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Demokratiedefizite der EU am Beispiel der Vorratsdatenspeicherung

  • Wednesday, 12. October 2005 @ 22:49
Die von der EU-Kommission und dem Ministerrat geplante "Data Retention Directive" (Die für Provider verpflichtende Speicherung von Verbindungsdaten , d.h wer mit wem telefoniert hat, wer an wen E-Mails versendet hat, etc.., für bis zu 4 Jahre) zeigt wieder einmal die enormen Demokratiedefizite der EU: Die 3 wichtigsten EU-Institutionen haben jeweils verschiedene Positionen dazu: Das Europäische Parlament lehnte die Vorratsdatenspeicherung ab, wohl auch in dem wissen dass das Abstimmungsverhalten in solchen heiklen Fragen sehr stark von der Öffentlichkeit beobachtet wird und dass es sehr billig ist die Direktive abzulehnen, weil das Parlament in diesen Fragen ohnehin nichts mitzureden hat. Die Direktive wird jetzt in der Kommission und im Ministerrat behandelt, wobei die Kommission sich für eine extrem lange Speicherdauer von bis zu 4 Jahren einsetzt. Der Ministerrat will eine etwas kürzere Speicherdauer von etwa einem Jahr und macht sich um die Provider sorgen. Die sollen die Speicherung nicht bezahlen müssen sondern die Kosten vom Staat ersetzt bekommen. Bezahlen werden das aber in der einen oder andern Form ohnehin wir müssen. Ob über höhere Telefon und Internetkosten oder über die Steuern. Ministerrat und Kommission verhandeln jetzt über einen "Kompromiss" und die Meinung des Parlaments wird ignoriert. So sieht also Demokratie in der EU aus. Es war daher richtig und wichtig die geplante Verfassung abzulehnen, da diese den aktuellen Zustand kaum verbessert, dafür aber die undemokratischen Strukturen im wesentliche festgeschrieben hätte.

Fordern wir daher ein Europa mit einem stark aufgewerteten Parlament und vielen Elementen partizipativer Demokratie. Der Ministerrat sollte nur noch beratende Funktion und keine gesetzgebenden Kompetenzen mehr haben. Die Kommission müsste direkt vom Parlament gewählt werden und jederzeit von diesem abberufen werden können. Zumindest wäre die Struktur dann halbwegs durchschaubar und die Menschen wüssten: Partei X steht für mehr Überwachung und Partei Y für weniger und würde bei den Europawahlen dann darüber entscheiden können ob sie das wollen oder nicht. Das Dickicht aus 3 Institutionen (Kommision, Rat, Parlament) das sich jetzt die Gesetzgebung zur maximalen Undurchsichtigkeit aufteilt, muss jedenfalls gelichtet werden. Die Machteliten könnten sich dann nicht mehr hinter intransparenten Institutionen und austauschbare Ministermarionetten verstecken. (Österreich wird übrigens extrem "kompetent" von Frau Ministerin Prokop vertreten, die öffentlich zugibt dass sie selbst keine E-Mail oder SMS verschicken kann, aber über Datenspeicherung will sie urteilen können.)

(mond)

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