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Im Kapitalismus nichts Neues?

  • Thursday, 30. March 2006 @ 17:13
Österreich Zu den Fakten: Da kommen der BAWAG zwischen 1995 und 2000 999 Millionen ¤ in Spekulationsgeschäften abhanden und da wird im Oktober 2005 ein Blitzkredit (ohne Wiederkehr) von weiteren 350 Millionen ¤ an eine Firma vergeben, die an der Verschleierung der früheren BAWAG-Verluste beteiligt war. Geschäfte dieser Art sind in der Finanzwelt nichts Besonderes, Spekulationen können schief gehen.

Hier findet sich der Text als PDF-File zum Download Dass Banken im Kapitalismus so arbeiten, sollte eigentlich als bekannt gelten. Sie legen das Geld ihrer KundInnen an, damit es sich vermehre - vermehre zum Wohle der Eigentümer. Wer die BAWAG für ihre Finanzgeschäfte verteufelt, muss das konsequenterweise für alle Banken tun. Glaube nur keine/r, die arbeiten seriöser, beschönigen ihre Bilanzen nicht oder verschieben nicht Kapital in großen Mengen.

Wolfgang Flöttl (Sohn des ehemaligen BAWAG-Generaldirektors, Investmentbanker) und Helmut Elsner (Ex-BAWAG-Generaldirektor), dden für die missglückten Spekulationsgeschäfte der BAWAG verantwortlichen Personen, wird vorgeworfen auch auf die eigene Tasche genau geschaut zu haben - daher wurden mittlerweile sogar strafrechtlich Maßnahmen eingeleitet.

Der politisch brisante Teil der Geschichte, der alle 1,4 Millionen ÖGB-Mitglieder und indirekt alle ArbeitnehmerInnen in Österreich betrifft, beginnt mit der Verflechtung von ÖGB und BAWAG. Unter kapitalistischen Verhältnissen ist es zwar nicht prinzipiell verwerflich, dass auch die ArbeitnehmerInnenvertretung eine Bank besitzt und sich dadurch wirtschaftliche Macht und Handlungsspielraum schafft. Aber genau der Handlungsspielraum wurde in fahrlässiger Weise riskiert.

Vizepräsident und BAWAG-Aufsichtsratschef Günter Weninger gewährte nämlich mit Wissen von Ex-ÖGB-Präsidenten Fritz Verzetnitsch der BAWAG eine Ausfallshaftung für die infolge der Spekulationsgeschäfte entstandenen Verluste und riskierte damit das gesamte ÖGB-Vermögen inklusive der Gelder des Streikfonds. Diese Haftung ist zwar nicht schlagend geworden, die BAWAG hat sich inzwischen durch diverse andere Finanztransaktionen weitgehend saniert, hätte es aber werden können. Für 120 Millionen ¤ haftet der ÖGB aber nach wie vor.

Ein Rückblick: Die schwarz-blaue Regierungskoalition zerschlägt und teilprivatisiert die ÖBB. Ein Streik der EisenbahnerInnen im Jahr 2003 wird nach wenigen Tagen erfolglos beendet. Eben diese Regierung beschließt die größte Pensionsraubreform in der 2. Republik, redet uns die Notwendigkeit der privaten Pensionsvorsorge ein, während gleichzeitig das umlagefinanzierte Pensionssystem als unfinanzierbar erklärt wird. Abgesehen davon, dass auch mit den in die privaten Pensionskassen eingezahlten Geldern undurchschaubare Finanzgeschäfte getätigt werden und unser aller Altersversorgung damit fahrlässig Spekulanten überlassen wird, wäre es Aufgabe des ÖGB gewesen, den vorhandenen Unmut der ArbeitnehmerInnen in Protest- und Streikaktionen zu organisieren. Dass das nicht passierte, hat u.a. die mittlerweile bekannt gewordenen Gründe. Ein weiterer Grund liegt in Verzetnitschs bekannter Orientierung auf die Sozialpartnerschaft und seiner über Jahrzehnte betont nachgiebigen Haltung gegenüber der Arbeitgeberseite. Genügend Gründe, den Rücktritt von Fritz Verzetnitsch zu begrüßen.

Austritt aus dem Gewerkschaftsbund ist nicht die richtige Konsequenz aus den Ereignissen rund um die BAWAG. Im Gegenteil, der ÖGB ist als kämpferische Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen neu zu gestalten. Dazu braucht es vieler Mitglieder, die Vertrauen in ihre Interessenvertretung haben können und mit entsprechenden Mitspracherechten ausgestattet sind. Es gibt genug zu tun: die Interessen nicht nur der Menschen in regulären Beschäftigungsverhältnissen, sondern auch jene von prekär Beschäftigen und Erwerbsarbeitslosen sind zu vertreten. Und es bedarf der Organisierung von wirkungsvollen Maßnahmen - Streik inklusive - damit verhindert wird, dass unser aller Leben zum Spielball kapitalistischer Interessen wird.

"Solidarität" muss wieder mehr bedeuten als bloß der Name der Zeitung des ÖGB.

Welchen Risiken wir ArbeitnehmerInnen bezüglich unserer Gelder eingehen, ist unsere Entscheidung.

Und bei der nächsten Wahl womöglich wieder Schwarz, Blau oder Orange zu wählen ist ganz sicherlich nicht die Lösung. Die Regierung Schüssel muss nämlich ebenfalls weg!

KPÖ-Landstraße