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Konstituierung des KSV-Wien

  • Wednesday, 5. July 2006 @ 09:18
Die KPÖ-Wien Aufgrund von Nachlässigkeiten in der Verwaltung der Mitgliederevidenz und der Nicht-Einhebung von Mitgliedsbeiträgen hat sich in der Wiener Grundorganisation des KSV der Umstand ergeben, dass den tatsächlich Aktiven eine weitaus größere Zahl inaktiver „Mitglieder“ gegenüberstand. Dies war bisher nicht weiter tragisch, da es über viele Jahre hinweg möglich war, auf Grundlage des Selbstverständnisses des KSV konsensual zu Lösungen zu kommen. Da dies in der derzeitigen Situation nicht mehr möglich scheint und die Verhältnisse für die Mehrheit der tatsächlich Aktiven im KSV nicht mehr tragbar sind, haben wir uns entschlossen, uns eigenständig als Kommunistischer StudentInnenverband Wien zu konstituieren.

Der KSV hatte sich in den letzten 15 Jahren ein Selbstverständnis erarbeitet, das den Versuch beinhaltet, unterschiedliche marxistische und radikal linke Positionen zu integrieren, Fragen gesamtgesellschaftlicher Zusammenhänge zu stellen und Veränderungen auf Österreichs Universitäten und darüber hinaus zu propagieren und initiieren – all dies in solidarischer und gleichberechtigter Zusammenarbeit mit anderen linken Gruppen, v.a. in enger Verbundenheit mit der linken studentischen Basis.

Aus den Diskussionen der 90er Jahre wurden wertvolle Impulse aufgenommen, was zur Ablehnung oder zumindest Distanzierung von paternalistischen und autoritären Sozialismusvorstellungen führte und Platz für die Formulierung radikaldemokratischer, feministischer, antiautoritärer und antirassistischer Positionen schaffte.

Leider wird dieses Verständnis kommunistischer und linker Politik heute von einer Retro-Stalinistischen Variante negativer Traditionen im „K-Bereich“ wieder angegriffen: In einem Statutenentwurf der 2 Wochen (!) vor einer von der KSV Grundorganisation Graz „einberufenen“ Bundeskonferenz zur Diskussion und Beschlussfassung vorgelegt wurde, heißt es: „Dieses Grundsatzprogramm des KSV dient dazu, aus unserer Handlungsanleitung zu einer besseren, einer kommunistischen Welt, also dem Marxismus-Leninismus, Möglichkeiten für ein Auftreten auf den österreichischen Hochschulen des 21. Jahrhunderts zu erarbeiten.“ Kurz darauf wird im selben Papier die „schlichte Nicht-Beachtung oder Ablehnung“ dieses Glaubenssatzes als „unvereinbar mit dem Wunsch, Teil unseres Verbandes zu sein“ bezeichnet, was zusammengenommen nichts anderes als eine theoretische Verengung des KSV in Rückgriff auf eine auf einen Katechismus reduzierte Form dogmatischer Weltanschauung, die besser mit dem Begriff „Stalinismus“ umschrieben wird, und die anschließende „Säuberung“ von allen „AbweichlerInnen“ und „Andersdenkenden“ bedeutet.

Feindliche Übernahme

Mindestens genauso bedenklich stimmt auf dieser (im Grunde statutenwidrigen) Konferenz neben dem blitzartigen Durchpeitschen eines Statuts, das den KSV von nun an als „marxistisch-leninistisch“ definiert, was er glücklicherweise die letzten 20 Jahre nicht war, die Tatsache, dass eine Bundesleitung gewählt werden soll, die sich zu einem Großteil aus seit Jahr und Tag nicht aktiven Wiener „Mitgliedern“ bzw. aus „Mitgliedern“, die – wenn überhaupt – in länger zurückliegender Vergangenheit höchstens Wochen oder wenige Monate aktiv im KSV waren, zusammensetzt. Nicht nur, dass von diesen „TraditionalistInnen“ eine Auseinandersetzung mit der Geschichte, den Positionen und der Identität des KSV nie statt fand oder auch nur gesucht wurde (Die Aufforderung zur „gründlichen Lektüre der Klassiker des Marxismus-Leninismus“ im Grazer Statutenentwurf spricht Bände über die schlichte Ignorierung jeder feministischen oder einfach auch emanzipatorischen Kritik männlich belegter Wissenschaftsgeschichte.), handelt es sich hier jedoch keineswegs um ein KSV-Internes Problem, da die Übernahme und ideologische und politische Neupositionierung des KSV mit organisatorischer und juristischer Hilfe einer fremden Organisation, eines Spaltprodukts der KPÖ, vonstatten geht.

Spielball KSV, Knackpunkt KPÖ

Wichtiger als die theoretische Positionierung und politische Arbeit des KSV scheint es einem Teil der so handelnden Mitgliedschaften-SammlerInnen zu sein, ihr Wirken in Opposition zu der von ihnen verlassenen KPÖ zu stellen, konkret: möglichst viele Organisationen aus dem „KPÖ – Universum“ herauszubrechen und primär gegen die KPÖ zu instrumentalisieren, auch wenn einzelne Landesorganisationen der KPÖ dabei „geschont“ werden. Fundierte Kritik an der KPÖ kann und soll formuliert werden (der KSV tat dies z.B. in der EKH Frage), jedoch handelt geht es hier um etwas anderes, nämlich um eine an maoistische Strategien der 70er Jahre erinnernde letztendlich reaktionäre Kampagne dogmatischer Kräfte gegen eine der zentralen Formationen emanzipatorischer Politikansätze hierzulande.

Wir fürchten, dass der KSV, der bisher bei prinzipieller Solidarität mit der KPÖ immer eigenständig Positionsfindung und Politikentwicklung erarbeitet hat, seine Identität und Unabhängigkeit als Vorfeldorganisation des Spaltprodukts der KPÖ einbüßt. Die praktische Entsprechung des Dogmatismus der zum Teil verdeckt agierenden Personen, Frauenfeindlichkeit, Männerbünde, Mobbing bis hin zu Morddrohungen und Arroganz und Nicht-Akzeptanz gegenüber divergierenden Meinungen, lässt uns keine andere Wahl als auch öffentlich klar zu machen, dass es verschiedene – einander inzwischen ausschließende – Positionen gibt und auf eigenständiger Grundlage für unsere Positionen zu werben.

Kontinuitäten und Brüche

Wenn mancherorts die Verkündigung der Unfehlbarkeit der eigenen Lehre Linke zu „VerräterInnen“ und den ersten Feinden erklärt, sodass eine Koalition mit Konservativen nur logisch erscheint, so halten wir weiterhin die Bereitschaft zu Zusammenarbeit, Diskussion und Lernprozess mit anderen Linken ohne Führungsanspruch fest, und halten unsere Orientierung an breiten linken Bündnissen gegen Reaktion und Konservativismus in der Bildungspolitik und darüber hinaus fest. Insofern werden wir die nächsten Monate für Gespräche mit interessierten Gruppen und Einzelpersonen zur Bildung von Bündnissen, Aktionseinheiten, Diskussionsforen, Reflexionsräumen, etc. nutzen. Auf dieser Basis werden wir auch mit unseren PartnerInnen unsere Arbeit in der ÖH fortsetzen. Zugleich wollen wir in dieser Situation einen längst überfälligen klaren Trennstrich gegenüber Autoritarismus, Menschenverachtung, Frauenfeindlichkeit und Intoleranz setzen. Dies heißt noch immer den Dialog zu Grundorganisationen und Einzelpersonen aus dem KSV zu suchen, jedoch unter der Prämisse derartige Verrohungen auch nicht „augenzwinkernd“ oder sonst wie relativierend zu akzeptieren.

Vota Comunista!

Wien, den 1. Juli 2006