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Islamische und linke AntiimperalistInnen vereinigen sich

  • Thursday, 5. February 2009 @ 20:43
Österreich Was manch kritische Zeitgenossen befürchtet und wovor andere Zeitgenossen gewarnt haben, wurde vor wenigen Tagen von der AIK als großer, großer Schritt vorwärts unter dem Titel "Islamische und linke Antiimperialisten vereinigen sich" bejubelt.

Nur zur Klarstellung. Nicht eine kurzfristige taktisch motivierte Kooperation wird gefeiert, sondern eine "Vereinigung". Denn angeblich ergibt die Analyse der Verhältnisse, dass die strategische Orientierung auf die Vereinigung von islamischen und linken Antiimperialisten eine unbedingte Notwendigkeit ist. Der stellvertretende Sekretär der Hisbollah, Scheich Naim Kassem, skizziert die Leitlinie für den "gemeinsamen Kampf" von "islamischen und linken Antiimperialisten" wie folgt: "Es existieren heute lediglich zwei Blöcke in dieser Welt. Der des US-Imperialismus und seiner Alliierten und auf der Gegenseite der Widerstand ungeachtet seiner ideologischen, kulturellen oder religiösen Verwurzelung. Der Widerstand muß vereint gegen seinen gemeinsamen Feind auftreten und dies ist nur möglich, in dem seine Vielfältigkeit respektiert wird."

Nach dem einfachen Motto "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" - so Scheich Kassem und die AIK in trauter Eintracht - sollen und hätten sich Linke also zu positionieren. Pro oder Contra US-Imperialismus, so wird verkündet, wäre die einzige Wahlmöglichkeit.

Ob dies in diesem konkreten Fall nicht die klassische "Wahl" zwischen "Pest & Cholera", die Antwort also weder noch sein muss, sei dahingestellt. Ob denn nicht prinzipiell eine Vereinigung (Vereinigung und nicht kurzfristige Interessensparallelität) von religiös motivierten Menschen bzw. Gruppierungen (egal welcher Religion diese Menschen angehören) und Linker und Antiimperialisten eine Unmöglichkeit ist, sei ebenso dahingestellt.

Weshalb der Block des US-Imperialismus & seiner Allierten ein homogener ist, während es für den inhomogen Block des Widerstands - ungeachtet von ideologischen, kulturellen oder der religiösen Verwurzelung, um im Jargon der Autoren zu verbleiben - um "eine Vereinigung in Respekt der Vielfalt" gegen den "gemeinsamen Feind" geht, bleibt im Jubelartikel unbeantwortet.

Wer aber nur eine unterschiedliche Verwurzelung analysiert und Differenzen nicht zur Kenntnis nimmt, weil angesichts des Hauptfeindes alle Nebenwidersprüche zurück zu stehen haben, der wird auch zwischen der Politik der US-Administration und den Interessen und Wünschen US-amerikanischer BürgerInnen, zwischen den Interessen einiger weniger Konzerne des militärisch-industriellen Komplexes und den Interessen anderer Wirtschaftsbereiche nicht weiter differenzieren.

Auf Österreich übertragen wäre nach dem simplen "Feind/Feind/Freund-Schema", welches "lediglich zwei Blöcke in dieser Welt" kennt, von der AIK - ungeachtet ideologischer, kultureller oder religiöser Verwurzelung - ein Kampfbündnis mit FPÖ und BZÖ eigentlich Pflicht, sofern Strache und die Nachfolger Haider´s nur lautstark genug öffentlich bekunden, dass die USA zur "Achse des Bösen" gehören. Diverse Freundschaftsbesuche von Haider bei Saddam Hussein und im Iran beweisen auch, dass Rechtspopulisten einfache "Freund-Feind-Schemata" durchaus flexibel zu interpretieren wissen.

Historisch gesehen hat das Denken und Handeln in Dichotomien, die Unterstützung von politisch-militärischen Blöcken, die es bedingungslos zu unterstützen gelte - wie dies gegenwärtig auch diverse Sekten, die sich als links bezeichnen, tun - zwar gewaltigen Schiffbruch erlitten, doch auch dies stört eingefleischte AIK-Antiimperialisten nicht.

Zufrieden bilanziert die AIK, dass "die gefährliche (pazifistische) Formel "`Kein Krieg, kein Terror´", die Imperialismus mit Widerstand auf eine Stufe stellen würde und "Äquidistanz zum Leitcredo" erhoben hätte, in der Defensive wäre.

Nun anerkennt auch der Autor, dass z.B. Hisbollah und Hamas weder ausschließlich religiös motivierte Terror-Gruppen sind -- auch wenn dies die Herrschenden der USA und der EU uns gerne glauben machen wollen -- noch sich ausschließlich der "Propagierung und Verbreitung der korrekten Auslegung und der gewaltsamen Durchsetzung des islamischen Glaubens" widmen. Hamas wurde u.a. durch praktisches Engagement gegen soziale Missstände und wegen des Eintretens für ein Funktionieren der Verwaltung in den palästinensischen Gebieten ein politischer Faktor. Doch linke Theorie und Praxis setzen beide Gruppen dem neoliberalen Kapitalismus ganz sicher nicht entgegen.

Nicht um "Äquidistanz zu den geknechteten und geschundenen Menschen", dies sei den AIK-Revolutionären ins Stammbuch geschrieben, sondern um Abgrenzung zur simplen Schwarz-Weiss Logik, die Gewalt, Krieg und Terror verherrlicht, geht es.

Eine gesunde Portion Skepsis gegenüber lokalen Cliquen der Macht, egal hinter welcher Fassade diese sich verstecken, war und sollte auch weiterhin das Paradigma kritischer Linker, die ihre historischen Lektionen gelernt haben, bleiben. Eine oberflächliche Lektüre der Hamas Charta müsste eigentlich genügen, um zu erkennen, warum eine "Vereinigung" mit der Hamas nie und nimmer eine linke Position sein kann.

Sepp Haller