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Julius Mende - DIE SEXUELLE WELLE

  • Wednesday, 9. May 2007 @ 10:34
Zwischen Sinnlichkeit und Vermarktung. Bilder und Texte.

ISBN 978-3-85371-266-5, br., 240 Seiten, reich und farbig bebildert, 19,90 Euro, 34,70 sFr.

Bestellungen über bundesvorstand@kpoe.at Im Mittelpunkt der Bilder und Texte von Julius Mende steht der Sex. Der heute 60Jährige präsentiert damit ein in unterschiedlichsten Lebensabschnitten praktisch, künstlerisch, theoretisch und pädagogisch erfahrenes Bild einer lebendigen Sinnlichkeit, die er gleichwohl durch die Warenwelt deformiert sieht. Indem er die persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität politisch aufarbeitet, kann das vorliegende Buch auch als Kulturgeschichte gelesen werden. Mende spannt dabei den Bogen von der verklemmten Nachkriegsepoche über die (angebliche) Befreiung der Sexualität in den Kommunezeiten der 1960er und 1970er Jahre bis zur zunehmenden marktwirtschaftlichen Zurichtungen von Körperbeziehungen in den vergangenen 25 Jahren.

Am Beginn steht der gequälte Mensch der 1960er Jahre, der in traditionelle Moral- und Herrschaftsstrukturen eingespannt ist. Trotz oder wegen seiner Kommuneerfahrungen kommt der Autor zu dem Schluss, dass selbstbestimmte Sexualität kaum lebbar sei. Am deutlichsten wird der Befund einer verdinglichten und amputierten Sexualität in den parodistischen Gummisexobjekten, die im Zusammenhang mit einer Großausstellung über Lernmaschinen 1970 an der Wiener Universität gezeigt wurden. Die Beschlagnahme durch die Polizei zeigte den AktivistInnen, wie schnell nicht-konforme Beschäftigung mit dem Thema Sex kriminalisiert werden konnte. Im Angesicht polizeilicher Repression entschied sich Mende für die Sozialarbeit. Das Thema Sexualität diente ihm dabei als Motor im Kampf gegen Zensurmaßnahmen.

Seine künstlerische und sexualpädagogische Beschäftigung kreist bei aller Zerfahrenheit um ein Zentrum: der Sehnsucht nach dem sexuellen Glück. Im Getümmel der Desformationen, die sexuelle Äußerungen in Werbung und Sexshops erfahren, sowie geprägt von diversen homo- und heterosexuellen Praktiken und Initiativen wittert der Autor einen Rest von Sinnlichkeit. Diesen versucht er in seinen neuesten künstlerischen Arbeiten, die nach seiner Pensionierung als Lehrer entstanden sind, zu erhaschen. Überdeutliche sexuelle Malereien begleiten diesen Lebensabschnitt. Sie zeigen starke Frauen, auch was ihre Leibesfülle betrifft, und stramme Schwänze. Die Akteure scheinen dabei dem Betrachter zuzuzwinkern, Sexualakrobatik wird nicht ohne Ironie gezeigt.

Der Autor: Julius Mende, geboren 1944 in Salzburg, studierte Malerei bei Max Weiler in Wien. In der 1968er-Bewegung zählte er zu den provokantesten Künstlern, später wandte er sich der Pädagogik zu. Erotische Arbeiten bestimmen sein Schaffen. Mende war nach dem Fall der Berliner Mauer Bundessprecher der KPÖ und Chefredakteur des Theorieorgans "Weg und Ziel". Zahlreiche Publikationen, u.a.: "Der Sexkoffer" (Wien, 1989) und "Verbotene Liebe" (Wien, 1998).