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Ein überbezahlter Chefredakteur

  • Tuesday, 17. March 2009 @ 15:00
Bildung Im Zuge der Debatten um die von Bildungsministerin C. Schmied geplanten Mehrbelastungen für Lehrer, geht’s ziemlich klassenkampfmäßig zu: allerdings von oben! Allgemeiner Tenor dabei ist, dass die Lehrer im Vergleich mit anderen Berufsgruppen angeblich zu wenig arbeiten und darum in Zukunft auch mehr hackeln sollen. Der Chefredakteur der Gratiskrone „Heute“, Richard Schmitt, empfahl am 5. 3. 2009 Lehrern, die über Arbeitsüberlastung klagen und die darum nicht auch noch die von Bildungsministerin Schmied geforderten zwei Stunden mehr arbeiten könnten: „Erzählt genau DAS auch der Alleinerzieherin an der Supermarkt-Kassa.“ So ein verkehrter Vergleich ist leider weit verbreitet. Denn wenn die angesprochene Alleinerzieherin halbwegs richtig tickt, dann würde sie sich fragen, was sie denn davon hat, wenn auch die Lehrer, so wie sie jetzt schon, arbeitsmäßig mehr rangenommen würden? Gar nichts hat sie davon! Wenn es auch anderen schlechter geht, geht’s ihr doch nicht besser! Im Gegenteil: Eine Belastungswelle in einer Berufsgruppe befördert die nächsten Belastungen in anderen Berufsgruppen. Anstatt in das Lehrer-Bashing einzustimmen, sollte für die Arbeitenden doch das Gegenteil nahe liegend sein; nämlich, dass man für Supermarkt-Kassiererinnen – und nicht nur für die! - höhere Löhne erkämpft. Denn davon leben sie ja ausschließlich.

Ohne es zu wollen, bestätigt Schmitt, dass sich das Allgemeinwohl mit dem individuellen Wohl der Arbeitenden nicht verträgt. Will Schmied ihr Bildungsprogramm durchsetzen, um den Bildungsstandort Österreich pisamäßig auf Vordermann zu bringen, dann dürfen das die Lehrer durch vermehrtes Arbeitspensum ausbaden.

Der Chefredakteur gibt insgeheim zu, dass es einen Haufen Leute gibt, denen es nicht gut geht, weil ihr Leben ausgefüllt ist - und zwar mit Arbeit und nichts als Arbeit. Und genau das Schicksal wünscht er auch anderen Berufsgruppen - zum Wohle des Allgemeinwohls!

Würde man Schmitts Ratschlag beherzigen und in das gehässig-neidische „wenn’s mir schlecht geht, soll es den anderen wenigstens auch schlechter gehen“ einstimmen, dann sollten doch auch Chefredakteure ihr Scherflein beitragen. Jeden Tag eine Spalte zur nationalistischen Erbauung in einem Massenblatt, das kann so schwer und anstrengend nicht sein, erst recht nicht, wenn man nur Tag für Tag das immergleiche Vorurteil abrufen und in den PC hämmern muss. Im Vergleich zu Lehrern klingt das doch recht einfach und ist obendrein sicher besser bezahlt! Da ist bestimmt einiges an Einsparpotenzial drinnen. Sollte so einer, wie der Schmitt, nicht mal an der Supermarkt-Kassa stehen? Damit er weiß, wovon er spricht? Nur der Gerechtigkeit halber!

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