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Verabschiedung von Lilo Daubrawa

  • Tuesday, 28. August 2007 @ 14:37
Die KPÖ-Wien .... wir dokumentieren nachfolgend die Trauerrede, die Wolf Goetz Jurjans für die KPÖ gehalten hat. Was immer man Lilo nachruft, man wird es "lauter" tun müssen.

Den Kampf gegen ihre zunehmende Hörschwäche führte Lilo sowohl gegen ihr Hörgerät, das ihr zuweilen durch Pfeifen und Quietschen die versprochene und notwendige Hilfe versagte, als auch gegen ReferentInnen, die meinten, ihr mit dünner Stimme die Welt erklären zu können.

"Lauter" unterbrach sie dann.

Sie wollte hören, sie wollte verstehen. Leise Zurückhaltung war ihre Sache nicht.
Stillstand auch nicht. Wo Lilo war, war was los!

Und wenn sie in einer Auseinandersetzung einen Blitz des Zorns schleuderte, traf sie selten den Falschen. Wenn es dennoch einmal passierte, hatte sie Einsicht in die Notwendigkeit und half ihm oder ihr tröstend wieder auf die Beine.

Wenn sie sich, was viel öfter vorkam, für jemanden oder etwas engagierte, ließ es ihre Hartnäckigkeit selten zu, ihr Ziel nicht zu erreichen.

Als wir Margaretner KommunistInnen im Juni eine Straßenaktion vorbereiteten, nach deren Ende wir Lilos 85ten Geburtstag begießen wollten, entstand eine Diskussion über einen beziehungsvollen Ort für das Fest.
Wir einigten uns schließlich auf das "Schutzhaus zur Zukunft", in dem schon Lassalle seine Reden schwang und das derzeit mit einem Transparent "85 Jahre Zukunft" stolz und optimistisch seiner Vergangenheit eine programmatisch, progressive Richtung gibt.

Das Fest wäre in der Tradition der legendären Lilo-Feste gestanden, die sie in Greifenstein organisierte und durch die es ihr immer wieder gelang, Menschen aus unterschiedlichen, fortschrittlichen Bewegungen miteinander in Kontakt zu bringen, sie mit ihrem Engagement zu befeuern und in vielen persönlichen Gesprächen zu ermutigen.

Mit ihrer offenen, direkten Art, die sich auch zur entschlossenen Reschheit verdichten konnte, wenn es galt, ihr unverständliche Zweifel zu beseitigen.

Mit ihrem Verständnis und ihrem Löwenherz.

Wen Sie einmal in dieses Herz geschlossen hatte, der konnte sich ihrer Liebe sicher sein.

Das galt im Besonderen für Ihren Lebensmenschen, "Karli", den sie sich erstritten hatte, mit dem Sie Freuden und Leid und Überzeugung teilte.
Dem sie nach seinem Schlaganfall die Teilnahme am aktiven Leben, so gut es ging, ermöglichte und den sie fürsorglich bis zum Schluss pflegte.

Eine Fürsorge und Wärme, die dank Hanni und Franz auch Ihr zuteil wurde und ihr den letzten Zorn und Abschied erleichterten.

Es ist eine tragische Ironie, dass ein medizinischer Eingriff es nicht mehr zu dem Fest kommen ließ. Ein Eingriff, der die physische Funktionsfähigkeit dieses Herzens verbessern hätte sollen.
Lilo lag mit ihrer anfänglichen Skepsis, die Operation betreffend, bedauerlicherweise wieder einmal richtig. Auf dieses Rechthaben hätte sie und hätten wir alle mit Sicherheit liebend gerne verzichtet.

Auf ihr Recht, sich einzumischen, wo immer sie Unrecht verspürte, verzichtete sie ihr ganzes Leben lang nicht. Und es war eben nicht "Rechthaberei", die sie antrieb, sondern es waren die Erfahrungen, die sie machte und machen musste.

Die Erfahrungen mit der Grausamkeit des Hitlerfaschismus, der ihre Eltern in Auschwitz vernichtete.
Die Erfahrungen die sie in der englischen Emigration machte.
Die Erfahrungen die sie als Leiterin der "Jungen Garde" in Meidling sammelte.
Die Erfahrungen die sie als Betriebrätin, als Aktivistin der KPÖ und als Engagierte in der Solidaritätsarbeit für Chile und in der Friedensbewegung gewann.

Dass einmal gemachte Erfahrungen nicht zwangsläufig zur verbessernden Einsicht führen, konnte sie zur Weißglut bringen.

Eine Glut, die 64 Jahre in der Partei wirkte, in der Stadtleitung, in der Bezirksorganisation Wieden und zuletzt in der KPÖ Margareten, eine hartnäckige Glut, die in den Zeiten der gesellschaftlichen Kälte und der herannahenden gesellschaftlichen Stürme dringend gebraucht werden wird.

Es wird jetzt an uns liegen, ihre Kraft, ihren Kampfgeist und ihre Kampfeslust, ihre Ausdauer weiter wirken zu lassen.
Spürbar, machbar, hörbar - und wie Lilo sagen würde: LAUTER!