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Zur US-Weltraumdoktrin - Scharfe Kritik eines amerikanischen Diplomaten

  • Wednesday, 25. July 2007 @ 11:47
Frieden Über die neue "Weltraumdoktrin" der USA, die auf eine absolute Vorherrschaft der USA im Weltraum orientiert, hat "Stimmen zur Zeit" in der letzten Ausgabe (No. 196, März 2007) berichtet. Dieser Kurs der derzeitigen US-Regierung ist auch in den USA nicht unumstritten. Einige Fachleute für Sicherheitsfragen haben kritisch Stellung genommen. Im Rahmen einer Begleitveranstaltung von Nicht-Regierungs-Organisationen beim ersten Treffen zur Vorbereitung der Überprüfungskonferenz 2010 für den NPT-Vertrag (PrepCom, im Austria Center Wien) hat US-Botschafter Robert Grey am 9. Mai 2007 referiert. Botschafter Grey, jetzt im Ruhestand, war seinerzeit u. a. Vertreter der USA bei der Abrüstungskonferenz (CD, Conference on Disarmament, in Genf). Er leitet jetzt die überparteiliche ("biparitsan", d. h. Republikaner und Demokraten wirken mit) Arbeitsgruppe für Sicherheitsfragen im Rahmen des amerikanischen "Global Security Institute".

Einige Abschnitte aus seinem Vortrag in Wien werden hier wiedergegeben: "Ich bin der Auffassung: Aufrüstung im Weltraum wird ... die Sicherheit Amerikas, ja die Sicherheit der ganzen Welt vermindern, die internationalen Beziehungen destabilisieren und ein neues gigantisches Wettrüsten auslösen, das uns hunderte Billionen Dollar kosten wird und uns nichts als Unsicherheit bringen wird. Ein aufwendigeres System (zur Abwehr von Raketen) würde Tausende Billionen Dollar kosten, aber es könnte verhältnismäßig leicht und mit geringeren Kosten überwunden werden, zum Beispiel durch Entwicklung wirkungsvollerer Angriffswaffen oder durch Methoden zur Ausschaltung (Irreführung) der Verteidigungssysteme. Daher ist es sinnlos, das bestehende Moratorium hinsichtlich Weltraummilitarisierung durch einen gigantischen und mittel-vergeudenden Plan aufheben zu wollen. ... Wäre nicht Diplomatie und geduldiges Verhandeln für einen Vertrag über Weltraummilitarisierung ein praktischerer und weiserer Kurs? ... Jeder vernünftige Mensch muss zum Schluss kommen: Kein Land kann Vorherrschaft im Weltraum erringen.

Militärische Leitsätze, die aus den Zeiten von Holzschiffen stammen, sind auf den Weltraum einfach nicht anwendbar. Aber ein Land agiert allein. Alle Regierungen in der Welt mit Ausnahme der US-Administration sind bereit, über eine Abmachung zu verhandeln, durch die eine Militarisierung des Weltraums verboten und die internationale Zusammenarbeit gefördert wird. Ein Vorschlag lautet, sich um nicht-formale Abmachungen zu bemühen, die bestimmte Aktivitäten im Weltraum untersagen würden. Das wäre ein aussichtsreicher Anfang, aber letztlich ist ein verpflichtender internationaler Vertrag, dem alle beitreten, die beste Lösung - und es ist höchste Zeit, das auf den Weg zu bringen ...

Es ist überraschend, dass Amerikas Freunde und Verbündete, mit wenigen Ausnahmen, bereit sind, uns mit der Destabilisierung des Weltraums fortfahren zu lassen, ... in einer Weise, die die ganze internationale Gemeinschaft bedroht. Wir sollten nicht vergessen, dass der Weltraum ein Teil des Gesamtkomplexes der Kernwaffen ist. ... Militarisierung des Weltraums in Verbindung mit zeitlich unbegrenzter Beibehaltung von Kernwaffen ist eine kosmische Gefahr. Denken sie an eine Krise, in der Kernwaffenstaaten sich im höchsten Bereitschaftszustand befinden, und nun plötzlich ihre Beobachtungssatelliten und Navigationssysteme verlieren würden. Ein Kernwaffenerstschlag würde dann unmittelbar möglich werden.

Ohne Achtung des Völkerrechts und der Befolgung der UN Charta und der Vertragsverpflichtungen, insbesondere die im NPT festgelegten, untergraben wir ein System, das uns wohl nicht mit Vollkommenheit aber im Wesentlichen gut gedient hat. Wenn die Kernwaffenstaaten nicht willens sind, ihren Verpflichtungen für die vollständige Eliminierung von Kernwaffen nachzukommen, dann können wir nicht erwarten, dass andere Staaten neue und notwendige Beschränkungen hinsichtlich einer Weitergabe nuklearer Technologie akzeptieren ... Und die Militarisierung des Weltraums würde das vom NPT geschaffene Regime zum Untergang bringen.

Ein letzter Gedanke: Das radikale neokonservative Herangehen an internationale Angelegenheiten und das Völkerrecht, das kennzeichnend für die derzeitige US-Administration ist, geht zu Ende. Das war eine moralische und strategische Katastrophe. Das Verfassungssystem der USA wurde untergraben, unsere Bürgerrechte werden bedroht, unser Land wurde in Schulden gestürzt, unsere internationale Reputation zerstört, und berechtigt werden Fragen gestellt hinsichtlich unserer Fähigkeit, unsere eigenen Angelegenheiten und erst recht die der internationalen Gemeinschaft zur regeln. Es hat tausende Leben im Irak gekostet und das Land ins Leid gestürzt. Die nationale Sicherheit wurde geschwächt und auch die internationale Sicherheit. Jetzt beginnt ein hoffnungsvolleres Kapitel in meinem Land. ... Wir müssen uns zusammenschließen und unsere gemeinsamen Bemühungen für eine positive Wende erneuern. Eine neue Generation versteht, dass es wichtig ist, in eine positive Richtung zu führen statt durch Schrecken zu radikalem Unilateralismus ..."