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Neuauflage der Debatte zur Änderung des Wohnrechts

  • Sunday, 10. July 2005 @ 15:05
Aktuell gibt es in verschiedenen Medien wieder Meldungen über die Absicht der Bundesregierung zur Änderung des Wohnrechts (MRG / WGG / WEG). Dazu ist zu sagen, dass vom Justizministerium bereits Anfang Jänner der Entwurf an die Interessensvertretungen ausgesandt wurde mit der Aufforderung zur Stellungnahme bis 4. März 2005.
Ich habe schon damals mit der ARGE-Wohnrecht (eine Plattform von MieterInnenschutz-Organisationen, Caritas, ÖH, Gebietsbetreuungen etc.) eine Stellungnahme an das Justizministerium verfaßt. Ebenso hat die Österreichische HochschülerInnenschaft-Bundesvertretung eine Stellungnahme an das Ministerium gesandt, die sich in großen Zügen mit der Stellungnahme der ARGE Wohnrecht deckt. Trotzdem stelle ich beide ausführliche Schreiben zur Information zur Verfügung.
Eine Schlussbemerkung noch.

Wer sich mit der Materie befasst konnte verfolgen, dass von der Immobilienbranche gerade die winzig kleinen Verbesserungen zu Gunsten der MieterInnen heftigst bekämpft wurden. Zuletzt zB in einem Artikel in der Zeitung Die Presse vom 18.Juni 2005). Es ist daher nicht verwunderlich, dass das Gesetz, das ursprünglich bereits Anfang Juli in Kraft treten sollte, jetzt für Anfang nächsten Jahres geplant ist. Wir können davon ausgehen, dass die in den nachstehenden Stellungnahmen angeführten Verbesserungen für die MieterInnen sicherlich verwässert, wenn nicht überhaupt gestrichen werden.
Die Verschiebung der Gesetzwerdung weist auf nichts Gutes - ist nur darauf zurückzuführen, dass die Immobilienbranche sich selbst gegen diese kleinsten Verbesserungen wehrt. Es muss daher wieder mit einer Nacht- und Nebelaktion dieser Regierung gerechnet werden. Es ist nicht nur mit der Streichung der Verbesserungen, sondern mit wesentlichen Verschlechterungen zu rechnen. Und das so kurzfristig, dass keine Reaktion der Interessensvertretungen auf Seiten der MieterInnen mehr möglich sein werden.
Der Schein- und Schaukampf den sich gegenwärtig SPÖ/AK und ÖVP/BZÖ/FPÖ über die Explosion der Wohnkosten liefern scheint mir nur auf dem Hintergrund der kommen Wohnrechtsnovelle erklärbar, die im übrigen auch Veränderungen im Wohnungseigentumsgesetz und im Wohnungsngemeinnützigkeitsgesetz bringen wird.

Josef Iraschko, Wohnrechtsexperte
MSZ-MieterSelbsthilfeZentrum der KPÖ-Wien
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Stellungnahme der ÖH-BV zur Wohnrechtsnovelle 2005

Die Österreichische HochschülerInnenschaft wurde mit Republik Österreich vom 14. Jänner 2005 ersucht, zu dem Entwurf einer Wohnrechtsnovelle 2005 Stellung zu nehmen.
1. Generelle Stellungnahme

Die ÖH-BV wird weder zu den Ausführungen zum Wohnungseigentumsgesetz (WEG) noch zum Landpachtgesetz (LPG) Stellung nehmen, da beide Gesetze mit der studentischen Wirklichkeit wenig zu tun haben. In Ansehung unserer Verantwortung gegenüber der gesmaten StudentInnenschaft, die in hauptsächlicher Linie auf dem Wohnungsmarkt als Wohnungssuchende und MieterInnen auftreten, mwerden wir uns im Nachfolgenden ausschließlich mit den vorgeschlagenen Änderungen zum Mietrechtsgesetz (MRG) beschäftigen):
Generell lässt sich aus dem vorliegenden Entwurf zusammenfassend sagen, dass von MieterInnen-Seite her gesehen zwar durchaus einige Verbesserungen festzustellen sind, jedoch die Nachteile im Verhältnis zum bestehenden Rechtsbestand deutlich überwiegen. Aus den letztjährigen Erfahrungen gerade mit Gesetzesentwürfen aus dem wohnrechtlichen Bereich hoffen wir aber, dass die wenigen positiven Neuerungen im Entwurf auch tatsächlich in die entgültige Gesetzeswerdung eingehen werden. 2. Die für unsere Klientel als positiv zu bezeichnenden neuen Regelungen:

So ist die erstmalige Einführung des Tatbestandes: „erhebliche Gefahren“ und „erhebliche Gesundheitsgefährdung“ und deren Beseitigung im Rahmen der Erhaltungspflicht des Vermieters sicherlich zu begrüßen, obwohl erst die Rechtspraxis zeigen wird, wie intepretier- fähig diese Begriffe sein werden (was ist zB mit Schimmel?) und ob so eine Wohnung dann als unbrauchbar für die Kategoriewertung anzusehen sein wird.
Ebenso ist positiv anzumerken, dass jetzt per Gesetz klar gestellt wird, dass eine Ersatzpflicht für die Erneuerung einer Heiztherme (warum aber nur Heiztherme und nicht sämtliche entsprechende Installationen?) besteht. Auch begrüßen wir die Erleichterung bei den bisherigen äußerst restriktiven und nur die VermieterInnen-Seite bevorzugenden Bestimmungen zur Frage des Investitionsersatzes. 3. Weitere Verschlechterungen für die MieterInnen-Seite

Diesen wenigen, sicherlich nicht zu verachtenden erweiterten Schutzrechten für die MieterInnen stehen jedoch neuerlich gravierende Begünstigungen der VermieterInnen-Seite entgegen, in den Erläuterungen bezeichnender Weise als Beseitigung von „Vermieterfallen“ bezeichnet. Der Gesetzgeber geht also offensichtlich davon aus, dass der ohnehin auf dem Wohnungsmarkt überlegen Stärkere noch weiteren besonderen Schutzes bedarf.

a) So ist die neu eingeführte Rügepflicht des/der Mieters/in auch für als Kategorie B und A bezeichnete Wohnungen für die VermieterInnen-Seite als durchaus positiv zu werten, obwohl gerade in der Frage der Kategorieeinstufung in vielen Fällen von den VermieterInnen sehr bewusst falsche Angaben zur Erzielung höherer Mieten gemacht werden. Dafür soll diese Seite jetzt auch noch belohnt werden, indem man sie auf einen „Mangel“, den sie in den meisten Fällen ohnehin wusste, noch besonders aufmerksam macht und das auch noch präkludiert. Wie eine Sanierungsmöglichkeit in der Praxis aussehen wird, wenn beispielsweise eine ordnungsgemäße für alle Wohnräume erforderliche Heizung nur teilweise vorhanden ist, oder bei der Unbrauchbarkeit elektrischer Leitungen, das wird die Praxis zeigen, vor allem welchen Unbill der/die dann schon in der Wohnung wohnende Mieter/in bei der Sanierung auf sich nehmen muss, ohne dafür entschädigt zu werden. Und dies alles nur, um dem/der Vermieter/in die Möglichkeit zu geben aus der selbst gestellten Falle ungeschoren davon zu kommen.

b) Eine weitere nicht einsehbare „Verbesserung“ für die VermieterInnen ist die Tatsache, dass mit der Neuerung des §29 Abs.3 lit. b eine weitere „Vermieterfalle“ beseitigt wird, nämlich wenn ein befristeten Vertrag nicht rechtzeitig aufkündigt wird, dieser nicht mehr in ein unbefristetes
Mietverhältnis übergeht, sondern nur mehr eine dreijährige Erneuerung
möglich ist und erst dann – bei weiterer Säumigkeit – ein unbefristetes
Mietverhältnis entsteht. 4. Schlussbemerkungen

In dem vorliegenden Entwurf werden zwar einige Probleme angegangen, doch ist weiterhin die bisherige Tendenz erkennbar, die VermieterInnen-Seite zu begünstigen, auch wenn offenbar die Zeit für die „großen Vorhaben“ dieser Interessensgruppe (zB in Fragen des Eintrittrechtes, oder überhaupt Abschaffung des Mietrechts) diesmal noch nicht gekommen zu sein scheint. Eine echte und zu Gunsten der am Wohnungsmarkt Schwächeren unabdingbar zu entwickelnde Reform des MRG müsste insbesonders jene Punkte angehen:
a) Die Stichtagsregelungen es ist ein absoluter Anachronismus, dass noch immer Wohnungen, die nach 1953 errichtet wurden (bei Eigentumswohnungen sogar nach 1945), als Neubau bezeichnet werden, und damit in die Teilausnahme bei der Mietzinsgestaltung fallen, was oft zu völlig unangebrachten Mietzinshöhen führt, von der Möglichkeit der Überwälzung von Erhaltungsarbeiten etc. gar nicht zu reden. Dazu zählt auch der heute noch gültige § 53 (Rückzahlungsbegünstigung) MRG. Wir schlagen als Ersatz dafür eine Regelung vor, die nur Wohnungen aus dem Schutz des MRG ausnimmt, deren Baubewilligung innerhalb von 20 Jahren liegt. Danach gilt die volle
Anwendung des MRG.
b) So positiv es mit diesem Entwurf ist, dass für Thermen jetzt auch ein Investitionsersatz nicht mehr abdingbar ist, so ist das prinzipielle Problem nicht geklärt, warum überhaupt die VermieterInnen Reparaturen und selbst Erneuerungen von Installationen und entsprechenden Geräten auf die MieterInnen überwälzen dürfen. Dies obwohl ganz offensichtlich der § 879,
Absatz 3 dem entgegensteht. Es wäre angebracht hier die Erhaltungspflicht genauer und erweitert zu definieren.
c) Nach wie vor wird durch die gesetzlich offenbar nicht gewollte Eingrenzung der Mietzinshöhen eine Entwicklung gefördert, die immer mehr MieterInnen in die vorhersehbare Armut auf Grund der Wohnungskosten führt. Dazu zählt im übrigen auch die nach wie vor unheilvolle Koppelung der Mieten an den Index.
d) Das Befristungsunwesen sollte endlich der Vergangenheit angehören. Es ist aus familien-, und sozialpolitischen, aber auch aus finanziellen und gesamtwirtschaftlichen Gründen prinzipiell abzulehnen. Es schadet besonders der Bauindustrie, weil damit in den oft desolaten Altbau bis zur tatsächlichen Abbruchfähigkeit keine Investitionen erfolgen. Warum auch?

Wir hoffen, Ihnen mit unserer Stellungnahme gedient zu haben und zeichnen
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Wittinger, Patrice Fuchs
Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft

An das Bundesministerium für Justiz

Stellungnahme der ARGE WohnRECHT
zu dem Entwurf einer Wohnrechtsnovelle 2005 (WRN 2005.)

Generell stellt die ARGE-WohnRECHT fest, dass es für MieterInnen-Seite zwar durchaus einige Verbesserungen gibt,jedoch die Nachteile deutlich überwiegen. Aus den letztjährigen Erfahrungen hoffen wir dennoch, dass die wenigen positiven Neuerungen im Entwurf auch tatsächlich in die Gesetzesänderungen eingehen werden.

So ist die erstmalige Einführung der Begriffe "erhebliche Gefahren" und "erhebliche Gesundheitsgefährdung" und deren Beseitigung im Rahmen der Erhaltungspflicht des Vermieters sicherlich zu begrüßen. Allerdings wird erst die Rechtspraxis zeigen, wie diese Begriffe interpretiert werden, so zB wie wird mit Schimmel umgegangen und ob zB eine feuchte/Schimmel befallene Wohnung dann auch als unbrauchbar zu werten sein wird.
Positiv anzumerken ist, dass jetzt per Gesetz klar gestellt wird, dass eine Ersatzpflicht für die Erneuerung einer Heiztherme (warum aber nur diese?) besteht. Auch begrüßen wir die Verbesserungen bei den formalen Bestimmungen zur Frage des Investitionsersatzes.

Diesen wenigen Verbesserungen für die MieterInnen-Seite stehen aber neuerliche Begünstigungen der VermieterInnen-Seite gegenüber, in den Erläuterungen nicht von ungefähr als Beseitigung von "Vermieterfallen" bezeichnet.

So ist die neue Rügepflicht des/der Mieters/in auch für als Kategorie B und A bezeichnete Wohnungen relativ unverständlich. Auch stellt sich die Frage, wie in der Praxis nachträgliche Sanierungen durchgeführt werden sollen, wo doch die Wohnung bereits bezogen ist. Wer trägt dann die Kosten neuerlicher Adaptierungen?

Eine weitere nicht einsehbare "Verbesserung" für die VermieterInnen ist die Neuerung des §29 Abs.3 lit. b. Auch hier soll bezeichnender Weise eine "Vermieterfalle" beseitigt werden. Wenn ein befristeten Vertrag nicht rechtzeitig aufkündigt wird, soll dieser zukünftig nicht mehr in ein unbefristetes Mietverhältnis übergehen, sondern nur mehr eine dreijährige Erneuerung möglich sein und erst "bei weiterer Säumigkeit" ein unbefristetes Mietverhältnis entstehen.

Abschließend

Die ARGE WohnRECHT stellt fest:
In dem vorliegenden Entwurf werden zwar einige Probleme angegangen, doch wird weiterhin die VermieterInnen-Seite äußerst zielstrebig begünstigt.

Wir halten fest, dass eine echte Reform des MRG zu Gunsten der Mieterinnen und Mieter insbesonders folgende Punkte beachten müsste:
Die Stichtagsregelungen:
Es ist nach wie vor völlig unverständlich, dass noch immer Wohnungen, die nach 1953 errichtet wurden (bei Eigentumswohnungen sogar nach 1945), als Neubau bezeichnet werden, und damit in die Teilausnahme bei der Mietzinsgestaltung fallen. Dazu zählt auch der heute noch immer gültige § 53MRG
(Rückzahlungsbegünstigung). Wir schlagen vor, dass nur noch Wohnungen aus dem Schutz des MRG auszunehmen sind, deren Baubewilligung innerhalb von 20 Jahren liegt. Danach gilt die volle Anwendung des MRG. Investitionsersatz:
So positiv die neue Regelung bei der Neuanschaffung einer Therme ist, so ist das prinzipielle Problem nicht geklärt, warum überhaupt die VermieterInnen Reparaturen und selbst Erneuerungen von Installationen und entsprechenden Geräten auf die MieterInnen überwälzen dürfen. Dies obwohl ganz offensichtlich der § 879 Abs.3 ABGB dem entgegensteht. Mietzinsbegrenzung
Die Eingrenzung der Mietzinshöhen muss endlich angegangen werden. Immer mehr MieterInnen werden durch wesentlich überhöhte Mietzinse, offenbar vom Gesetzesgebe gewollt, in die vorhersehbare Armut getrieben. Dazu zählt im übrigen auch die völlig willkürliche Koppelung der Mieten an den Index. Befristungen
Befristungen sollten endlich der Vergangenheit angehören. Sie sind aus familien- und sozialpolitischen, aber auch aus finanziellen und gesamtwirtschaftlichen Gründen prinzipiell abzulehnen. Das wohnrechtliche Außerstreitverfahrens
Durch die seit 1.1.2005 in Kraft getretene Neuregelung des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens wurde vor allem durch die Einführung der Kostenpflicht und der damit einhergehenden unbegründeten Erhöhung des Kostenrisikos vor allem für die MieterInnen deren Rechtszugang wesentlich erschwert. Selbst noch so positiv für die MieterInnen erscheinende Reformen im Mietrecht bleiben Augenauswischerei solange diese in der Rechtsdurchsetzung auf der Strecke bleiben. Durch diese gegen alle Bedenken und Proteste selbst maßgeblicher gesellschaftlicher und politischer Kräfte durchgezogene "Reform" wird die Kluft zwischen Recht haben und Recht bekommen enorm vergrößert und wurde bzw. wird der österreichischen Rechtskultur schwerer Schaden zugefügt. Es ist daher eine wesentliche Forderung der ARGE WohnRECHT an diese und auch kommende Mietrechtsreformen, dass dieses Gesetz so schnell wie möglich wieder Außerkraft tritt.
Für die ARGE WohnRECHT