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Vandalenakt an Schütte-Lihotzky Haus in Grinzing

  • Tuesday, 29. July 2008 @ 11:59
Wien-Politik "Die KPÖ protestiert aufs Schärfste", so der Kommunalsprecher der KPÖ Wien DI Wolf Goetz Jurjans, gegen den Abriss der Villa Grinzinger Straße 39. Die Zerstörung des Hauses das in den späten 20er Jahren von Architekt Karl Jarei und der Architektin Schütte-Lihotzky geplant wurde, ist ein kulturbarbarischer Akt, der nicht nur Spekulanten geschuldet ist, die auf dem Areal mit einem qualitätsfreien Apartmentneubau die Gegend verschandeln werden. Die Ursache dieser Schande, , die entgegen den Interessen engagierter und aufgebrachter Bürge durchgezogen werden soll, liegt in einer betroffen machenden Beziehungslosigkeit des sozialdemokronischen Rathauses zum fortschrittlichen Kulturerbe dieser Stadt.

Das Elend einer sich nur mehr am ökonomischen Druck des Immobilienmarktes und den Image- und Marketinginteressen der Tourismusindustrie orientierenden Stadtpolitik ist vielfältig festzumachen. Der Umgang mit der, mit der Frankfurter Küche als Urform der heute selbstverständlichen Einbauküche im Ausland berühmt gewordenen Architektin, Widerstandskämpferin und Kommunistin Schütte-Lihotzky selbst, zeigt das Grundverständnis. An Sonntagen stellt man sich in das Licht, das die international anerkannte Pionierin ausstrahlt, an nicht zu vermeidenden Anlässen, die des Widerstandes gedenken, handelt man sie als Kämpferin eines Kampfes an dem man kaum teilgenommen hat, um sie sich dann schamlos in die eigene Internetparteigeschichte als Mitglied einzuverleiben. Befreit vom kämpferischen Humanismus, den sie durch ihre Tätigkeit in der KPÖ lebte, kann sie dann schon mal als Wiener Herzeigefrau ein interessantes Role Model für städtische Plakatserien abgeben.

Das Zerstören des Wesentlichen und das Umlügen desselben in einen schönen, marktkonformen Schein ist das Strickmuster, mit dem dem fortschrittlichen Wiener Kulturerbe zu Leibe gerückt wird.

Vor wenigen Tagen erschien ein Hilferuf des Böhmischen Praters. Die kaufkraftfressende Inflation, die besonders die kleinen Geldbörsen trifft, führt zu einem existenzbedrohenden Rückgang des Geschäfts. Die Unterstützung des Bezirks wurde von 50.000 auf 35.000 Euro reduziert, das kleine Glück, das jetzt 150 Jahre lang den ArbeiterInnen im 10. Bezirk zur Verfügung stand, droht verloren zu gehen. Ein Schelm wer dabei an den großfrausüchtigen Dilettantismus denkt, mit dem die Frau Vizebürgermeisterin Laska die unsäglichen Neubauten am Eingang des großen Praters errichten ließ. Protestierende Architekten, Anrainer, Praterbetreiber, was soll's. Das jetzt noch das Generalunternehmen Pleite gegangen ist, wen stört's? Mit einem Bruchteil der sinnlosen Ausgaben hätte eine solide Basis für die Zukunft des Böhmischen Praters, einem Kulturerbe der Arbeiterschaft, gelegt werden können.

Wer so mit der Geschichte des einst roten Wien umgeht, hat sie vergessen und damit auch den Anspruch auf die Gestaltung der Zukunft verspielt. Insofern ist es wieder schlüssig, dass die SPÖ ihre Zukunft in die Hände von Onkel Hans Dichand legt. Der hätte ja auch, schon aus ideologischen Gründen Grete Schütte-Lihotzkys Küche auf den Müllhaufen der Geschichte befördert. Die Berichterstattung der Kronenzeitung über die aktuellen Vorgängen in Grinzing fällt auch dem entsprechend aus.

Da sorgt sich Kommerzialrat Hugo Reinprecht, Präsident fast aller Wirschaftsverbände, darum, dass die Marke Grinzing verloren gehen könnte, wenn weiterhin der auf Bauwiderufsparagrafen 71 gestützte Wildwuchs das Ortsbild versaut. Da kommen sich die Interessen des Tourismuskapitals und der Immobilienspekulanten offensichtlich in die Quere. Das Gruppen ohne Kapitalstock dann sofort als G'schaftlhuber und Selbstdarstelller verhöhnt werden, ist klar. "Wir müssen jetzt aufstehen", meinte ein Teilnehmer an der Protestkundgebung gegen den Abriss. Er meinte mit wir seine Gruppe und er meinte die konkrete Kulturschande.

Ich bin der Meinung, dass das WIR umfassender zu denken ist und die Kulturschande eine umfassendere ist. Eine Stadt, die mit ihrem materiellen Reichtum und ihren Reichen bittere Not (Tendenz steigend) zulässt, eine Stadt, die mit ihrem immateriellen Reichtum eines fortschrittlichen kulturellen Erbes so umgeht wie in Grinzing, braucht ein Aufstehen von Vielen. Und die Vielen brauchen ein Rathaus, das mehr macht als, auf einem hohen Werbeagenturniveau, Schmäh zu führen.