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Rede von Fritz Propst auf der 12. Februar-Kundgebung

  • Saturday, 10. February 2007 @ 14:28
Genossinnen und Genossen! Sozialdemokratische Freiheitskämpfer! Junge Freunde der SJ die Ihr auf der Rückseite Eurer SJ Bluse die Worte „Für Sozialismus“ stehen habt, Ich gehöre zu Euch, ich bin einer von Euch! Ich bin einer von den wenigen noch lebenden Februarkämpfer. Ich habe in Favoriten gemeinsam mit etwa 30 SJ-ler das zentrale Heim der SAJ vor Angriffen der Heimwehr mit insgesamt 5 alten Gewehren aus dem 1.Weltkrieg verteidigen wollen und wir hätten bis zum letzten Mann gekämpft, aber weder die Polizei noch die Heimwehr traute sich am 12. und 13. Februar nach Favoriten. Die Polizeiwachstuben in Favoriten waren geschlossen. Ein Regierungsbeauftragter ließ die Genossen im Quellenhof, wo sich eine Hundertschaft des Schutzbundes befand, wissen, dass, wenn nicht der Schutzbund den Quellenhof räumt, Militär vom Laaerberg den Wohnbau mit Kanonen in Schutt und Asche legt. Das Militär hatte bereits Stellung bezogen. Zwei Genossen, Otto Brichacek und ich, wurden beauftragt die Situation zu erkunden, und es wurde angesichts dieser Drohung entschieden, den Rückzug anzutreten. Wir konnten nicht verantworten Frauen und Kinder zu gefährden. Das christlichsoziale Herz hätte es aber über sich gebracht, tatsächlich in dieses Wohnhaus mit Kanonen zu schießen. Siehe Karl Marx Hof und Goethe Hof, die sie tatsächlich mit Kanonen beschossen haben!

Auch Karl Münichreiter wollte im Februar 1934 die Demokratie verteidigen, er wollte den Faschismus in Österreich verhindern. Dafür stand aber die Todesstrafe, verhängt von einer Partei, die sich Christlichsoziale Partei nannte und deren Kanzler Dr. Engelbert Dollfuß hieß. Dieser Mann, dessen Bild noch immer im Lokal des Parlamentsklubs der Österreichischen Volkspartei hängt, hat nicht nur viele Menschenleben auf seinem Gewissen, sondern er ist der Hauptverantwortliche für die Beseitigung der Demokratie in Österreich und damit für den Untergang unseres Staates im März 1938. Der Hang der ÖVP zum Bündnis mit den rechtsextremen Parteien liegt daher offenbar in der Nähe mancher Gemeinsamkeiten mit der Vergangenheit.

Wir gedenken mit Hass jenes Mannes, der das Leben eines 3-fachen Vaters auslöschte und viele weitere Morde auf seinem Gewissen hatte. Diese Nachfolgepartei des christlichen Gewissens hat in ihrem Programm die Maximierung der Profite und die Besteuerung der breiten Massen. Natürlich behauptet sie das Gegenteil, sie war jedoch nicht bereit der Forderung nachzugeben, die Studiengebühren zu streichen, oder einen Solidaritätsbeitrag der besser Verdienenden zuzustimmen. Und dies, obwohl sie die letzte Nationalratswahl und die Mehrheit verloren hatte. Demokratie und Einsicht, das ist für manche dieser Politiker eben nicht einfach.

Auch die Unterhändler für eine Koalitionsregierung haben sich als „Weich-Ei“ erwiesen, denn die haben in diesen zwei entscheidenden Fragen nachgegeben, obwohl die Partei und Genosse Gusenbauer ausdrücklich dafür ein Wahlver- sprechen abgaben. Die OVP hatte doch keinen Ausweg, hätten sie wegen diesen beiden Fragen die Verhandlungen scheitern lassen, sie wären bei einer neuer- lichen Wahl sang- und klanglos durchgefallen. Jetzt allerdings steht die SPÖ schlecht da, denn die Jugend vergisst nicht, wenn man sie belogen hat.

Man sagt, es ist wichtig, aus der Geschichte zu lernen. Ich habe das lange Zeit nicht geglaubt. Denn als ich zur Schule ging, hatten wir im Geschichts- unterricht immer die Lebensgeschichte „unseres“ Kaisers im Programm. Wir hörten nichts davon, wie es den einfachen Menschen ging, sondern lernten nur von den Schlössern des Kaisers, wie viele Kinder er hatte und wann sie zur Welt kamen. Das mussten wir dann bei den Prüfungen wissen, und all das bereits in der Republik, wo es gar keinen Kaiser mehr gab.

Auch jetzt wird im Geschichtsunterreicht der Jugend nichts über den 12. Februar 1934 erzählt, noch weniger wie der Faschismus zur Macht kam. Mit dem 12. Februar hat es aber nicht begonnen und man kann die damalige Führung der Sozialdemokratischen Partei nicht davon freisprechen, dass sie die Arbeiter im Stich ließen und im Kampf gegen den fortschreitenden Faschismus nichts unternahm. Als Dollfuß im Jahre 1933 das Parlament ausschaltete, gab es nur Deklarationen und Beschwichtigungen. Ich war damals in der sozialdemokratischen Kinder- u. Jugendbewegung aufgewachsen und als Führer einer Rote Falkengruppe gemeinsam mit 3 anderen Rote Falken Funktionären in Kontakt mit dem illegalen KJV und wir traten diesen bei. Ich höre es noch heute in meinen Ohren, wie Karl Renner an die Adresse Koloman Wallisch gerichtet, der im Parteivorstand vor der Gefahr des Faschismus warnte, sagte: „Faschismus in Österreich, - die jagen wir mit nassen Fetzen davon!“

Die Partei hatte sich damit damals von den Massen ihrer Anhänger isoliert und nur die Entschlossenen haben sich zur Wehr gesetzt, das war zuwenig und doch von großer Bedeutung! Zum erstenmal in Europa haben Arbeiter zu den Waffen gegriffen um den Faschismus abzuwehren.

Denken wir immer daran: Wehret den Anfängen! Nehmt Euer Schicksal in eigene Hände! Bleibt immer kritisch! Nur die geballte Kraft aller Werktätigen, Studenten und geistig Schaffenden kann und wird siegen!

Freundschaft und Freiheit!