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Geplanter und staatlich beförderter Milliardenbetrug?

  • Thursday, 1. September 2005 @ 16:24
Soziales Von Beginn an ging es bei den seit Anfang 2003 per Gesetz eingerichteten privaten Pensionskassen nicht um die zukünftigen PensionsbezieherInnen. Es ging und geht hauptsächlich um Profite für Versicherungsgesellschaften und sonstige Anbieter privater Pensionskassen. Um die Liquidität der Wiener Börse zu erhöhen und um dem Finanzkapital möglichst hohe Erträge zu bescheren, hat sich die berühmt-berüchtigte unheilige Dreifaltigkeit aus Finanzkapital, Politik, Medien wieder einmal bestens bewährt.

Zuerst das Gesundheitssystem krankjammern

Es ist immer dasselbe Spiel: Erst werden mit ungeheurem medialen Aufwand systematisch öffentliche Leistungen krank geredet. Dann wird von den um das öffentliche Wohl ach so besorgten PolitikerInnen laut und medienwirksam über angebliche „Verbesserungen” nachgedacht, und relativ kurzfristig wird ein (schon längst vorbereitetes) Gesetz aus dem Hut gezaubert, das nur eines kennt: Kürzung der öffentlichen Leistung, Überwälzung sämtlicher Kosten auf die bisher Versorgten und völlige Auslieferung der bisher öffentlichen Leistungen an das Privatkapital. So auch geschehen bei der umlagefinanzierten staatlichen Pensionsversicherung. 1956 wurde eine Drittelfinanzierung der Pensionen (je ein Drittel zahlen DienstnehmerInnen, DienstgeberInnen und der Staat) beschlossen. Heute beträgt der Anteil aus dem Bundesbudget aber gerade noch 15 Prozent – das solidarische Pensionssystem wird dadurch systematisch und in voller Absicht in den Ruin getrieben.

Der arme Staat verschenkt Geld

Anfang 2003 wurden die Menschen per Gesetz mit den privaten Vorsorgekassen beglückt. Der ansonsten so arme Staat verschenkte plötzlich Geld, indem er sich mit einer staatlichen Prämie von 9,5 Prozent einstellte. Wirtschaftsfachleute spielten auf unzufrieden, weil sich durch die blitzartige Verabschiedung des Gesetzes eine Menge Ungereimtheiten eingeschlichen hätten. Kritikpunkte waren z. B. die Verpflichtung, dass 60% der Einzahlungsquoten in österreichischen Aktien anzulegen seien und dass 100% Kapital- und Zinsengarantien gesichert sein müssten. Diese (Schein-)Auflagen sollten der neuen Zukunftvorsorge selbst bei vorsichtigen Privatanlegern Attraktivität verschaffen.
Das alles wurde in Österreich zu einer Zeit eingefädelt, wo in den USA Millionen PensionistInnen durch die diversen Betrugsskandale um ihr Geld gebracht wurden. Selbiges passierte in Japan, Großbritannien und in den Niederlanden. Und mehr als 20.000 Zusatz-PensionistInnen in Österreich im Jahr 2003 auf Grund von Kursverlusten von Aktienfonds – es wurde einfach eine Reduzierung ihrer Auszahlungen um 10 Prozent durchgesetzt.

Das abgekartete Spiel zwischen Regierung und Kapital

o Bereits am 23. Jänner 2003 – das Gesetz war gerade über 20 Tage alt – wurde die Aktienquote per eilig eingebrachtem Initiativantrag auf 40 Prozent gesenkt.
o Das Gesetz schrieb eine Mindesverzinsung von 1,5 Prozent über fünf Jahre hinweg vor. Die schlechte Börsenentwicklung hätte dazu geführt, dass die Finanzinstitute im Jahr 2003 rund 400 Mill. € aus eigenen Mitteln hätten nachschießen müssen (Die Presse 20. 2. 2003). Bartenstein verlängerte den Zeitraum ab 2004 auf sieben Jahre. Die eingeleitete „Reform” brachte für die Banken und Versicherungen eine Entlastung von zumindest 300 Millionen Euro.
o Im November 2003 gab es bereits die nächste große Aufregung über die 40% Aktien-Verpflichtung, die zu hoch wäre und die Medien „errechneten”, dass die Kosten für die Kapitalgarantie und andere Vorschriften höher wären, als die staatliche Prämie. Dann weigerten sich angeblich die Makler, das Produkt zu verkaufen, weil mit den privaten Pensionen kein Geld zu verdienen wäre, obwohl die Versicherer ihrerseits die Provisionen von 2,5 auf 5% zu Lasten der Kunden hinaufgesetzt hatten.
o Im März 2004 wird die Abschaffung der Mindesverzinsung verlangt, und für das Selbstverständliche, nämlich die Sicherung des eingezahlten Kapitals, sollen die Kunden mehr bezahlen oder eben auch das Risiko großer Verluste übernehmen.

Dazu kommt das immer frechere Ansinnen der Bundesregierung, die staatlichen Pensionen erheblich zu kürzen. Und natürlich finden sich wie immer die geeigneten „Experten” (z. B. Bernd Marin), die die entstehenden Lücken durch private Vorsorgeprodukte ausgefüllt sehen wollen.
Sämtliche Finanzierungskosten sollen auf die Kunden übergewälzt werden – so hat beispielsweise Mitte Mai 2005 die Statistik Austria eine neue Sterbetafel veröffentlicht, und die besagt, dass die ÖsterreicherInnen immer länger leben. Schon wussten die „Experten” zu berichten, dass der, der länger lebt, mit einer teureren Privatpension rechnen muss, und zwar bis zu 15 Prozent. Dazu kommt noch, dass der Staat seine Prämie jederzeit senken kann, derzeit beträgt sie nur mehr 9 Prozent.
Gleichzeitig soll jede Garantie für das eingezahlte Kapital abgeschafft werden. Das ist es, worauf die Banken, Versicherungen und Fonds von Anfang an hinauswollten: Die Kunden sollen einzahlen, ob sie in 20 oder 30 Jahren einmal auch was ausgezahlt bekommen, ist ihr Risiko.

Pensionsvorsorge als Lotteriespiel

Eigentlich ist es faszinierend, wie man mit einer derart schlechten Performance und mit einer derart frechen Plünderungsstrategie trotzdem Erfolg haben kann. Es gehört was dazu, um so eine Strategie derart kaltschnäuzig durchzuziehen. Und nachdem die ersten Schritte so einfach waren, soll nun das langfristige Ziel der völligen Privatisierung der Pensionsvorsorge in Angriff genommen werden. Dazu muss ein immer größerer Anteil auch der kleinen Einkommen in die privaten Fonds umgeleitet werden. Das erfordert noch eine Menge „Überzeugungsarbeit” und staatlichen Druck auf die Pensionen.
Das Ergebnis ist – so wie überall, wo der Rentenmarkt privatisiert wurde – voraussehbar: Millionen von ArbeitnehmerInnen stehen zum prognostizierten Pensionsbeginn mit leeren Händen da. Die Pensionsvorsorge als Lotteriespiel, in das man trotz minimalster „Gewinnchancen” einzahlt bzw. einzahlen muss.
Die Gegenstrategie der überwiegenden Mehrheit der Menschen in unserem Land sollte sein, auf der umlageorientierten Pensionsvorsorge zu beharren. Die Drittelparität der Einzahlenden muss wieder hergestellt werden. Vollerwerbsarbeitsplätze mit entsprechenden Einkommen sind einzufordern. Und einmal mehr sind die Gewerkschaften aufgefordert, gegen den Raubzug des Kapitals endlich etwas zu tun.

Josef Iraschko