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Nicht die PazifistInnen sind die Utopisten des 21. Jahrhunderts

  • Tuesday, 1. August 2006 @ 10:31
Frieden Grußbotschaft von Walter Baier an die OrganistorInnen der Hiroshima-Gedenktages. Liebe FreundInnen,

Die Kriege im Nahen und Mittleren Osten drohen sich in zu einem weltweiten Flächenbrand auszuweiten, wenn nicht gelingt, ihre Dynamik zu unterbrechen. Die durch die jüngste israelische Aggression ausgelöste Ereigniskette bestätigt ein weiteres mal die Hauptthese der Friedensbewegung. Wenn das hinter einem Konflikt stehende soziale, politische und nationale Unrecht nicht bearbeitet wird, so kann ihn auch keine Macht der Welt - selbst die x-fach übermächtige israelische Militärmaschine, samt ihrem Atwomwaffenarsenal aus der Welt brennen. Die Friedensbewegung - auch in Israel - und weitsichtige Politiker wie Bruno Kreisky haben vor Jahrzehnten erkannt, dass nur die wechselseitige Anerkennung der Existenz- und Selbstbestimmungsrechte aller in der Region lebenden Völker, einschließlich des palästinensischen und des israelischen, ermöglicht, Sicherheit zu schaffen, und die Wunden zu heilen. Dies aber scheint nun in noch weitere Ferne gerückt.

Weil der tragische Verlauf der Ereignisse die Perspektivlosigkeit des Kriegsparadigma auf die depremierendste Art erweist, ertrage ich auch die kriegsgeilen Kiebitze aller Provenienzen immer weniger, die aus sicherer Distanz und über die Leichenberge hinweg den Militarismus der einen oder der anderen Seite bejubeln.

In unserer Gesellschaft mit ihren antisemitischen, rassistischen und islamophoben Prägungen muss man offensichtlich klarstellen: Der neuerliche Nahost-Krieg ist nicht etwa zu verurteilen, weil er der Krieg Israels wäre, sondern weil er, so wie jeder andere Krieg, das Leben zahhloser Menschen zerstört und eine humanitäre Katastrophe heraufbeschwört; und der Terrorismus ist nicht zu verurteilen, weil es sich um einen palästinensischen oder arabischen Terrorismus handelte, sondern, weil er sich wie jeder Terrorismus gegen Unschuldige und Unbeteiligte richtet, und damit sogar den für das Unrecht Verantwortlichen in den Hände arbeitet.

Offensichtlich, fast zum Mit-den-Händen-Greifen, wird die Richtigkeit der von der Friedensbewegung seit je verkörperte Einsicht, dass in der heutigen Welt keine humane Alternative zum Pazifismus existiert. Nicht die PazifistInnen sind die Utopisten des 21. Jahrhunderts, sondern die jenigen, die den Krieg weiterhin als eine irgendwie akzeptable Fortsetzung der Politik betrachten wollen.

Dafür ein Zeichen zu setzen, gibt es kaum einen geeigneteren Anlass als das alljährliche Gedenken der ersten Atombombenabwürfe.

Walter Baier