Willkommen bei KPÖ Wien Tuesday, 28. December 2021 @ 18:49

Rede von Fritz Propst bei der 12. Februar Gedenkveranstaltung in Hietzing

  • Saturday, 9. February 2008 @ 13:20
Liebe Genossinnen und Genossen!

Als Koloman Wallisch, er war Obmann der Sozialdemokraten in der Steiermark und Mitglied des Parteivorstandes, im Herbst 1933 bei einer Massenkundgebung in Wien die Arbeiter aufrief sich nicht täuschen zu lassen und wachsam zu sein, die Regierung Dollfuß steuere einer faschistischen Machtergreifung zu, antwortete ihm am nächsten Tag der damalige Vorsitzende Karl Renner mit diesen Worten: „Faschismus in Österreich? Die jagen wir mit nassen Fetzen davon“. Und nicht viel mehr als nasse Fetzen hatte man den kämpfenden Arbeitern in die Hände gegeben: Armeegewehre aus dem 1. Weltkrieg. Die Faschisten bedienten sich der Armee und Polizei, die wohlaus- gerüstet auf die Gemeindewohnhäuser mit Kanonen schoss. Man hatte keinerlei Plan oder Führung, sondern verschanzte sich in den Wohn- häusern um diese mit untauglichen Mitteln zu schützen und machte sich und die Wohnhäuser zur Zielscheibe für den Gegner.

Ich selbst war mit etwa 30 Genossen der SAJ und Wehrsportes in einem SAJ-Heim im 10.Bezirk, wir hatten 5 alte Gewehre und schworen bis zum letzten Mann das Heim zu verteidigen. Zu unserem Glück kam aber kein Angriff. Die Heimwehr traute sich ebenso wenig in den 10. Bezirk wie die Polizei.

Es war ein verzweifeltes Bemühen der Kämpfenden die Demokratie zu verteidigen und eine maßlose Unterschätzung des Faschismus durch die Parteiführung. Man hat durch das ständige Zurückweichen die Arbeiterschaft entmutigt, demobilisiert und dem Gegner Schwäche gezeigt, und damit Dollfuß zur Machtergreifung ermutigt! Der entscheidende Fehler dieser rechten Parteiführung war es, dass man sich nicht auf die Arbeiterschaft stützte sondern dieser einredete, dass der Schutzbund alles in der Hand hätte.

Dennoch, der Kampf am 12. Februar und in den folgenden Tagen war nicht nutzlos! Die Arbeiter haben der ganzen Welt gezeigt, dass sie mit ihrem Leben bereit waren den Faschismus zu bekämpfen und dies war auch die Grundlage für den Widerstand, der nach der Machtergreifung Dollfuß seine Fortsetzung fand.

Wir, die wir hier vor dem Denkmal Karl Münichreiter stehen, ehren diesen großen Kämpfer für Demokratie und Freiheit. Der 12. Februar ist aber für uns nicht nur ein Gedenken der Toten, sondern muss vor allem dazu dienen die Lehren aus diesen Ereignissen zu ziehen. Ich habe vor kurzen wieder das Buch „Erinnerungen eines Linken Sozialisten“ von Josef Hindels in die Hand genommen. Ich kann jeden empfehlen zu lesen was Hindels über Karl Renner 1934 und sein Wiederauftauchen 1945 sagte.

Apropos Lehren für heute: Verbotsgesetz und Staatsvertrag verpflichten uns, Neofaschismus in allen seinen Formen zu bekämpfen. Doch der Rassismus äußert sich im 21.Jahrhundert nicht nur im Alltag oder in kleinformatigen Medien. Im Jahre 2005 wurde mit den Stimmen von ÖVP, BZO und leider auch der SPÖ ein Fremdenrechtspaket beschlossen, welches Menschen Ihrer Menschenrechte per Gesetz beraubt. Mitsprache der BürgerInnen wurden eingeschränkt beziehungsweise sogar aufgehoben: Die Parlamentsparteien weigern sich, die Bürger mittels Volksabstimmung über den EU-Verfassungs- Vertrag entscheiden zu lassen und ermöglichen Herrn Strache sich zum Anwalt für Demokratie und Österreich zu machen!

Nun noch ein paar Worte in eigener Sache: Ich erfuhr von einem Freund, dieser ist führender Sozialdemokrat in Döbling, dass die Parteiführung der SPÖ meine Ansprache bei der Februarkundgebung im Vorjahr missbilligte. Auch Genosse Schmid hat mich darüber informiert.

Genossen, ich bin Kommunist und als solcher habe ich am 12. Februar 1934 für unsere gemeinsame Sache mein Leben eingesetzt. Ich habe anschließend führend am Widerstand gegen den Faschismus teilgenommen, war viele Monate im Gefängnis und auch im Konzentrationslager Wöllersdorf. Ich habe im Krieg gegen Hitlerdeutschland mit der britischen Armee gekämpft und habe ein ganzes Bataillon (600 Mann junger Österreicher) für die britische Armee mobilisiert. Am 1. Juni 2007 habe ich gemeinsam mit 14 anderen Wiener Veteranen der britischen Armee (62 Jahre nach Kriegsende) von dem Land Wien das Goldene Verdienstzeichen für große Verdienste um das Land Wien erhalten. Ich sehe daher keinen Grund, nicht gemeinsam dem 12. Februar 1934 zu gedenken.

Ich freue mich, dass der sozialdemokratische Freiheitskämpfer- bund sowie die SJ derselben Meinung sind und mit mir und meinen GenossInnen auch heute gemeinsam diese Kundgebung abhalten.

Freundschaft und Freiheit Genossinnen und Genossen!