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Armut ist weiblich

  • Sunday, 4. December 2005 @ 18:45
Frauen Obwohl Frauen die Mehrheit unter dem Wahlvolk darstellen, haben frauenpolitische Probleme und Themen für die Parteien im Wiener Wahlkampf nur eine geringe Rolle gespielt. Die KPÖ war die einzige Partei, die Zeichen in Richtung Feminisierung der Politik setzt und sie konnte mit ihrer Forderung nach einer „grundlegend anderen“ Politik auch durchaus punkten. Passend zum Auftakt des Wahlkampfes hatte SPÖ-Frauenstadträtin Wehsely einen Frauenbericht präsentiert, der dazu dienen sollte, die sozialdemokratische Frauenpolitik in Wien ins rechte Licht zu rücken. Für Kennerinnen der Frauenpolitik tat dieser das auch, nämlich durch das Verschweigen der wesentlichen Probleme, mit denen Frauen in Wien kämpfen müssen.

Frauenarbeitslosigkeit ist auf einer Rekordhöhe

Wien verzeichnet derzeit eine Arbeitslosigkeit von knapp 100.000, von denen beinahe zwei Drittel Frauen sind. Die Frauenarbeitslosigkeit befindet sich somit auf einem Höchststand im Vergleich zu anderen Bundesländern. Frauen sind zudem nicht nur häufiger von Armut durch zu geringes Einkommen ausgesetzt, sie verbleiben auch meist länger als Männer in dieser Situation. Zudem steigt die Anzahl der so genannten „Working Poor“, das bedeutet, dass Frauen vom Einkommen einer Vollerwerbstätigkeit nicht überleben können. Armut ist daher zu einem überproportionalen Ausmaß weiblich. Eine der wesentlichsten Ursachen, so Karin Heitzmann von der Armutskonferenz, ist die „Schlechterstellung von Frauen bei der Erzielung von Einkommen“. Obwohl weniger Frauen als Männer erwerbstätig sind, sind mehr erwerbstätige Frauen als Männer arbeitslos. Hinzu kommt noch der Fakt, dass viele Frauen in atypischen und somit prekären, schlecht bezahlten Jobs bzw. in Teilzeit oder geringfügig arbeiten. Die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen ist in Wien die höchste im Bundesgebiet – mit steigendem Trend. Geringe Erwerbseinkommen ziehen jedoch geringere Leistungen aus Arbeitslosenversicherung und Pensionsversicherung nach sich. „Zu beachten sei auch die Umverteilung von Ressourcen innerhalb eines Haushalts. Erfahrungen aus Frauen- und Mädchenberatungsstellen zeigen, dass es dort oft zu einer Ungleichverteilung zuungunsten von Frauen und Mädchen kommt”, resümiert Marion Breiter vom Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen.

Aushungern von Frauenprojekten

Aber Frauenbenachteiligung zeigt sich auch in anderen Aspekten Wiener- und auch der Bundespolitik: Während die Anzahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse steigt, werden die Möglichkeiten der Kinderbetreuung reduziert. Diese funktionieren zudem nach wie vor nach einem fordistischen Gesellschaftsmodell, also ausgehend von „Normalarbeitsverhältnissen“ mit fixen Arbeitszeiten und orientieren sich nicht an den geänderten Lebensumständen der Frauen. Zu all diesen diskriminierenden Zuständen kommen noch politisch geduldete bis politisch unterstützte Angriffe auf Abtreibungskliniken und Kürzung von Frauenprojekten beziehungsweise Vernachlässigung der Gewaltschutzeinrichtungen. Allein in Wien gibt es vier Bezirke, in denen die Opferschutzeinrichtungen keine Betreuung gewährleisten können. Hier versagt nicht nur der Bund, sondern auch die Stadt Wien. Die Liste der Diskriminierungen von Frauen ließe sich noch beliebig lange fortsetzen.

Alternativen zu neoliberaler Diskriminierungspolitik

Grundlage für einen wirksamen Kampf gegen die Armut ist daher die Schaffung von Mindestsicherungen bzw. eines Grundeinkommens, von dem frau/man leben kann. Maßnahmen wären weiters eine Arbeitsmarktpolitik, die Handlungskompetenzen stärkt und Arbeitsplätze mit adäquaten Löhnen und Perspektiven vor allem für Frauen schafft. Die Abschaffung der Studiengebühren sowie die adäquate Förderung von Frauen in Forschung und an den Universitäten sowie die Garantie auf ein offenes Bildungssystem mit gleichen Chancen für alle in Österreich lebenden Menschen wären ebenfalls notwendig. Der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, die sich an den Lebensumständen und Arbeitsbedingungen der Frauen orientieren, sowie die Erhaltung öffentlichen Eigentums im Bereich der Daseinsvorsorge und eine radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich runden die Forderungsliste ab. Eben eine grundlegend andere Form der Politik!

Katarina Ferro, Frauenvorsitzende der KPÖ