig, gar alles, was Kosten verursacht und "nichts" bringt. "Das" ist aber das Geheimnis der Kunst: Wer Kunst zum Manövriermassenlieferanten etc. degradieren möchte, der bekommt dann "die Kunst", die er "verdient". Kunst muß widerspenstig sein, sie kann gar nicht anders. Kunst muß sich in letzter Instanz auch gegen jene durchsetzen, die noch und noch Raster zur Verfügung hätten, um zu wissen, wie "man" zu seinem "Publikum", wie "man" zu seiner Manövriermasse kömmt, wie "man" schreiben "darf" und wie "keinesfalls".- Wer gegen totalitäre Ansätze, Rutschbahnen, wer gegen diktatorische Vollkommenheitsgebote, wer gegen Effizienzgott anbetende Apostel allergisch ist, ich bin das zweifellos, wird zwangsläufig so nebenbei vollkommen "vergessen", was ich nicht vergessen "sollte". Ökonomische Zwänge haben mit Bücherverbrennungen etwas gemein: Eingriff in die Wirkungsgeschichte von Menschen, die scheinbar mit "Kunst" nichts, aber auch gar nichts gemein haben müssen. Eingriffe katastrophaler "Natur".- Als Künstlerin fühle ich mich also dem Überflüssigen verpflichtet. Dem Ausrottbaren. Dem Vernichtbaren. Dem Wesen, dem alles geschehen kann, wenn es nicht zeitgemäß "funktioniert". Auf dieser Rutschbahn sind "wir", ausnahmslos alle, schonlängst unterwegs.- Daß unsere Re"gier"ung davon nichts bemerkt, nunja."

Textprobe aus einem (naturgemäß abgelehnten) Antrag für das Robert-Musil-Stipendium 2005-2008 von Marianne Fritz vom 29. März 2005

Die Festung - Teil 4a
Die Partitur zur Krise
Ein Musiktheaterkollaps
Juni 2009

Eine Kooperation mit der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien / Prof. Ingomar Rainer

Informationen unter:
+43 (0)699 11685616
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http://www.fritzpunkt.at