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Gedanken zum Überwachungsstaat

  • Wednesday, 17. August 2005 @ 13:47
Die Kamera, das Auge des "Großen Bruders", ist das Symbol für den Überwachungsstaat. So wie im Mittelalter, und wie die Besucherzahlen des "katholischen Weltjugendtreffens" zeigen nicht nur damals, den Menschen das Bild, des omnipresenten Auge Gottes das über jeden ihrer Schritte und sogar Gedanken wacht, vermittelt wurde, so sind es heute die, nun leider real existierenden, Überwachungstechniken die dem Menschen das Gefühl geben sich "korrekt" verhalten zu müssen. Die SP baut in Wien die Überwachung mittels Kameras massiv aus. Die Wiener Linien, der Schweden- und der Karlsplatz werden wohl nur den Anfang machen. Das was an "unstatthaften" verhalten dort beobachtet werden könnte wird sich sehr rasch auf andere Gebiete verlagern und dort als "Rechtfertigung" für den Ausbau der Überwachung dienen. Josef Cap hat schon angekündigt, dass er sich eine weitgehend flächendeckende Überwachung vorstellen kann.

Dabei ist Video Überwachung nur der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein. Wer ein Handy besitzt meldet, solange dieses eingeschaltet ist, laufend ziemlich genau seinen Standort an den Handynetzbetreiber und die Behörden bedienen sich ziemlich gerne an diesen Daten. Wer außer den Behörden sonst noch so aller Zugang zu diesen Bewegungsprofilen hat ist ziemlich unklar. Mobiltelefonfirmen werden ge- und verkauft und große Konzerne haben fast überall Beteiligungen...

Was passiert wenn alle Bewegungsprofile von allen Menschen mit allen anderen Korreliert werden? Damit lässt sich leicht herausfinden wer wie oft auf den Donnerstagsdemos war und wer sich mit wem vermutlich öfters trifft, selbst wenn diese Personen noch nie miteinander telefoniert haben. Wer jemanden anruft hat in diesem Spiel ohnehin verloren: die Verbindunsdaten werden natürlich ebenfalls aufgezeichnet und gespeichert. Eine Initiative der EU-Kommission zufolge soll dies EU-weit verpflichtend einige Jahre lang gespeichert werden. Verbindungsdaten, Bewegungsprofile und das ganze in den Händen von multinationalen Konzernen die diese Informationen dann noch mit anderen Informationen (Einkaufsprofile in ihre On- und Offline Shops, etc..) korrelieren können.

Neben Telefon werden auch Internetverbindungsdaten gespeichert. Dabei wollen die Behörden nicht lange fragen müssen ob sie Zugang zu diesen Daten bekommen können sondern gleich eine Direkte Leitung haben. In den USA wurde erst kürzlich der "Communications Assistance to Law Enforcement Act" (CALEA) ausgeweitet. Nun müssen auch für die Überwachung von VoIP und Breitbanddiensten Andockstellen für Staatliche Überwachung und Geheimdienste geschaffen werden. Ähnliches wird uns in Europa vermutlich nicht lange erspart bleiben, wobei durch die globale Vernetzung die Überwachung in den USA natürlich Europa ohnehin mitbetrifft. Big Brother is watching you.

Mit jeder neuen Technologie werden es mehr elektronischen Spuren die wir hinterlassen und die überwachbar sind. Die gesteigerte Rechenleistung modernen Computer macht dabei auch ältere System (z.B. Kameraüberwachung) noch gefährlicher. Das automatische ablesen von Nummerntafeln ist inzwischen weit verwendete Praxis und automatische Gesichtserkennung wir immer besser. Die Korrelationsmöglichkeiten der Daten, durch jene die Zugriff auf große Mengen dieser Daten haben (Große Konzerne und Nachrichtendienste), potenziert dies Möglichkeiten noch.

Die Reichen werden reicher und die Armen ärmer. Konflikte werden sich daher verschärfen. Die Mächtigen bereiten sich mit diesen Überwachungsmassnahmen auf einen Krieg vor. Einen Krieg gegen uns.

Überwachung ist ein Problem ungleicher Machtverhältnisse. Wenn alle Informationen über alle allen zugänglich wären wäre das Ganze nicht so tragisch. Privatsphäre ist nicht unbedingt ein Wert an sich aber wenn die jenigen die ohnehin schon viel Macht haben Wissen über uns sammeln können bekommen diese Konzerne und Institutionen noch mehr Macht. Umgekehrt kann man/frau sich seine Privatsphäre mit genügend Geld doch einigermaßen wieder erkaufen. In den "gated communities", hinter den Mauern den hohen Mauern ihrer Villen und der Anonymität der Steueroasen auf den cayman islands sind sie geschützt vor den Augen der Öffentlichkeit.

Eine Forderung nach Datenschutz sollte daher auch mit einer Forderung nach Datenöffentlichkeit einhergehen: Wenn sich etwas schon nicht geheim halten lässt dann sollten die Informationen allen zugänglich sein. Wenn wir, durch die elektronischen Spuren die wir hinterlassen, schon von den Konzernen überwacht werden können, dann müssen wir aber auch massiven Einblick in deren Gebarungen erhalten.

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