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Propst: Die heutige Ehrung soll auch Anlass sein, allen WiderstandskämpferInnen zu danken!

  • Friday, 1. June 2007 @ 15:25
Fritz Propst und weitere 14 Antifaschisten, die in den Reihen der britischen Armee gegen den Nazifaschismus kämpften, wurden heute vom Land Wien - spät, aber doch - geehrt. Wir bringen die Dankes-Rede, die Fritz Propst aus diesem Anlass hielt. Unter den geehrten fanden sich insgesamt 4 Mitglieder der KPÖ. Sehr geehrte Frau Stadträtin Wehsely!

Im Namen meiner Kameraden danke ich Ihnen, dem Herrn Bürgermeister, dem Wiener Stadtsenat und dem Wiener Gemeinderat für diese hohe Auszeichnung.

Ich danke Excellenz Mc.Gregor, Botschafter des Königreiches Großbritannien und Lft. Colonel Leonard Chapman, Militärattache der britischen Botschaft in Wien, dass sie uns die Ehre erweisen, bei unserer Auszeichnung anwesend zu sein. Ich begrüße Sie alle, meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde!

In Namen der hier ausgezeichneten Wiener Veteranen der britischen Armee danke ich der Kulturabteilung der Stadt Wien, sowie Allen, die sich für unsere Ehrung eingesetzt haben.

Die hier ausgezeichneten Freiheitskämpfer kommen aus verschiedenen politischen und beruflichen Kreisen unserer Gesellschaft, aber uns alle einte der gemeinsame Wille, unser Österreich vom Joch des Nationalsozialismus zu befreien und dem Krieg und dem Morden ein baldiges Ende zu setzen. Mit dieser Ehrung wird ein weiterer Schritt zur Bewältigung der Vergangenheit gemacht, was in einer Zeit, in welcher mit rassistischer Hetze Wahlkämpfe geführt werden, dringend notwendig ist.

Was mich persönlich betrifft, waren es die „Rote Falken“, die mir in der Gemeinschaft mit gleichaltrigen Freunden Sinn im Leben gaben und die Grundlagen meiner sozialistischen und antifaschistischen Gesinnung legten. Deshalb ein Danke an die Rote Falken.

Ein großes Danke sage ich auch dem Kommunistischen Jugendverband, in dessen Reihen ich den opferreichen Kampf gegen den Faschismus geführt habe, und der mir dafür die Kraft und den unerschütterlichen Glauben gab, dass dieser Kampf notwendig ist und gewonnen wird. Ich danke meinen Genossen, die mir die illegale Flucht in die Tschechoslowakei ermöglichten.

Ein herzliches Dank dem jüdischen Hilfskomitee und dem Bloomsbury House, welches hunderte Kinder und Jugendliche nach England gerettet haben, sowie dem britischen Volk, das uns Flüchtlinge so großzügig aufgenommen hat, wenngleich dessen Regierung 1940 alle deutschen und österreichischen jüdischen und politischen Flüchtlinge als „feindliche Ausländer“ hinter Stacheldraht setzte. Hier gebührt mein Dank der liberalen Abgeordneten Miss Rathbone und dem Labour Abgeordneten Mr. Hutchison, die sich mit vielen Dringlichkeitsanfragen im House of Commons, dem britischen Parlament, für die Freilassung der Flüchtlinge aus der Internierung einsetzten.

Als ich im März 1939 als politischer Flüchtling nach England kam, traf ich dort meine Wiener Freunde Otto Brichacek und dessen Frau Berta. Wir sahen, wie durch das jüdische Hilfskomitee Hunderte jugendliche Österreicher nach England gerettet wurden. So entschlossen wir uns im Rahmen des „Austrian Centre“ und als Teil des „Free Austrian Movements“ eine Jugendorganisation zu gründen, die sich „Young Austria“ nannte und dankenswerter Weise übernahm der Erzbischof von Canterbury das Patronat. In Kürze entstanden in allen größeren Städten Englands „Young Austria“ Gruppen. Wir erreichten einen Mitgliederstand von 1500. Auf einem Kongress wurde Otto Brichacek zum Vorsitzenden und ich zum Vizevorsitzenden und Sekretär gewählt. Wir wollten den in Großbritannien gestrandeten jungen Menschen, die der englischen Sprache nicht mächtig, zum erstenmal in ihrem Leben allein und in größter Sorge um das Schicksal ihrer Eltern sich selbst überlassen waren, einen Rückhalt und frischen Mut im Leben geben. „Young Austria“ leistete eine enorme Öffentlichkeitsarbeit.

Als im Juni 1943 das „War Office“ grünes Licht gab, dass wir jungen Österreicher in alle Waffengattungen der britischen Streitkräfte eintreten durften, rief ich als Vizevorsitzender von „Young Austria“ alle jungen Österreicher in Großbritannien auf, sich gleichzeitig mit mir bei den Rekrutierungszentren einzufinden. Wir hatten bis dahin verhandelt und gehofft, dass wir eine österreichische Einheit innerhalb der britischen Streitkräfte bilden könnten. Mehr als 500 junge Burschen und auch Mädchen haben meinem Aufruf Folge geleistet. Alle englischen Tageszeitungen brachten darüber große Bildberichte. Ich danke Allen, die meinem Aufruf gefolgt sind und verbeuge mich in Ehrfurcht und Trauer vor jenen Freunden, die in diesem Kampf ihr Leben ließen. Unter den hier ausgezeichneten Kameraden gibt es auch Einige die im seinerzeit britischen Protektorat Palästina lebten und dort der britischen Armee beitraten. „Young Austria“ hatte Kontakt auch zu Gruppen junger Österreicher in Amerika, Kanada und Palästina, die unseren Aufruf erhielten.

Wir jungen Österreicher, vertrieben aus unserer Heimat, die Eltern in Konzentrationslagern ermordet, haben unsere Pflicht getan, auf welche die Alliierten das österreichische Volk auf der Moskauer Konferenz hingewiesen hat. Darin hieß es: „Wenn Österreich in den alten Grenzen wiedererstehen soll, muss das österreichische Volk selbst auch einen Beitrag dazu leisten!* Unsere Frauen und Mädchen haben in England unseren militärischen Einsatz unterstützt, indem sie in Kriegsbetrieben arbeiteten und weiterhin bei Kulturveranstaltungen mitwirkten. Einen großen Dank unseren Mädchen und Frauen!

Den Erlös großer Konzerte und Kulturveranstaltungen, sowie die Einnahmen einer Geldsammlung verwendeten wir für den Ankauf einer fahrbaren Röntgenstation für die Rote Armee und einer fahrbaren Kantine für die britischen Streitkräfte. Letztere übergaben wir Premierminister Churchill. Welche Bedeutung unsere Tätigkeit in England hatte beweist ein Bericht, voll Geifer und Hass geschrieben, auf der Titelseite im „Völkischer Beobachter“ vom 20. Februar 1942:

„Churchill verspricht galizischen Juden ein freies Österreich“

Hier zeige ich Ihnen eine Fotokopie dieser Ausgabe. Eine bessere Bestätigung über die Bedeutung unserer Tätigkeit gibt es gar nicht wenn sich sogar die Naziregierung mit der Tätigkeit von „Young Austria“ beschäftigt hat. Bemerkenswert ist auch die Aussage Churchills, der unsere Aktivitäten lobte und zum *erstenmal* davon sprach, dass Österreich in den alten Grenzen, als freies Österreich, wiedererstehen soll.

Die heutige Ehrung sollte auch Anlass sein, jenen britischen und österreichischen Kampfgefährten zu gedenken, die in diesem Kampf für ein freies Österreich ihr Leben verloren haben. Sieben österreichische Kameraden sind bei der Erstürmung der französischen Küste oder danach gefallen, viele sind schwer verletzt worden. Ich möchte stellvertretend für alle Gefallenen einen Bericht über das tapfere Verhalten unseres Freundes Harry Weiss wiedergeben, den die Lokalzeitung seines Yorker Wohnsitzes brachte. Ich verlese eine deutsche Übersetzung der Yorker Tageszeitung „Harrogate Adviser“:

„Harry`s Bataillon der King`s Own Yorkshire Light Infantery hatte sich den Weg in ein Dorf durchgefochten. Der Feind hatte den Angriff nicht erwartet und zog sich in aller Eile zurück. Als Harry ein Gebäude durchsuchte, das offensichtlich das Hauptquartier der Deutschen war, läutete das Telefon. Harry hob den Hörer ab und fragte deutsch, wer dort spreche. Der Deutsche am anderen Ende sagte: `Hauptmann Steiner, wer spricht dort?´ Harry stellte sich als Korporal vor, der das Telefon bediene und sagte: `die Engländer haben uns überrascht und haben fast die ganze Stadt besetzt. Ich bin allein, was soll ich tun?´ Der Deutsche stieß einen Fluch aus und sagte: `Ich ziehe mich mit dem Hauptquartier in ein Dorf zurück, das da und da gelegen ist. Schneiden sie die Drähte durch und kommen sie sofort hierher.´ Harry meldete seiner Divisionsartillerie sofort die Stellung und ein heftiges Sperrfeuer machte das Gebiet dem Erdboden gleich. Im weiteren Verlauf des Kampfes wurde Harry schwer verwundet und starb einen Heldentod.“

Dazu noch ein paar Worte zu dem großen österreichischen Lyriker unserer Zeit, Erich Fried, der leider allzu früh gestorben ist. Wir haben damals diesen jungen Buben, der so schöne Gedichte machen konnte, entdeckt. Er war ein Mitglied unserer Jugendgruppe und wir haben seine ersten Gedichte in einem Goldband drucken lassen. Ich möchte abschließend ein kleines, wenig bekanntes Gedicht vortragen, dass er jenen jungen Österreichern gewidmet hat, die in die britische Armee eintraten.

Österreichische Freiwillige im britischen Heer

Österreich hat Euch wenig gegeben, und zerschlagen werdet Ihrs erben, aber für dieses Land wollt ihr leben – oder sterben. Träumer ward Ihr, Verjagte, Entfernte, Manchmal hab´ ich Euch zugehört: Was Ihr spracht, war oft halbgelernte Phrase und hat mich gestört. Das Ihr nun hingeht ohne zu schwanken, zeigt, wie echt Euch die Phrase war Oft kennt das Hirn erst halbe Gedanken, und das Herz denkt schon klar. Blutlos blass schien Euer Bestreben, nun fließt Blut, es zu färben, denn Ihr werdet für Österreich sterben oder leben.

Sehr veehrte Damen und Herren. Hier unter uns ist mit Richard Wadani auch ein Freund, der seinerzeit aus der deutschen Wehrmacht desertierte. Ein Bundesrat des BZÖ erklärte ausgerechnet im Gedenkjahr 2005: „Deserteure sind Soldatenmörder“. Genau das waren aber die Worte von Goebbels und seiner Scharfrichter, sowie der übrigen Scheiße von Naziführern, die Deserteure aufhängen oder Köpfen ließen. Dieser totale Krieg hat mehr als 50 Millionen Menschen das Leben gekostet! Ich fordere die Justizministerin auf, die Staatsanwaltschaft endlich tätig werden zu lassen!!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!