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95 Jahre Mietervereinigung

  • Tuesday, 23. May 2006 @ 12:18
Es ist zu begrüßen, dass die größte MieterInnen-Schutzorganisation Österreichs, die Mietervereinigung Österreichs (MV), auf ihrer Generalversammlung letzte Woche ein 20-Punkte-Programm zur Senkung der Wohnkosten beschlossen hat.
Allein es fehlt an Interesse zur Mobilisierung und so halten wir heute, nach 95 Jahren MV beim einem MieterInnen-Schutz der keiner mehr ist.

von Josef Iraschko Zum einen wollen wir der Mietervereinigung zu ihrem historischen Geburtstag weitere viele Jahre wünschen, aber andererseits auch festhalten, dass die 95 Jahre deutliche Spuren der Verweichlichung und Anpassung, sowie des Verlustes jeglicher wirksamen Radikalität und
Mobilisierung hinterlassen haben.

Die angegebene beeindruckende Zahl von rund 70.000 Mitgliedern lässt gerade zu einem solchen Geburtstag die Frage angebracht erscheinen, warum mit einer derart geballten Kraft nicht auch wohnpolitische Erfolge
erzielt werden können. So wichtig Servicearbeit in Sachen MieterInnen-Schutz auch ist, so wurden doch alle Verschlechterungen im Mietrecht seit 1983 ohne Mobilisierung der Mitglieder hingenommen. Immer
dann, wenn die SPÖ die Regierung stellte, gab es nicht einmal verbalen Widerstand und so stehen wir heute vor einem MieterInnen-Schutz, der keiner mehr ist. Diese Gängelband-und Beschwichtigungsfunktion hat der
Mobilisierungsfähigkeit gegenüber den Mitgliedern sicherlich sehr geschadet. Hier wäre eine Besinnung zur eigenen Entstehungsgeschichte sehr hilfreich.

Es musste erst die ÖVP/FPÖ-Regierung Schüssel kommen, damit sich die MV nach langer Zeit wieder auf eine zumindestens verbal-radikale Oppositionsrolle zur Regierungslinie besann. Und leider erweckt auch das
jetzt beschlossene 20-Punkte-Programm zur Wohnkostensenkung den Eindruck, dass es eigentlich nur der besseren Profilierung der SPÖ-Mutter im kommenden Wahlkampf dient. Denn nirgendwo wird uns gesagt, wie und ob die MV auch bereit sein wird, ihre Mitglieder zu politisieren und zu mobilisieren, um ein solches Programm auch durchsetzbar zu machen.

Zu einigen Positionenen im Einzelnen, die eine
MieterInnen-Schutzorganisation nicht festschreiben sollte: So sind wir generell gegen die weit überhöhten Richtwertmieten und schon gar nicht für eine zusätzliche 25%-Deckelung der Zuschläge. Wir sind auch gegen jegliche Lagezuschläge. Die KPÖ fordert im Gegensatz dazu die Rückkehr zu den Kategoriemietzinsen und sofortigen Mietzinsstopp, indem die Koppelung der Mieten an den Index aufgehoben wird. Was die Verringerung der Betriebskosten anbelangt, so kann man den aufgestellten Forderungen sicherlich zustimmen, auch was die Verringerung der Kaution und der Maklergebühren anbelangt. Richtig ist auch, die sofortige Aufhebung der Kostenpflicht in den
Außerstreitverfahren zu fordern.

Aber ohne eine andere Mitgliederpolitik bleibt das 20-Punkte-Programmein wirkungsloser Wunschzettel an den Weihnachtsmann. Für die MV stellt sich langfristig - wie beim ÖGB - die Überlebensfrage durch eine
eigenständige parteiunabhängige Politik. Wenn sie es in den nächsten Jahren schafft, sich aus der Parteienpolitik und deren Machtspielchen herauszulösen dann wünschen wir ihr gerne auch noch den 100. Geburtstag.

Josef Iraschko, MSZ