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Fachpflege - die Positionen der wahlwerbenden Parteien

  • Wednesday, 24. September 2008 @ 10:06
Anläßlich der Nationalratswahl hat der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) einen Fragenkatalog an die Gesundheits- und SozialsprecherInnen der wahlwerbenden Parteien gerichtet. Die Antworten der Parteien können auf der ÖGKV-Webseite in einem eigens dafür eingerichteten Forum diskutiert werden. Nachstehend die Antworten der KPÖ. 1) Welche Anreize wollen Sie bieten, um Pflegeberufe attraktiver zu machen?

Pflegeberufe sind massiv unterbezahlt. Und da das Einkommen immer auch ein Gradmesser des Wertes ist, den die Gesellschaft einer Tätigkeit zuschreibt, sind Pflegeberufe auch in der sozialen Wertschätzung trotz der permanenten Beteuerungen, wie lobenswert es doch sei, in der Pflege zu arbeiten, weit unten angesiedelt. Eine Ursache für die unangemessene Unterbezahlung ist die Tatsache, dass in der Langzeitpflege vorwiegend Frauen pflegen und wir in einem patriarchalen System leben, das Frauenarbeit gering schätzt. So zeigt sich auch hier die Notwendigkeit, gegen Frauendiskriminierung aktiv zu sein. Neben einer offensiven Lohnpolitik – die KPÖ unterstützt etwa die Initiative, das BAGSGehaltsschema um 20% anzuheben – sind aber weitere Maßnahmen notwendig, vor allem auch, um die durchschnittliche Verweildauer im Pflegeberuf zu verlängern, um den Pflegeberuf aufzuwerten und sichtbarer zu machen. In Stichworten einige Überlegungen: Die Grundausbildung sollte auf akademisches Niveau gehoben werden wie es auch international üblich ist. Dadurch würden neue Perspektiven für diese Berufsgruppe eröffnet. Zusätzlich wäre die Garantie für den Erwerb der Kompetenzen die die zukünftigen Herausforderungen der Pflege bringen werden, gegeben. Dies wäre auch die Grundlage für den Ausbau der Pflegeforschung. Die Pflegeplanung könnte qualitativ hochwertiger ausgeführt werden (Case Management, Umsetzung von Pflegekonzepten, primary nursing bzw. Bezugspflege). Anspruch auf eine Woche bezahlte Bildungsfreistellung pro Arbeitsjahr, Anspruch auf Sabbaticals, die auch in der Pensionsberechnung mitberücksichtigt werden, Ausbau von unabhängigen Kontrollen, damit die vorgegebenen Betreuungsschlüsseln auch eingehalten werden usw.

2) In welchem Umfang wollen Sie künftig die beratende Kompetenz der Fachpflege im therapeutischen Team und in der Gesundheitsprävention einsetzen?

Um die Ganzheitlichkeit in der Pflege und der Gesundheitsprävention zu sichern, sind multiprofessionelle Teams notwendig. Aufgabe der Politik ist es aber, meinem Verständnis nach, nicht, den Umfang der Einbindung der Fachpflege im therapeutischen Team festzulegen, sondern für jenen organisatorischen und finanziellen Rahmen zu sorgen, der die multiprofessionelle Zusammenarbeit ermöglicht, die von den verschiedenen Berufsgruppen für notwendig und optimal erachtet wird.

3) Welche Strategien werden Sie entwickeln, um das Angebot an Leistungen der Fachpflege den Menschen zugänglicher zu machen?

Im Wissen, dass die zentrale Zugangsbarriere zu adäquaten Pflegeleistungen die Kosten sind, hat das Gesundheitsbüro der KPÖ in einer Resolution festgehalten, dass „der freie Zugang für alle in Österreich lebenden Menschen zum Gesundheitssicherungssystem, die garantierte Pflege und Betreuung als Grundrecht in der Verfassung festgehalten und gesichert werden müssen.“ In anderen Worten: Pflege ist als Menschenrecht zu definieren. Aus diesem Grund ist in diesem Zusammenhang auch wichtig zu betonen, dass für MigrantInnen – aufgrund von fehlenden zugeschnittenen Angeboten – spezifische Zugangsbarrieren bestehen, die beseitigt gehören. Neben der finanziellen Basis für ein erweiteres Angebot in der Pflege, unsere fachbezogenen Vorstellungen in Stichworten: Einrichtung dezentrale Pflegeberatungsstellen für pflegende Angehörige und PatientInnen. Kostenloses Bildungsangebot im Sinne eines „Pflegeführerscheins“; Qualitätskontrollen im ambulanten Bereich; Verstärkung der Kurzzeitund Tages/Nachtpflege im teilstationären Bereich; professionelle Begleitung pflegender Angehöriger und der PatientInnen.

4) Welche Schritte werden Sie zum Aufbau der Pflegeforschung in Österreich unternehmen?

Pflege ist ein gesundheits- und gesellschaftspolitisch sehr wichtiges Thema. Oft wird allerdings vergessen, dass Pflege auch eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin ist, die sich nicht auf eine Hilfswissenschaft der Medizin reduzieren lässt. Dieses Vergessen zeigt sich ganz klar in der Mittelzuteilung. Es wäre wünschenswert, wenn die Pflegeforschung, die ja nicht nur historisch und soziologisch ausgerichtet ist, sondern auch der Verbesserung pflegerischen Handels dient, auf vergleichbare Ressourcen zurückgreifen könnte wie etwa die Arzneimittelforschung. Kurzum: die Forschungsmitteln müssen deutlich angehoben. Die Pflegeforschung sollte dem Ministerium unterstellt werden, um damit auch den Zugriff auf Fördergelder zu erreichen. Die Anzahl der Studienplätze – die KPÖ setzt sich selbstredend für den freien und kostenlosen Universitätszugang ein – sollen erhöht werden. Es sollte nicht – wie es gegenwärtig der Fall ist – nur das Angebot der Ausbildung an Privatuniversitäten – mit sehr hohe Studiengebühren – geben, sondern, ein reguläres Grundstudium, welches durch die öffentliche Hand finanziert wird. Auch die Karriereoptionen von AbsolventInnen müssen in der Praxis verbessert werden, um das Studium der Pflegewissenschaft attraktiver zu machen. So ist es nicht nachvollziehbar, um nur ein Beispiel zu nennen, warum nach wie vor ÄrztInnen und nicht PflegeexpertInnen den Pflegebedarf bei der Pflegegeldbegutachtung erheben.

5) Werden Sie, unter anderem zur Schaffung einer validen Datengrundlage für Pflegeangebotsund Pflegebedarfsplanung die Standeslistenführung für Pflegende gesetzlich verankern?

Es wäre ein Leichtes, hier eine gefällige Antwort, die „Ja“ lautet, zu geben – weil es einer „Pflegekammer“ nach dem Vorbild der NMC/UKCC, um Autonomie der Pflege zu erreichen, bedarf. Die für Fortbildung und Qualitätskontrollen verantwortlich sein soll. Nur die KPÖ kann keine gesetzlichen Initiativen versprechen. Daher möchte ich auf diese Frage eine prinzipielle Antwort geben. Das bestehende Pflegeangebot darf und soll nicht die Grundlage der Bedarfsermittlung sein. Bereits in der Datenerhebung muss der Grundsatz leitend sein, dass sich in der Pflege das Angebot nach der Nachfrage zu orientieren hat. Nur so kann auch sichergestellt werden, dass die künftige Angebotspalette im Pflegebereich den individuellen Zuschnitt erlaubt, der von den Betroffenen nachgefragt wird.