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Der Ausverkauf der AUA

  • Monday, 8. December 2008 @ 10:08
Österreich Stellen Sie sich folgendes Szenario vor - Sie machen Ihren wöchentlichen Großeinkauf bei Billa oder im Zielpunkt. Der Wert der Waren, die sich im Waggerl befinden, beträgt, so vermuten Sie, rund 60 Euro. Sie kommen an die Kassa - doch zu Ihrem Erstaunen müssen Sie diesmal nicht zahlen. Das Gegenteil ist der Fall: Der Geschäftsführer der Filiale drückt Ihnen noch zusätzlich weitere 100 Euro in die Hand, weil dies, wie er erklärt, "das Überleben des Unternehmens und daher auch die Arbeitsplätze sichert".

Ähnliches ist vor wenigen Tagen im großen Stil passiert. Am 5. Dezember wurde der Kaufvertrag zwischen der deutschen Lufthansa und der Austrian Airlines (AUA) unterschrieben. Die Fakten, die bekannt sind, quälen zwar seitdem den gesunden Hausverstand gar vieler Bürger und Bürgerinnen, doch die Regierungsvertreter und ein Großteil der Medien jubeln trotzdem. Die Lufthansa zahlt für den AUA-Staatsanteil von rund 42 Prozent 366.000 Euro (bzw. 1 Cent pro Aktie). Klingt ziemlich lächerlich - aber in Zeiten der Globalisierung hat der Hausverstand, zumindest in gewissen Bereichen und dort wo es um die große Kohle geht, offenbar nichts zu suchen, wie die Regierungen in den letzten Wochen ja mehrmals eindrucksvoll durch großzügige Banken-Hilfsprogramme bewiesen haben.

Warum private AUA-Aktionäre 4,44 Euro pro Aktie erhalten sollen, während die ÖIAG nur 1 Cent pro Aktie erhält, bleibt dem Hausverstand ebenfalls unerklärlich. Ist nicht jede an der Börse gehandelte Aktie (von der Unterscheidung in Stamm- und Vorzugsaktien abgesehen) gleich viel wert? Fakt ist jedenfalls, dass sich aufgrund des sonderbaren Deals rund 162 Millionen Euro auf unerklärliche Art und Weise über Nacht in Luft aufgelöst haben.

Damit nicht genug - damit der Verkauf über die Bühne geht übernimmt die Republik auf Kosten der Steuerzahler für die Lufthansa zusätzlich AUA-Schulden in der Höhe von rund 500 Millionen Euro.

Kritiker werden jetzt vielleicht die Vermutung äußern, dass der lächerliche Kaufpreis von 366.000 Euro absolut unnachvollziehbar ist. Kritiker werden darauf hinweisen, dass das Finanz-Fiakso der AUA auf gar seltsame Weise zu Stande gekommen ist. Der angesehene Ökonom Stephan Schulmeister sprach in einem Kommentar in der Tageszeitung "Die Presse" schon im August von der "durchgeplanten" AUA-"Notschlachtung". Während nämlich Fluggesellschaften "all over the Wordl" sich gegen steigende Kerosinpreise am Finanzmarkt absichern, hat dies das AUA-Management einfach vergessen - ob da eine Rolle spielte, dass AUA-Chef Ötsch, ÖIAG-Chef Michaelis u.a. Manager vor nicht allzu vielen Jahren bei bei der "Deutschland-AG", die bei der Lufthansa die Fäden zieht, tätig waren?

Wie auch immer - dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigigung", deren Ziel die Verscherbelung öffentlichen Eigentums" ist, einleitet, ist trotzdem zu bezweifeln, hat doch die neue alte SPÖVP Regierung den raschesten Verkauf der ÖIAG-Anteile an der AUA angeordnet Und da spielte dann auch keine Rolle, dass das auf die Lufthansa zugeschnittene Ausschreibungsverfahren heftig kritisiert wurde und das Kritiker, die einen Verkauf nicht prinzipiell ablehnten, den Zeitpunkt, die Eile des Vorgehens und die einseitige Orientierung auf die Lufthansa kritisierten.

Freunde der angeblich freien Marktwirtschaft werden nun einwenden, dass die AUA doch auf einem Schuldenberg sitzt und insofern der läppische Verkaufspreis legitim ist und zudem die Lufthansa ja zugesichert hat, im Falle "einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung" bis zu 162 Millionen Euro nachzuzahlen. Da aber wohl nirgends definiert ist, was unter "einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung" zu verstehen ist, wird sich diese Hoffnung wohl ebenfalls bald in Luft auflösen.

Das Gegenargument zum Gegenargument ist aber auch nicht ohne: Schuldenberg hin oder her ist folgendes festzuhalten. Die AUA verfügt über eine Flieger-Flotte von 100 Stück - davon 21 Air-Bus-Maschinen und 20 Boeing-Maschinen. Ein neuer Air-Bus 320 kostet rund 80 Millionen Dollar, eine Boeing 737 ist laut Wikipedia auch nicht wirklich billiger. Und zudem besitzt die AUA Beteiligungen an 24 weiteren Firmen - u.a. an der Airline "Ukraine International" oder am österreichischen Reiseveranstalter Gulet-Touropa-Touristik.

Ein weiteres Moment, welches an Verschwörung wie in einem Hollywood-Thriller erinnert, ist, dass Lufthansa-Chef Mayrhuber erklärt, die AUA soll "innerhalb von drei Jahren aus der Verlustzone fliegen". Der Hausverstand fragt sich, warum nur Manager im Solde der Lufthansa die AUA in die schwarzen Zahlen führen können? Liegt´s gar an der "wirtschaftlichen Inkompetenz" von uns Ösis?

Bleibt als Argument die Frage der Arbeitsplätze, die - glauben wir unserer Regierung und den gut bezahlten ÖIAG-Managern - nur durch "staatlich subventionierten Ausverkauf" zu retten sind. Lufthansa-Chef Mayrhuber erklärt: "Im Moment ist kein Personalabbau vorgesehen." Aber hat nicht AUA-Chef Ötsch noch vor wenigen Monaten erklärt, dass die Selbstständigkeit der AUA nicht in Gefahr ist? Und klingt "im Moment" nicht in Wirklichkeit nach einer gefährlichen Drohung?

Sollte sich die Rezession aber ausweiten, so Mayrhuber weiter, werde "querbeet restrukturiert" werden müssen. Ein weitere Drohung - für Lufthansa-MitarbeiterInnen in Deutschland und in Österreich. Abervwahrscheinlich werden ohnehin jene Finanz-Experten recht behalten, die schon vor Wochen davon ausgegangen sind, dass bei einer AUA-Übernahme durch die Lufthansa mit einem Abbau von rund 2.000 der etwa 8.000 Arbeitsplätze zu rechnen ist.

Kommen wir nochmals zum "Hausverstand" zurück. Herr Gruber verfügte einst über ein 200m2 Haus inkl. Grund im Waldviertel. Herr Gruber hatte einen Arbeitsunfall und dann hat er einen kleinen Schuldenberg angehäuft. Sein Haus, welches geschätzte 120.000 Euro wert ist, hat er dann zum Verkauf ausgeschrieben. Doch er hat das Haus nicht um 50 oder 30ig Tausend Euro verkauft, nein, er hat Herrn Svarovski sogar noch 50.000 Euro bezahlt, damit dieser bereit war, das Haus in "sein Eigentum" zu übernehmen. Hatte Herr Gruber für sein Verhalten trifftige Gründe? Wurde Herr Gruber von Herrn Svarovski womöglich gar erpresst? Oder wird letztlich doch der Hausverstand den Sieg davon tragen - werden die Kinder von Herrn Gruber, die vor Gericht gezogen sind, Recht bekommen?

Didi Zach