Alle Rathausparteien waren, so wird heute beteuert, schon immer für den Gratiskindergarten für alle. Betrachten wir also die selbstgefälligen Lobes-Hymnen und werfen wir einen kleinen Blick hinter die Kulissen.

"Es ist nicht sinnvoll, da und dort an einem Rädchen zu drehen (...) Deshalb werden schon mit Beginn der kommenden Woche intensive Gespräche zur Umsetzung des beitragsfreien Kindergartens in Wien mit Herbst des heurigen Jahres aufgenommen", erklärt Bürgermeister Häupl heute.

"Das ist ein guter Tag für die Familien in Wien" freut sich auch FSG-Wien Vorsitzender Norbert Bacher-Lagler über die Ankündigung des Wiener Bürgermeisters, dass "ab Herbst der Kindergartenbesuch für alle Kinder in Wien gratis sein wird."

Und weil der FSG-Wien Vorsitzende und SPÖ-Gemeinderat damit noch nicht genug des Lobes über seine Partei versprüht hat, ergänzt er: "Andere Politiker verlieren schöne Worte über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Bürgermeister Michael Häupl setzt Taten".

Warum Bürgermeister Häupl, der seit 1994 Bürgermeister ist, so lange für so eine einfache und simple Maßnahme, die vielen, vielen Menschen in Wien nützt, gebraucht hat, beantwortet der rosa-rote Gewerkschafter nicht. Und auch den Bürgermeister kümmern seine Aussagen von vor wenigen Wochen, wo er sich aus "sozialen Gründen" gegen Gratiskindergärten ausgesprochen hat, nicht mehr.

"Die FPÖ treibt die Wiener SPÖ vor sich her und hat sich nun auch bei ihrer jahrelangen Forderung nach dem kostenlosen Kindergarten durchgesetzt", freut sich der Wiener FPÖ-Chef Strache, der keine Gelegenheit zur Wahlwerbung auslässt.

"Was lange währt, wird endlich gut, oder: Gut Ding braucht Weile" meint die Wiener ÖVP, die verkündet, dass es sich "beim Gratis-Kindergarten für alle Wiener Kinder doch um eine langjährige Forderung der ÖVP Wien" handle. Na ja - 2002 ist noch nicht so lange her und in den 4 Jahren der ÖVP geführten Bundesregierung bis 2006 hätte die ÖVP gemeinsam mit FPÖ/BZÖ diese Forderung ja sogar bundesweit problemlos realisieren können - aber so genau werden JournalistInnen und WählerInnen über die Causa ja hoffentlich nicht nachdenken.

Die Klubobfrau der Grünen Wien, Maria Vassilakou, begrüßt ebenfalls die Ankündigung der Wiener SPÖ, die Kinderbetreuung in Wien für alle Altersgruppen kostenlos anzubieten. "Endlich hat Häupl eingesehen, dass ein Blockieren beim Gratis-Kindergarten nicht mehr argumentierbar ist. Endlich wird eine langjährige Forderung der Grünen zur Entlastung der Familien umgesetzt", so Vassilakou. Warum die Wiener Grünen noch bei einem Sonderlandtag im Jahr 2008 nur einen "Gratis-Kindergarten für alle 3- bis 6-jährigen Kinder" gefordert haben, lässt Vassilakou unbeantwortet.

Und BZÖ-Familiensprecherin Ursula Haubner sagt, dass der Wiener Bürgermeister Häupl "das Kärntner Modell des Gratiskindergartens", welches dort seit 2006 in Kraft ist, übernimmt.

Der Leser/die Leserin sieht also: Alle Rathausparteien und auch das BZÖ waren schon immer für diese sozialpolitische Forderung - die einen hätten die Forderung zwar schon seit ewigen Zeiten realisieren können, doch man hatte offenbar einfach drauf vergessen. Und die anderen vergessen wiederum, dass ihre "langjährigen Forderungen" noch ziemlich "jung" sind.

Und alle zusammen sind sich einig, dass kein Wort davon erwähnt werden darf, dass die KPÖ seit Jahrzehnten diese Forderung stellt. Ob auch die "Qualitätsmedien" vergessen werden, auf dieses Faktum hinzuweisen, wird aber schon bald klar. Ob sich die Wähler und Wählerinnen hinter´s Licht führen lassen, wird aber erst in geraumer Zeit klar werden.

Nachsatz: Ob 2038 alle Rathausparteien schon immer für Freifahrt auf öffentlichen Verkehrsmitteln waren, wird ebenfalls die Zukunft zeigen. Klar ist, mit einer KPÖ im Rathaus könnte die Forderung vielleicht schon vor 2038 Realität werden.

Die erste Reaktion von KPÖ-Landessprecher Zach