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In Memoriam Adele Stürzl

  • Saturday, 1. March 2008 @ 07:13
Antifaschismus Soviel Erinnerungen wie in diesem Jahr wird es nicht so bald wieder geben: 90 Jahre erste Republik, 70 Jahre „Anschluss“ aber auch 40 Jahre Studentenbewegung von 68 etc. Das Jahr 1938 nimmt in dieser Reihe von Gedenktagen eine besondere Rolle ein. Über die Bedeutung dieses Jahres herrscht bei den ÖsterreicherInnen noch immer Uneinigkeit. Von Rosmarie Thüminger Ehemalige Wehrmachtsoldaten, verfolgte JüdInnen, Roma, KommunistInnen, SozialistInnen, Konservative, Nazis und MitläuferInnen haben ihre jeweils andere Einschätzung. Für illegale Nazis war das Jahr 1938 als Jahr des „Umbruchs“ mit ungeheuren Hoffnungen auf eine bessere Zukunft verbunden. Für KommunistInnen und Mitglieder der „Revolutionären Sozialisten“ steht 1938 für den verzweifelten Kampf für die Erhaltung Österreichs und gegen den Faschismus. Jüdinnen und Juden sahen die Entwicklung mit großer Sorge, manche zunächst auch mit Gleichmut. Die Mehrheit der ÖstereicherInnen jedoch arrangierte sich mit dem neuen Regime, wie sie sich immer arrangiert hatte.

Die Kommunistische Partei Österreichs verfasst noch in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 einen Aufruf , der mit den dramatischen Worten beginnt: „Volk von Österreich! An alle Völker Österreichs und der Welt. Hitler hat mit militärischer Gewalt Österreich unter sein Joch gebracht. Hitler ist dabei, den Freiheitswillen des österreichischen Volkes durch die Stiefel seine Soldaten niederzutreten…“ Und weiter: „Volk von Österreich! Wehr Dich. Leiste Widerstand den fremden Eindringlingen und ihren Agenten. Schließt Euch zusammen, Katholiken und Sozialisten, Arbeiter und Bauern…zur Front aller Österreicher…“ Es war dies der einzige Appell einer politischen Organisation der Annexion zu widerstehen!

Dem gegenüber stehen Erklärungen der österreichischen Bischöfe zum Anschluss: „Wir erkennen freudig an, dass die nationalsozialistische Bewegung …für das Deutsche Reich und Volk…Hervorragendes geleistet hat und leistet. Wir sind auch der Überzeugung, dass durch das Wirken der nationalsozialistischen Bewegung die Gefahr des alles zerstörenden gottlosen Bolschewismus abgewehrt wurde…“

Und der Sozialdemokrat Karl Renner: „…ich müsste meine ganze Vergangenheit als theoretischer Vorkämpfer des Selbstbestimmungsrechts der Nationen wie als deutschösterreichischer Staatsmann verleugnen, wenn ich die große geschichtliche Tat der Wiederzusammenschlusses der Deutschen Nation nicht freudigen Herzens begrüßte…“

Zwar ist in der österreichischen Geschichtsschreibung weitgehend unbestritten, dass die Kommunistische Partei den Großteil der AktivistInnen aber auch der Opfer im Kampf gegen den Nationalsozialismus gestellt hat, im kollektiven Gedächtnis, im Gedächtnis der Menschen ist diese Tatsache unbekannt. Stellvertretend für alle KommunistInnen, die während des Hitlerregimes ihre Freiheit oder ihr Leben verloren, soll die Geschichte von Adele Stürzl hier kurz erzählt werden.

Adele Stürzl wurde 1892 in Wien geboren. Sie wuchs, wie viele Menschen ihrer Generation, in großer Armut auf. Als ihre Mutter starb, wurde sie im Alter von zehn Jahren als „Kindsdirn“ zu einer Kleinbauernfamilie in die Heimatgemeinde ihrer Eltern nach Südmähren gebracht. Älter geworden, verdingte sie sich als Magd in einem Pfarrhof, kehrte dann nach Wien zurück und arbeitete später in Budapest. Hier lernte sie Hans Stürzl kennen, einen Schneider aus Tirol, den sie heiratete. Gegen Ende des 1. Weltkrieges zog das Paar nach Kufstein.

Schon in Wien hatte sie sich politisiert und hatte sich der Gewerkschaft angeschlossen. In Kufstein trat sie der Sozialdemokratischen Partei Österreichs bei, in der sie auf regionaler Ebene rasch in leitende Positionen gewählt wurde. Der Kampf gegen Armut und um die Gleichberechtigung der Frau waren ihre Hauptanliegen. Sie gründete den Fürsorgeverein „Hilfsbereitschaft“ dessen erste Vorsitzende sie wurde. Sie war auch Gründungsmitglied im Freidenkerverein und in der „Flamme.“

Bruch mit der Sozialdemokratie

Immer wieder gab es innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Kufsteins schwere Differenzen, sowohl in organisatorischen, wie ideologischen und taktischen Fragen. Mitte September 1932 kam es schließlich zum endgültigen Bruch, und Ende desselben Monats trat Adele Stürzl der Kommunistischen Partei Österreichs bei. Auch hier setzte sie sich mit voller Kraft ein, wie sie überhaupt eine lebensfrohe, engagierte Frau war und Natur und Berge ihrer neuen Heimat liebte.

Am 25. Juli 1933, das blutige Dollfuß- Regime seit März an der Macht und die KPÖ seit Ende Mai verboten, wurde sie das erste Mal festgenommen. Sie setzte den Kampf gemeinsam mit ihren GenossInnen auch nach dem Einmarsch Hitlers unter verschärften Bedingungen fort, sammelte Gelder für die Rote Hilfe, schrieb und verteilte Flugblätter, hielt die Verbindung mit dem ZK der KPÖ und mit GenossInnen in Berlin aufrecht, organisierte Schulungen und Diskussionsabende. Dies und der Versuch, einem Deserteur der Deutschen Wehrmacht bei seiner Flucht zu helfen, wurden ihr schließlich zum Verhängnis. Im Juni 1942 von der Gestapo verhaftet und nach Innsbruck gebracht, widerstand sie der Folter und verriet niemanden. Im März 1944 wurde sie mit sechzehn Mitgefangenen nach München überstellt, wo am 13. April der Prozess stattfand. Gegen sieben von ihnen wurde das Todesurteil verkündet mit der Begründung, dass sie „bis zum Jahre 1942 in Tirol kommunistische Zellen aufgebaut oder kommunistische Bestrebungen gefördert und dadurch den Feind begünstigt hatten.“

Am 30.Juni 1944 musste Adele Stürzl in München- Stadelheim durch das Fallbeil sterben. Heute erinnert in Kufstein die Adele Stürzl- Straße an die kommunistische Widerstandskämpferin.