Saturday, 22. March 2008 @ 13:36
Soziale Verantwortung als Frosch auf der Banane
Auch Chiquita Brands International – 1899 als United Fruit Company gegründet – sah sich gezwungen, zum Marketinginstrument CSR zu greifen. In PR-Kampagnen wurde versucht, davon zu überzeugen, dass sich die ArbeiterInnen auf den Plantagen Mittel- und Südamerikas gewerkschaftlich organisieren dürfen und dass der Einsatz giftiger Herbizide weitestgehend passé ist. Als Beweis für die vermeintlich neuen Standards tragen Chiquita-Bananen nun das Frosch-Label der US-Umweltorganisation Rainforest Alliance.
Wie öko-sozial ist Chiquita wirklich?
Berichte strafen die heile Welt, die von den PR-ManagerInnen gezeichnet wird, allerdings Lüge, denn weder die ökologischen noch die sozialen Standards werden erfüllt. So kommt der großflächige Bananenanbau nicht ohne Kleinflugzeugen aus, die Herbizide auf die Plantagen versprühen. Da- bei kann es schon mal passieren, dass umliegende Wohnhäuser, Spitäler, Schulen in Mitleidenschaft geraten. Ferner müssen die ArbeiterInnen die einzelnen Bananenbüschel mit Plastiksäcken überziehen, die mit dem – das Nervensystem angreifenden – Insektizid Chlorpyrifos getränkt sind. All das ist für die NGO Rainforest Alliance jedoch kein Grund, Chiquita das Gütesiegel zu verwehren: Die Organisation erlaubt nämlich Pestizide, vorausgesetzt, Menge und Grad der Giftigkeit wird kontinuierlich reduziert. Gut, dass das Pestizid Dibromchlorpropan, das ArbeiterInnen reihenweise unfruchtbar machte, nicht mehr verwendet wird.
Um die sozialen Standards ist es nicht besser bestellt. Im Schnitt haben ArbeiterInnen 12 bis 13 Stunden am Tag zu arbeiten, mindestens 6 Tage die Woche. In allen Stadien der Produktion werden sie nach Leistung bezahlt. Ein Leben ohne Fixlohn bei immer dreister werdenden Mengenvorgaben ist somit für die Feld- und ErntearbeiterInnen, die SortiererInnen und VerpackerInnen bitterer Alltag. Nicht wenige hatten seit Jahren keinen arbeitsfreien Tag. Gewerkschaftliche Organisierung ist nicht verboten, Mitglieder werden jedoch häufig entlassen. In einer Region mit Bananenmonokultur als einzigem Wirtschaftszweig hat diese Praxis disziplinierenden Charakter.
Ein Goodie mit blutiger Vergangenheit
Um zu verstehen, warum Vorsicht geboten ist, wenn ein Konzern wie Chiquita sich plötzlich als Goodie präsentieren will, ist ein Blick in seine Geschichte hilfreich. Rühmlich ist diese nämlich nicht. Das wissen viele Menschen in Lateinamerika nur zu gut. In Costa Rica ließ Chiquita Anfang der 1990er-Jahre 3000 Hektar Regenwald abholzen, um Platz für Plantagen zu schaffen, da man sich von der Öffnung Osteuropas neue Absatzmärkte erhoffte. Die Rechnung ging nicht auf. Seitdem wälzt Chiquita das mit der Überproduktion verbundene Risiko auf „unabhängige ProduzentInnen“ ab; Kleinbauern, die ihre Bananen zu festgesetzten Preisen abgeben müssen. In Kolumbien wiederum bestehen seit Jahrzehnten enge Verflechtungen zwischen Vertretern des Konzerns und rechtsextremen Paramilitärs. Nur in den Jahren zwischen 1997 und 2004 sollen rund 1,7 Mio. Dollar an die als terroristisch eingestuften Paramilitärs geflossen sein. Nach den neuen US-Anti-Terrorgesetzen wären diese Zahlungen freilich als terroristische Verbrechen zu werten und zu ahnden. Immerhin soll Chiquita für den Tod von dreimal so vielen Menschen in Kolumbien mitverantwortlich sein, als beim abscheulichen Terroranschlag auf das World Trade Center ums Leben kamen.
Hilde Grammel, Aktivistin der KPÖ in Wien Landstraße
* Corporate Social Responsibility steht für verantwortliches unternehmerisches Handeln.